Im Mai schlagen Gefühle hoch, Bäume aus und Polizisten...
Alles neu macht der Mai! Diese wohlbekannte Redensart wurde ursprünglich dazu auserkoren, um den Zustand der Natur zu beschreiben, wie er sich Jahr für Jahr im Wonnemonat darstellt. Die von Herbst und Winter entlaubten Bäume stehen wieder in voller Blüte, alles grünt und sprießt, dass es eine helle Freude ist. Im Tschechischen wird der Mai daher auch "kveten" genannt, was soviel wie Blüte oder Blütezeit bedeutet.
In der ehemaligen Tschechoslowakei hielt der 1. Mai immer ein mehr oder weniger geliebtes Pflichtprogramm bereit. Auf Geheiß der Staatsoberen, der allmächtigen Kommunistischen Partei des Landes, sollten sich die Menschen in größeren Städten zusammentun und bei der so genannten Maidemonstration ihre angebliche Verbundenheit zu Partei und Staat symbolisieren. Wer einem gut durchstrukturierten sozialistischen Arbeitgeber angehörte und nicht zur Kundgebung erschien, konnte anschließend schon mal Probleme bekommen, wenn er mit keiner stichhaltigen Entschuldigung aufwarten konnte. Heutzutage wird in Tschechien gleich zweimal demonstriert. Die Kommunisten sind sich und ihrer Nostalgie treu geblieben und sehnen auf ihrer Kundgebung die alten Zeiten herbei. Das aber ist gerade ihren Gegnern ein Dorn im Auge, weshalb diese nun schon seit einigen Jahren demonstrativ eine antikommunistische Kundgebung abhalten. In Tschechien lebt man inzwischen das zweite Jahrzehnt in Freiheit und Demokratie, so dass gegen diese Art der freien Meinungsäußerung auch nichts einzuwenden ist. Nur sollte es nicht wieder wie im Vorjahr passieren, dass man ausgerechnet als Teilnehmerin einer antineonazistischen Demonstration von Polizeikräften niedergeknüppelt wird. So wie es der heutigen Abgeordneten der Grünen, Katerina Jacques, widerfahren ist. Eine Frau zu schlagen, und das im Monat der Liebe, das ist gleich doppelt verwerflich.