Die Roma - die Glühbirne - ein deutschenfeindlicher Sportkommentar
Wir machen einen Bogen um den Steinwurf auf Ex-Premier Topolánek ebenso wie um den Wahlkampf. Im Medienspiegel geht es heute um Roma und ihre Schulden, um den Abgesang auf die Glühbirne und um die deutschenfeindlichen Äußerungen eines tschechischen Sportkommentators.
Moderator: Christian, kommen wir gleich zur Roma-Problematik. Die Bürgermeisterin von Chomutov, Ivana Řápková, war wieder in den Schlagzeilen. Ein Gericht hatte der Stadt ja verboten, ihren Schuldnern die Sozialhilfe gleich nach Auszahlung auf der Behörde wieder abzunehmen. Jetzt hat sich Řápková etwas Neues ausgedacht.
C.R: Ja, sie hat jetzt die Eintreibungstaktik geändert. Sie schickt muskulöse Schuldeneintreiber unter Polizeischutz in die Wohnungen der Schuldner. Die pfänden dann Computer oder Fernseher, oder sie fangen die Schuldner – zumeist Roma - auf der Straße ab, wenn sie gerade ihren Fuß in die nächste Spielhölle setzten wollen. Kommentator Jiří Leschtina schreibt dazu in der „Hospodářské Noviny“:
„Auch diese Sheriff-Art der Frau Bürgermeisterin ist eher das Stemmen von Papier-Gewichten als die Lösung der Probleme der Roma-Bürger in der nordböhmischen Stadt. (...) Der Großteil der Schulden ist durch nicht gezahlte Mieten und Mietnebenkosten entstanden. Diese Schulden hat die Bürgermeisterin so sehr anwachsen lassen, dass sie jetzt praktisch kaum mehr einzutreiben sind. Wenn sie rechtzeitig die zuständigen Ämter um Eintreibung der Schulden ersucht hätte, dann würde sie schon jetzt einen Teil der geschuldeten Millionen in ihrer Kasse haben,“ schreibt Jiří Leschtina.
Aber – so meint der Kommentator er am Ende – Bürgermeisterin Řápková sei auf alle Fälle zu etwas nütze:
„Sie erinnert den Staat daran, dass er auf fatale Weise versagt bei der Lösung der Probleme in den Roma-Ghettos.“
Moderator: Bleiben wir noch kurz beim Thema Roma. Hinduisten und Juden aus dem amerikanischen Nevada haben den Papst aufgerufen, bei seinem bevorstehenden Besuch in der Tschechischen Republik auch über die schwierige Situation der Roma in Tschechien zu sprechen. Diesen Aufruf hat die israelische Zeitung „The Jeruzalem Post“ abgedruckt.
C.R.: Richtig. Dort heißt es, die Roma lebten praktisch in Apartheid, würden auf verschiedene Weise verfolgt und sogar zur Sterilisation gezwungen. Darauf reagiert böse Kommentator Jiří Hanák in der Zeitung „Právo“. Er befasst sich aber zugleich mit der Frage, wie die Situation der Roma überhaupt zu bessern ist. Er schreibt:
„Ich denke, dass die tschechischen Zigeuner zwei Dinge brauchen: Mehr Strenge und mehr Verständnis, und zwar beides zugleich. Im ersten Fall – der Strenge – ist ihnen klar zu machen, dass sie nicht unantastbar sind. Dass sie außer nicht anzweifelbaren Rechten auch Pflichten haben. Nämlich: Miete zu zahlen und alles, was dazu gehört. Nicht die Umgebung mit Müll zu versauen. Nicht die Nachruhe der Leute zu stören, die zur Arbeit gehen. Zu unterscheiden zwischen Dein und Mein. Und so weiter und so weiter. Proklamationen sind völlig nutzlos, hier braucht es Kompromisslosigkeit“, so Jiří Hanák.Moderator: Das ist ja eine unglaubliche List in unglaublicher Offenheit, die Hanák da öffentlich anmahnt.
C.R.: Ja und ich wage zu behaupten, dass diese Forderungen absolut mehrheitsfähig sind in der tschechischen Bevölkerung, der „weißen“ Bevölkerung, wie die Tschechen selbst sagen.
Moderator: Das waren aber erst die Ausführungen zu mehr Strenge. Was schreibt Hanák denn über die Notwendigkeit von mehr Verständnis?
C.R.: Dazu schreibt er:
„Der Weg aus den Ghettos in die Mehrheitsgesellschaft führt über die Bildung. Das ist der Stein des Anstoßes. Aber wir ´Weißen´ sollen uns da nicht aufblasen. Auch bei uns hat es fast hundert Jahre gedauert, bis wir uns daran gewöhnt haben, regelmäßig in die Schule zu gehen, nachdem Maria Theresia die Schulpflicht eingeführt hatte. Und die Zigeuner sind in dieser Hinsicht überdies benachteiligt durch ihre Traditionen, Bräuche, einfach durch ihre Weltsicht“, schreibt Jiří Hanák weiter in der „Právo“ und fordert eine - so wörtlich – „repressive Toleranz“.
Moderator: Kommen wir zum Stichwort Glühbirne. Die EU verbietet sie schrittweise und ersetzt sie durch Energiesparlampen.
C.R.: Ja, und der Kommentator der „Lidové Noviny“, Daniel Kaiser, ist richtig wütend und erinnert an die Haltung des zuständigen EU-Kommissars Andris Piebalgs und seines Sprechers in dieser Angelegenheit. Der Kommissar meint, die Glühbirne in Rente zu schicken finde allgemein Zustimmung. Bisher, so wurde auch sein Sprecher zitiert, habe man noch keine Steine auf den Kommissar geworfen. Die Europäer stünden also hinter ihm. Daniel Kaiser findet diese Form von Logik absurd. Er schreibt:
„Tatsächlich ist es so, dass die Europäer große Vorräte von klassischen Glühbirnen anlegen, denn das Licht der Sparlampen ist unangenehm und kalt noch dazu. Die EU hat Angst vor den iranischen Ajatollahs und blickt erstarrt wie ein Karnickel vor der Schlange auf deren Bemühungen, Kernwaffen zu produzieren. Aber ihren eigenen Bürgern traut sich die EU in die Frage hineinzureden, womit sie auf ihrem Nachttisch leuchten. Und sie macht ihnen klar: Solange die EU-Bürger nicht bereit sind, Steine auf die Euro-Bosse zu werfen, solange wird man ihren Ärger als Zustimmung auslegen.“
Moderator: Daniel Kaiser hat also – direkt gesagt – die Nase voll von einer Regelungswut der EU.
C.R.: Die Glühbirne ist die neue EU-Banane, wenn man so will. Aber kommen wir zum letzten Thema: Der Sportkommentator mit seinen deutschenfeindlichen Äußerungen.
Moderator: Es geht um einen tschechischen Live-Kommentar auf dem Sender Eurosport während der Leichtathletik-WM in Berlin. 10-Kämpfer Šebrle wurde ohne Aufwärmphase an den Start geschickt, und bei einem Staffellauf stürzte eine amerikanische Athletin und die Schiedsrichter ließen sie erst einmal dort liegen; erst nach einiger Zeit ließen sie die Betreuer zu ihr durch.
C.R.: Das ist die Vorgeschichte. Der schon unter den Kommunisten in leitender Funktion stehende Sportkommentator Štěpán Škorpil, sagte live auf Eurosport:„Gib einem Deutschen eine Funktion und schon beginnt er mit den Schießübungen. Ich mag die Deutschen nicht besonders gern. Mir haben sie auf diese Weise meinen Vater liquidiert.“
Unter der ironischen Überschrift „Wir sind besser“ kritisiert Martin Zvěřina den Kommentator in der „Lidové Noviny“:
„Der Sportkommentator Škorpil unterscheidet nicht zwischen Deutschen und Nazis und auf alle, die die Staatsbürgerschaft der Bundesrepublik Deutschland haben, wendet er die Kollektivschuld an.“
Am schlimmsten fand Zvěřina aber die Internet-Diskussion zu diesen Entgleisungen von Škorpil. Diese Ausfälle gegen Deutsche seien leider – so Kommentator Zvěřina – konsensfähig in breiten Teilen der tschechischen Gesellschaft.
Moderator: Hast Du Dir die Diskussion im Internet mal angeschaut?
C.R.: Ja, habe ich natürlich. Du kannst froh sein, Daniel, dass Du Österreicher bist, denn die hatten ja bekanntlich mit der braunen Vergangenheit so gut wie gar nichts zu tun. :-)
Moderator: Na ja, ich bin mir sicher, dass auch zum Thema Österreich und seine Vergangenheit die Internet-Poster jede Menge "Freundlichkeiten" finden würden. Christian Rühmkorf war das mit dem Medienspiegel – vielen Dank!