Fall Cunek: Politische Schlammschlacht in einem politisierten Fall

Jiri Cunek (Foto: CTK)

Die Entscheidung kam praktisch eine Minute vor zwölf. Am Freitag wechselte die tschechische Generalstaatsanwältin Renata Vesecka im Fall Cunek den Staatsanwalt aus. Es war zugleich der letzte Tag, an dem der bisherige Staatsanwalt gegen Cunek hätte Anklage erheben können. Aus Protest gegen die Entscheidung verließ die Opposition den Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses und blockiert seither die dortigen Verhandlungen.

Jiri Cunek  (Foto: CTK)
Die Informationen: widersprüchlich. Die Entscheidungen: undurchsichtig. Es geht wieder einmal um Jiri Cunek. Dem christdemokratischen Partei- vorsitzenden, Minister und Vizepremier wird vorgeworfen, vor vier Jahren als Bürgermeister von Vsetin / Wesetin Bestechungsgelder angenommen zu haben. Der Fall hätte nun theoretisch vor ein Gericht kommen können. Doch dies passiert nun nicht. Denn die Generalstaatsanwältin Renata Vesecka entzog dem bisherigen Staatsanwalt den Fall Cunek. Sie setzte einen neuen Staatsanwalt ein, und dieser berief wiederum einen neuen Ermittler. Grund sind die Zweifel, die Vesecka am Verlauf der bisherigen Ermittlungen bekommen hat.

Die Entscheidung der Generalstaatsanwältin vom Freitag hat im Abgeordneten- haus zu einer Schlammschlacht geführt - im übertragenen Sinn. Denn die Koalitions- und Oppositionsparteien werfen sich gegenseitig Manipulation von Polizei und Staatsanwaltschaft vor. Der Chef der Sozialdemokraten, Jiri Paroubek:

"In kurzer Zeit werden nun Schritte unternommen, um die Angelegenheit zu beseitigen. Oder anders gesagt: Die Regierung versucht zu verhindern, dass der Fall Cunek vor ein unabhängiges Gericht kommt."

Renata Vesecka  (Foto: CTK)
Aus Protest gegen die Entscheidung der Generalstaatsanwältin verließen die Sozialdemokraten und Kommunisten am Freitag den Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses. Sie wollen dort nun alle Verhandlungen blockieren, bis am Dienstag Generalstaatsanwältin Vesecka dem verfassungsrechtlichen Ausschuss Rede und Antwort gestanden hat. Für diesen Freitag ist zudem eine Sondersitzung des Abgeordnetenhauses anberaumt. Offen ist nämlich vor allem eine Frage: Warum hat Vesecka gerade jetzt die Entscheidung getroffen, warum unmittelbar vor Ende der Frist? Ernste Zweifel an den Ermittlungen waren schließlich bereits Mitte Februar aufgetaucht.

Noch mehr Unklarheit in die Sache brachte am Wochenende Premier Mirek Topolanek. Überraschend sprach auch er von politischem Druck auf die Generalstaatsanwältin - dieser sei aber von Seiten der Sozialdemokraten gekommen, wie Regierungssprecherin Jana Bartosova erläutert:

"Der Herr Premier ist sehr beunruhigt über Informationen, die von einer Störung der Unabhängigkeit von Ermittlern und Staatsanwaltschaft im Fall Jiri Cunek sprechen und die Generalstaatsanwältin zu ihrer Entscheidung geführt haben. Er wird eine gründliche Untersuchung dazu fordern, ob Politiker, die mit den Regierungen seiner Vorgänger verbunden sind, Einfluss genommen haben."

Vesecka selbst weist entschieden zurück, dass es politische Einflussnahme gegeben habe - von welcher Seite auch immer. Und das will sie auch am Dienstag vor dem Ausschuss erläutern. Dort wird sie aber sicher noch mehr erklären müssen. So hat sich ihre Amtsvorgängerin Marie Benesova zu Wort gemeldet. Sie glaubt, dass sich Vesecka mit dem Eingreifen in ein Verfahren, das auf unterster Ebene läuft, sogar strafbar gemacht hat. Und was sagt Cunek selbst? Er wiederholt seine Ansicht, dass die Ermittlungen gegen ihn von vornherein politisch motiviert gewesen seien.