Künstler setzen Richter und Staatsanwälte auf die Anklagebank und begehen Verfahrensfehler
Wie sollen sich die Tschechen mit der kommunistischen Vergangenheit ihres Landes auseinandersetzen? Eine Frage, die immer wieder die Gemüter erhitzt. Den jüngsten Beitrag zu dieser Diskussion lieferte nun die Künstlergruppe „Pode Bal“ mit der Ausstellung „Malík Urvi II“ in der Prager Galerie DOX.
Die drei Mitglieder der 1998 gegründeten Künstlergruppe „Pode Bal“ gelten als Pioniere der politischen Kunst in Tschechien. Ihre Ausstellung „Malík Urvi II“ zeigt großformatige Porträts von Richtern und Staatsanwälten, die vor 1989 an politischen Prozessen gegen Regimegegner beteiligt waren und bis heute an den Gerichten des Landes tätig sind. „Malík Urvi II“ sei daher keine Ausstellung über die Vergangenheit, sagt Petr Motyčka, Mitglied von „Pode Bal“. Die Kritik, „Pode Bal“ stelle mehr oder weniger willkürlich ausgewählte Einzelpersonen an den Pranger, weist Motyčka zurück:
„Es geht eher um das System. Solche Leute findet man eigentlich immer, es geht also weniger um die konkreten Personen, sondern um das System, das sie hervorbringt.“Weit mehr als die Auswahl der insgesamt 31 Juristen und ihrer Urteile aus der Zeit vor 1989 wurden allerdings Recherchefehler der Künstler kritisiert. So sind zwei der porträtierten Juristen lediglich die Namensvetter derjenigen Schreibtischtäter, die „Pode Bal“ im Visier hatte. Zerknirscht gestanden die Mitglieder von „Pode Bal“ ihre Fehler ein. Die heutige Justiz mache es jenen aber auch nicht gerade leicht, die Nachforschungen über ihre Vergangenheit anstellten, so Künstler Motyčka:
„Das waren Fehler, die schwer zu vermeiden waren. Das zeigt, wie schwierig die Informationen zu bekommen sind. Besonders die Staatsanwaltschaft ist eine unzugängliche Institution.“Aber auch der Oberste Gerichtshof in Brno / Brünn legte Protest wegen Rufschädigung ein. Einer der vorgestellten Richter soll nämlich entgegen der Angaben der Künstler nie am höchsten tschechischen Gericht gearbeitet haben. „Pode Bal“ kam der Forderung des Obersten Gerichtshofs nach und entfernte das entsprechende Exponat. Trotzdem haben die Künstler mit ihrer Ausstellung eine Debatte ausgelöst. Der Sprecher des Obersten Gerichts, Petr Knötig, musste im Tschechischen Fernsehen zugeben, dass die kommunistische Vergangenheit der Richter nicht überprüft worden sei:
„Der Oberste Gerichtshof hat keine eigenen Überprüfungen durchgeführt. Trotzdem wissen wir, dass eine Reihe Richter in der Zeit, in der es zu politischen Prozessen kam, entweder zu jung war oder für eine Agenda zuständig war, die ihre Mitwirkung an politischen Prozessen ausschloss.“Eine schwache Rechtfertigung für damalige Justizverbrechen sei das, hieß es seitens der Künstler. So habe einer der heutigen Obersten Richter vor 1989 einen neunfachen Vater für seinen katholischen Glauben in eine psychiatrische Anstalt einweisen lassen. Auch wenn dies nicht in einem explizit politischen Prozess geschehen sei, sei es ein Beispiel dafür, wie das Regime mit Hilfe der Justiz seine Gegner aus dem Weg räumen ließ. Dass einige dieser Richter und Staatsanwälte noch im Amt sind, sei skandalös, so Petr Motyčka.