In Prag beginnt bislang größter Prozess gegen ehemalige Geheimdienst-Funktionäre
14 Jahre nach der politischen Wende hat am Montag der bislang größte Prozess gegen ehemalige hohe Funktionäre des kommunistischen Geheimdienstes (StB) begonnen. Die elf Angeklagten werden beschuldigt, sich seit Ende der 70er Jahre an der Schikane von Dissidenten beteiligt zu haben. Silja Schultheis berichtet.
Obzina selbst wurde Ende 2001 in einem gesonderten Prozess vor Gericht gestellt, aufgrund seines Todes im Januar dieses Jahres jedoch nicht mehr verurteilt. Seit Montag nun stehen in Prag elf ehemalige Bezirksleiter der kommunistischen Staatssicherheit vor Gericht. Begonnen hat die gerichtliche Verfolgung der Aktion "Asanace" jedoch bereits früher, erinnert der Sprecher des Amtes zur Dokumentation und Untersuchung der Verbrechen des Kommunismus, Jan Srb:
"Zu Beginn der juristischen Auseinandersetzung mit der Aktion Assanace im Jahr 1996 waren ursprünglich 26 Personen angeklagt. In der Folge wurden einige von ihnen jedoch wegen Verjährung u.ä. freigesprochen."
Unschuldig fühlen sich auch die seit Montag vor Gericht stehenden elf Funktionäre. Die Verteidigung von VladimÃr KrejÄík, ehemaliger StB-Chef im Bezirk Hradec Kralove/ Königgrätz, führte etwa zur Entlastung ihres Mandanten an, wenn dieser seinerzeit den Befehl des damaligen Innenministers Jaromir Obzina verweigert hätte, hätte ihm Strafverfolgung wegen Sabotage gedroht. Eine Behauptung, die Staatsanwältin Jana Herzegova zurückweist:
"Auch unter dem totalitären Regime konnte jeder Polizeibeamte den Befehl seines Vorgesetzen verweigern, das galt bereits damals. Wenn er dem Gesetz nicht nachkommen wollte, es aber nicht direkt ablehnte, hatte er die Möglichkeit, zum Beispiel auf sein Amt zu verzichten oder aus dem Dienstverhältnis auszuscheiden."
Der ehemalige Chef der nordböhmischen Geheimpolizei, Zdenek Hanák, begründete seine angebliche Unschuld damit, dass es sich bei der Aktion "Asanace" um ein gesamtstaatliches Projekt gehandelt habe, das von der Zentrale aus angeordnet wurde. Dass er selber dabei auch Befehle gegeben habe, wie ihn die Staatsanwältin anhand eines Dokumentes mit seiner eigenen Unterschrift erinnerte, daran könne er sich nicht mehr erinnern. Wie überhaupt die meisten anderen Angeklagten vorgaben, sich an nichts mehr erinnern zu können.
Die Dauer des jetzigen Prozesses wird auf einige Wochen anberaumt, erschwert wird er durch die geringe Zahl von Zeugen. Den Angeklagten drohen Haftstrafen zwischen drei und acht Jahren. Bereits im vergangenen Jahr waren vier ehemalige Funktionäre des Innenministeriums für die Beteiligung an der Aktion "Asanace" zu Bewährungsstrafen verurteilt worden.