Heftiger Schlagabtausch wegen Versöhnungsgeste gegenüber sudetendeutschen Antifaschisten

Jiri Paroubek und  Wolfgang Schüssel (Foto: Autor)
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Bereits im Vorfeld des Besuches, den der tschechische Premierminister Jirí Paroubek am Donnerstag in Wien absolviert hat, war klar: Die Frage nach einer eventuellen Versöhnungsgeste gegenüber sudetendeutschen Antifaschisten, die Paroubek erneut auf den Tisch gelegt hat, wird auch beim Treffen mit dem österreichischen Kanzler Wolfgang Schüssel ein Thema sein. Genau so war es dann auch. Und mehr noch: Einige Stellungnahmen Paroubeks im Wiener Kanzleramt haben prompt zu einer Verschärfung des politischen Klimas in Prag geführt. Gerald Schubert berichtet:

Premierminister Jirí Paroubek und Kanzler Wolfgang Schüssel  (Foto: Autor)
Obwohl der Sozialdemokrat Jirí Paroubek erst seit einigen Wochen Regierungschef ist, sind seine Wortgefechte mit dem konservativen Präsidenten Václav Klaus bereits legendär. Auslöser des jüngsten verbalen Schlagabtausches war der Vorschlag Paroubeks, sudetendeutsche Antifaschisten, die sich einst für den Erhalt der demokratischen Tschechoslowakei eingesetzt hatten, zu würdigen. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem österreichischen Amtskollegen Wolfgang Schüssel sagte Paroubek:

"Eine solche Geste, die die Rolle von deutschen Antifaschisten würdigt, welche einst Staatsbürger der Tschechoslowakei waren, wird außer von den Regierungsparteien auch von den Kommunisten unterstützt. Dagegen sind nur die Demokratische Bürgerpartei (ODS) und Präsident Klaus. Mit einem gewissen Bedauern muss ich sagen: Damit haben sich der Präsident und die Demokratische Bürgerpartei in die Gesellschaft derer begeben, die auf österreichischer Seite eine solche Geste ablehnen. Konkret mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft Österreichs."

Klaus, der sich in seiner ablehnenden Haltung unter anderem auf die Deutsch-tschechische Erklärung des Jahres 1997 berufen hatte, habe die Problematik wohl nicht ganz verstanden, so Paroubek. Denn in seinem Vorschlag gehe es nicht um "die Sudetendeutschen" ganz allgemein, und auch nicht um ihre Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg. Vielmehr habe er genau jene Deutschen im Auge, die sich im Zusammenhang mit der Besatzung durch Hitler-Deutschland als Antifaschisten profiliert hatten - etwa Sozialdemokraten, Kommunisten oder auch katholische Priester. Václav Klaus reagierte in einer Sendung des privaten Fernsehsenders Nova:

"Erstens verstehe ich die Problematik sehr gut. Und zweitens halte ich die Worte Paroubeks für außerordentlich dreist. Ich habe das Gefühl, er hat den Verstand verloren."

Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hingegen begrüßt die Initiative Paroubeks:

"Zum ersten Mal wird hier wirklich differenziert. Es wird von der Kollektivschuldthese, die in der kommunistischen Zeit vertreten wurde, abgegangen. Das halte ich für einen sehr wichtigen Schritt."

Dass er angeblich den Verstand verloren hat, das wollte Paroubek auf dem Rückflug nach Prag nicht kommentieren. Aber die Diskussion wird weitergehen. Denn in der Demokratischen Bürgerpartei, deren Ehrenvorsitzender Präsident Klaus ist, heißt es mittlerweile, Paroubek sei ein Elefant im Porzellanladen. Paroubek wiederum sprach von "primitiven antideutschen" Tönen in der ODS.