„Verseuchte Kammermusik“ – die Band Metamorphosis sprengt die Genres

Jan Kavan aus der Formation Metamorphosis (Foto: Kryštof Havlice)

Der Name ist Programm. Die tschechisch-österreichisch-türkische Formation „Metamorphosis“ wildert in den verschiedensten Genres: Von der Klassik über orientalische Klänge bis zum harten Punk-Rock reicht das Spektrum. Diese Woche trat das Quartett im Prager „Palác Akropolis“ auf.

Metamorphosis
Vier Musiker, drei Nationalitäten. Der gebürtige Istanbuler Martin Alacam an der klassischen Gitarre, der Österreicher Richard Deutsch an der E-Gitarre, sein Landsmann Christoph Pajer an der Violine und der Tscheche Jan Kavan am Cello. Es ist eine bunte Truppe, die da in dieser Woche im Prager „Palác Akropolis“ aufgetreten ist. Seit der Gründung der Band hat die Besetzung zwar mehrmals gewechselt, die Bezeichnung „deutsch-tschechisch-türkische“ Gruppe hatte aber von Anfang an Bestand, erzählt Violinist Christoph Pajer:

Martin Alacam  (Foto: Kryštof Havlice)
„Als Duo haben wir mit dem Gitarristen Martin Alacam, der halb Türke und halb Tscheche ist, in Österreich zu spielen begonnen. 1992 haben wir zu zweit die ersten Konzerte gegeben, 1996 haben wir uns zum Quartett erweitert. Da sind die Elektrogitarre und das Violoncello dazugekommen. Mittlerweile haben wir schon den dritten Cellisten. Die erste Cellistin war eine Türkin, die in Wien studiert hat und nach dem Ende ihres Studiums zurück in die Türkei gegangen ist. Dann hatten wir einen österreichischen Cellisten und jetzt haben wir einen Cellisten aus Tschechien.“

Christoph Pajer  (Foto: Kryštof Havlice)
Gegründet wurde die Band also in Wien, doch wo ist diese multinationale Truppe eigentlich zu Hause? Dazu sagt Christoph Pajer:

„Irgendwo zwischen St. Petersburg und Brünn. Wir sind eine ziemlich heimatlose Band.“

Und so unterschiedlich wie die Wohn- beziehungsweise Heimatorte der Band-Mitglieder sind auch deren Muttersprachen. Verständigungsprobleme habe man aber keine, versichert Violinist Pajer. In welcher Sprache wird also auf der Bühne gesprochen?

Richard Deutsch  (Foto: Kryštof Havlice)
„Das kommt ganz drauf an, wer mit wem spricht. Es wird deutsch gesprochen in der Band, ganz wenig türkisch, weil das nur einer versteht. Und hin und wieder auch tschechisch, weil dieser Sprache drei in der Band mächtig sind.“

Mindestens so unterschiedlich wie die auf der Bühne gesprochenen Sprachen sind auch die musikalischen Genres, aus denen die Gruppe „Metamorphosis“ ihre Inspirationen schöpft. Deutlich zu hören sind in vielen Stücken Anklänge an die Musik von Strawinski, Schostakowitsch oder Bartók. Aber zwischendurch und oft ganz plötzlich schlagen die sanfteren Klänge in laute Beats um, die ganz offensichtlich aus dem Punkrock entlehnt sind. Lässt sich die Musik von Metamorphosis überhaupt irgendeinem Genre zuordnen?

Metamorphosis  (Foto: Kryštof Havlice)
„Eigentlich nicht. Deswegen wurde uns wahrscheinlich auch von Veranstaltern in Italien seinerzeit das Genre ‚Kontaminierte Kammermusik’ auf den Kopf gesetzt. Das klingt im Italienischen noch viel dramatischer: ‚Musica da camera contaminata’. Im Prinzip sind wir, was die Musik betrifft, Jäger und Sammler. Jeder hat seine verschiedenen Einflüsse und bringt die in die Band natürlich auch ein. Es ist, glaube ich, im mittlerweile 21. Jahrhundert auch schwer, etwas ohne Einflüsse zu machen.“

Und wie sieht es mit Tschechien aus? Haben sich die eineinhalb tschechischen Bandmitglieder auch Einflüsse aus der tschechischen Musik in die Gruppe mitgebracht? Dazu sagt Metamorphosis-Mitbegründer Christoph Pajer im Gespräch mit Radio Prag:

Metamorphosis  (Foto: I. Kondratovich)
„Selbstverständlich. Tschechische Einflüsse gibt es. Wir wurden hauptsächlich von der sogenannten Brünner Szene beeinflusst, also zum Beispiel Iva Bittová oder Pavel Fajt. Damals, als wir begonnen haben zu spielen, haben wir die auch live erlebt. Zum Beispiel in Wien, im Nachtasyl. Das ist ein Club, der einem ehemaligen tschechischen Dissidenten gehört. Der hat Anfang der 1990er-Jahre viele interessante tschechische Gruppen nach Wien gebracht. Wir haben das miterlebt und das hat uns nicht nur musikalisch beeinflusst, sondern auch dazu geführt, dass wir unsere erste CD in Prag bei dem Label einer dieser Bands herausbringen konnten.“


Den nächsten Auftritt absolviert Metamorphosis am 21. November im Wiener Rhiz. Nähere Informationen zur Band und Hörproben finden Sie hier: www.metamorphosis.at

Fotos: www.metamorphosis.at