Schutzfestung an der böhmisch-mährischen Grenze: Burg Svojanov
Die meisten Burgen und Schlösser in Tschechien öffnen nach der Winterpause erst im April ihre Tore. Dies gilt aber nicht für Svojanov / Fürstenberg, die Ruine einer gotischen Burg an der Landesgrenze zwischen Böhmen und Mähren.
„Wir wollen jenen Besuchern entgegenkommen, die sich nach dem Winter schon auf das Reisen freuen. Wenn das Wetter schön ist, ist der März eine gute Zeit für einen Besuch. Wir haben vorerst nur an den Wochenenden geöffnet, aber im April werden wir den Wochenbetrieb aufnehmen.“
Soweit der Kastellan von Svojanov, Miloš Dempír.
Die Burg Svojanov steht inmitten tiefer Wälder über dem malerischen Tal des Flusses Křetínka. Sie ist eine der ältesten Königsburgen hierzulande und dabei die einzige, deren Architektur eine Mischung aus Gotik und Empire aufweist.
„Die Burg wurde um 1224 gegründet. Sie sah völlig anders aus als heute und war wesentlich kleiner. Die ursprüngliche mittelalterliche Burg bestand nur aus dem heutigen Kern, also dem steinernen Gebäude in der Mitte. Eine Dominante bildete der 26 Meter hohe Turm. Dahinter verbarg sich der gotische Wohnpalast, von dem heute nur noch die Keller erhalten geblieben sind. Die gesamte Burg war von einer hohen mächtigen Mauer umwoben, die bis heute steht. Sofern es hinter der Mauer noch weitere Bauten gab, waren es nur Gebäude aus Holz.“
Svojanov sei in jener Zeit wenig bequem gewesen, betont Dempír:
„Es war eine Schutzburg, die als Sitz der Burggarnison diente. Der Herrscher besuchte sie nur sporadisch. Das Leben war hier mühselig. Es war hier nicht besonders warm. Kamine, Pelze und Lebensmittelvorräte – das war der einzige Komfort.“
Grenzfestung und Schutz des Handelswegs
Im 13. Jahrhundert diente die Burg als Festung, die den Handelsweg zwischen Brno / Brünn und Litomyšl / Leitomischl schützte und gleichzeitig die historische Landesgrenze zwischen Mähren und Böhmen bewachte. Die mächtige Anlage liegt etwas versteckt mitten in einer Hügellandschaft…
„Die Burg selbst befindet sich auf einem hohen Felsenvorsprung, etwa hundert Meter über dem Wasserpegel des Flusses. Manche der umliegenden Hügel sind aber noch höher. Der Vorsprung wird auf drei Seiten vom Fluss umströmt. Das heißt, dass auch der Handelsweg von drei Seiten her rund um die Burg führte. Und man hatte von ihr aus einen wirklich guten Überblick über einen langen Abschnitt der Handelsstraße.“
Die Burg war mächtig. Ihre Dominante ist bis heute ein zylindrischer Wachturm, dessen scharfe Kante der Zufahrtsstraße zugewandt ist. Die massive Mauer, die das Areal umgibt, ist an manchen Stellen bis zu acht Meter dick. Der ursprüngliche frühgotische Palast ist noch im Mauerwerk des heutigen Empire-Palastes erhalten. Über die Entstehung der Anlage gebe es viele Theorien, sagt Dempír:
„Da es sich um eine sehr frühe Zeit handelt, liegen keine Dokumente vor. Wir neigen der Ansicht zu, dass die Burg von Svéslav von Bořitov gegründet wurde, und zwar für König Přemysl Otakar I. Er war also der Burgmeister des Königs. Durch die Anlehnung an seinen Namen Svéslav beziehungsweise Svojslav entstand der Name Svojanov.“
Im Jahr 1265 gründete König Přemysl Otakar II. die nahe gelegene königliche Mitgiftstadt Polička / Politz, mit deren Geschichte die Schutzanlage eng verbunden ist. Der König gab der Burg Svojanov auch den neuen deutschen Namen Fürstenberg, der sich jedoch nicht durchsetzte.
Berühmteste Zeit der Burggeschichte unter Zawisch von Falkenstein
Nach dem Tod von Přemysl erhielt die Königinwitwe Kunigunde Svojanov als königliche Mitgift. Sie lebte dort später mit ihrem zweiten Ehemann Zawisch von Falkenstein.
„Zawisch war ein sehr ehrgeiziger Adeliger. Er stammte aus dem südböhmischen Haus der Wittigonen. Sein Ziel war es, ein Bündnis zwischen den böhmischen und den ungarischen Königen gegen die Habsburger zu schaffen. Kunigunde fand Gefallen in ihm, da er angeblich sehr hübsch gewesen sein soll. Die Adelsvertreter haben ihre Verbindung aber nicht akzeptiert, weil sie nicht ebenbürtig war: Kundigunde war Königin und Zawisch nur ein Adeliger. Zudem gewann er dadurch eine sehr privilegierte Stellung. Man bemühte sich daher, durch Intrigen den Namen von Zawisch in Verruf zu bringen, vor allem bei seinem Stiefsohn, König Wenzel II. Kunigunde starb 1285. Dies war zwar kurz nach der Hochzeit mit Zawisch, aber sie hatten sogar einen Sohn. Das Paar hielt sich nur sehr wenig in Prag auf. Sie lebten vor allem in Hradec nad Moravicí / Grätz und auch auf der Burg Svojanov. Nach dem Tod von Kunigunde lehnte Zawisch es ab, die Burg in den königlichen Besitz zurückzugeben. Er blieb hier weiter wohnen, was eigentlich widerrechtlich war. Und weil er seine Stellung festigen wollte, heiratete er die ungarische Prinzessin Elisabeth.“
Als ihr gemeinsamer Sohn geboren wurde, wollten die Eltern ihn in Svojanov taufen lassen. Dies wäre ein Anlass für ein Treffen des böhmischen und des ungarischen Königs gewesen. Durch Intrigen erreichten die böhmischen Adeligen allerdings, dass König Wenzel II. Zawisch gefangen nehmen ließ. Der Adelige wurde eingekerkert und am 24. August 1290 hingerichtet. Der Kastellan betont:
„Damit ging die berühmteste Zeit der Burggeschichte zu Ende. Svojanov war später nie mehr der Sitz einer so berühmten Persönlichkeit. Sie wurde wieder nur eine der Burgen in der Linie der Grenzfestungen.“
König Karl IV. zählte Svojanov in seinem Gesetzbuch Maiestas Carolina zu den elf wichtigsten böhmischen Burgen, die niemals verkauft oder verpfändet werden durften. Diesen Wunsch missachtete jedoch schon Karls Sohn, König Sigmund, und übergab die Burg den Herren von Boskowitz. Diese errichteten ein ausgeklügeltes System spätgotischer Befestigungsanlagen mit sieben Bastionen sowie einem Gebäude, das als Unterkunft für die Burgbesatzung diente. Dieses ist in authentischem Zustand mit originalen Stuckarbeiten und Holzelementen bis heute erhalten geblieben. Das Areal wurde zwischenzeitlich als Brauerei und als Getreidespeicher genutzt, weshalb es auch nie umgebaut wurde.
Die nächsten Besitzer der Burg – die Familie Trčka von Lípa - ließen einen neuen Renaissance-Palast errichten, dessen Fassade noch heute mit Sgraffitto-Fragmenten verziert ist. Der Bau selbst ist jedoch nur noch als Ruine erhalten, denn im Jahr 1569 wurde er durch einen Brand beschädigt. Im 19. Jahrhundert wechselten sich mehrere Besitzer ab, und in einem Teil der Gebäude wurde eine Graphitfabrik errichtet. Nach einem weiteren Brand im Jahr 1842 ließ das Ehepaar Kriesten die Burg teilweise im Empire-Stil wiederaufbauen. Der Hauptwohnpalast und das Eingangsgebäude erhielten ihr heutiges Aussehen. Der letzte private Besitzer, Anton Franz Haasche, ließ 1879 die Innenräume des Schlosses mit Gemälden des späten Empire ausstatten. Im Jahr 1910 wurde das Schloss von der Stadt Polička gekauft. In ihrem Besitz befindet es sich auch heute noch.
Frühlingsfest, Jahrmarkt, Fest des Frühmittelalters
Svojanov ist eines der meistbesuchten Baudenkmäler im Kreis Pardubice / Pardubitz. Im vergangenen Jahr wurden über 60.000 Touristen registriert, was im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von 13 Prozent war. Die Rekordzahlen wurden allerdings 2019 erreicht, als wurden fast 83.500 Besucher gezählt wurden.
Miloš Dempír zeigt sich mit den Besucherzahlen zufrieden. Im Laufe des Jahres würden auf der Burg zahlreiche Veranstaltungen organisiert, so sein einladender Hinweis:
„Mitte April findet das Frühlingsfest statt, bei dem wir verschiedene Frühlingsbräuche präsentieren. Im Mai folgt der Jahrmarkt, zu dem wir Handwerker begrüßen und ein Programm im Burghof anbieten. Und Mitte Mai planen wir eine völlig neue Veranstaltung, nämlich das Fest des Frühmittelalters.“
Außerdem sei eine Ausstellung über die Mariensäule von Polička geplant:
„In der Burggalerie im ehemaligen Pferdestall haben wir vier Original-Skulpturen von dieser Säule, die man sich hier genau ansehen kann. Während der Restaurierung wurden an der Säule nämlich Kopien angebracht. Wir bereiten eine größere Ausstellung dazu vor. Sie soll im Mai beginnen, wenn wir auch die gesamte Galerie eröffnen.“
Eine weitere Ausstellung wird tschechische Burgen und Schlösser auf historischen Ansichtskarten zeigen. Der Kastellan hat aber noch weitere Pläne. Dazu gehört eine Instandsetzung des Gartens, der die Burg umgibt:
„Die Projektbeschreibung wird gerade fertiggestellt, und im Herbst werden wir mit den Bauarbeiten beginnen. Der Garten als solcher hat eine traditionelle gotische Struktur, die erhalten bleibt. Aber wir werden ihn mit verschiedenen Elementen bereichern, wie etwa einer hölzernen Pergola mit Kletterrosen sowie einer hölzernen Aussichtslaube. Es wird einen großen Weinberg und Gemüsebeete geben. Wir planen auch eine Abendbeleuchtung und ein Bewässerungssystem.“
Die Burg Svojanov liegt im Kreis Pardubice, im Tal des Křetínka-Flusses zwischen Polička und Letovice. Sie ist im März an den Wochenenden von 10 bis 17 Uhr, ab April täglich außer Montag von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Drei Besichtigungsrunden werden angeboten.
