Tschechiens Obdachlose starten Qualifikation für HWC-Endrunde in Rio

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika ist derzeit in vollem Gange, die nächste WM findet in vier Jahren in Brasilien statt. Im September dieses Jahres aber geben sich in Rio de Janeiro bereits die weltbesten Fußballer unter den Obdachlosen ein Stelldichein. Dann findet dort die Endrunde des Homeless World Cups (HWC) statt. Zu den Teilnehmern wird auch eine tschechische Auswahl gehören, deren Kader jetzt ermittelt wird.

Foto: Stefano Pasini/Foto Up Agency,  www.homelessworldcup.org
An diesem Freitag werden Fußball spielende Obdachlose und andere sozial ins Hintertreffen geratene Männer in Prag das tschechische Qualifikationsturnier für die Endrunde in Rio bestreiten. Am Turnier nehmen neun Mannschaften teil, so dass insgesamt 80 bis 90 Spieler dem Lederball auf einem Kleinfeld nachjagen werden. Die besten von ihnen wird Trainer Marcel Ambroz in sein Auswahlteam für Rio berufen.

Der Homeless World Cup wird seit 2003 veranstaltet. Seit 2006 wird die Qualifikation in Tschechien von der Bürgervereinigung Sananim organisiert, die sich hierzulande zum bedeutendsten Therapiezentrum für Drogenabhängige etabliert hat. Es sei immer wieder schwierig, die finanziellen Mittel für das Obdachlosenturnier aufzutreiben, sagt ihr Direktor Jiří Richter. Im Böhmisch-Mährischen Fußballverband hat Sananim inzwischen jedoch einen festen Partner gefunden. Funktionär Otakar Mestek erklärt, warum und wie der Verband dem Projekt unter die Arme greift:

„Wir halten das für ein wichtiges Engagement. Es wird einer Gruppe von Menschen zuteil, die Hilfe dringend benötigt. Der Fußball kann als Phänomen den Menschen helfen, in ein normales Leben zurückzufinden. Das ist die soziale Aufgabe des Fußballs. Wir helfen dabei sowohl finanziell als auch mit materieller Ausrüstung, und das seit vier Jahren.“

Zur materiellen Ausrüstung, die der Verband zum Turnier beisteuert, gehören Bälle und Fußballtrikots, in finanzieller Hinsicht werden die Schiedsrichter bezahlt und ein Teil der Flugkosten nach Brasilien gedeckt. Der finanzielle Gesamtbetrag des Verbandes beläuft sich auf 30.000 Kronen (ca. 1150 Euro), was die Kosten des Qualifikationsturniers aber in keiner Weise deckt.

Zu den Teilnehmern wird auch eine tschechische Auswahl gehören  (Foto: http://nv.fotbal.cz)
„Wir haben ausgerechnet, dass die Kosten rund 150.000 Kronen betragen werden. Nichtsdestotrotz haben wir es jedes Jahr geschafft, dass die Ausrichtung des Qualifikationsturniers nicht mehr als 80.000 bis 100.000 Kronen kostet“,

sagt Sozialarbeiter Josef Šedivý von der Bürgervereinigung Sananim. Um dieses Turnier also immer wieder ausrichten zu können, gehen die Mitarbeiter von Sananim bei potenziellen Sponsoren immer wieder Klinken putzen. Ihr großer Einsatz aber scheint sich auszuzahlen. Ein halbes Jahr nach der WM-Endrunde 2007 war eine Umfrage gemacht worden. 93 Prozent der Teilnehmer aus allen Ländern sagten, dass sie dank des Fußballs eine neue Motivation im Leben gefunden hätten. 29 Prozent erlangten eine regelmäßige Arbeit, 32 Prozent begannen zu studieren und 71 Prozent spielten fortan weiter Fußball. Woran man wieder sieht: Fußball bewegt sehr vieles, der Ball muss nur ins Rollen kommen.

Autor: Lothar Martin
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