Prags Olympiabewerbung stockt: Regierung will erst Finanzlage prüfen
Seit Anfang September gehört Prag zu den offiziellen Bewerbern für die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2016. Ein Fakt, der eigentlich Begeisterung und Tatendrang im Land auslösen müsste, um die große Herausforderung im Falle eines IOC-Votums für Prag auch meistern zu können. Nachdem aber bereits 1350 Bürgermeister tschechischer Kleinstädte und Gemeinden dieser Megaveranstaltung ihre Unterstützung verweigert haben, zögert jetzt auch die Landesregierung damit, eine ordnungsgemäße Durchführung der Spiele rechtlich zu garantieren.
Anfang September haben der Prager Oberbürgermeister Pavel Bém und der Vorsitzende des Tschechischen Olympischen Komitees (COV), Milan Jirásek, die offizielle Deklaration zum Interesse Prags an der Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2016 an das Internationale Olympische Komitee (IOC) abgeschickt. Für den formalen Weg einer Olympiabewerbung genügten damals die Unterschriften von Bém und Jirásek, nach einem festgelegten Prozedere aber fordert das IOC nun erste Garantieerklärungen ein. Und dazu ist jetzt auch die tschechische Regierung gefragt. Tomas Petera, der Direktor der Olympischen Gesellschaft Prag, die für die Abwicklung der Bewerbungsmodalitäten zuständig ist, erläutert:
„Die Garantie, die wir zur Erfüllung der Bewerbungsmodalitäten momentan von der Regierung brauchen, hat mit finanziellen Aspekten nichts gemein. Es handelt sich lediglich um eine Art Rechtsschutzgarantie, in der erklärt wird, dass man ein demokratisches Land sei und die Olympische Charta einhalten werde. Und für den Fall, dass Prag die Ausrichtung der Spiele zuerkannt wird, ist die Erklärung abzugeben, alle Menschen in unser Land einreisen zu lassen, die einen gültigen Pass oder ein gültiges Visum haben.“
Premier Mirek Topolánek und seine Kabinettsmitglieder haben jedoch schnell deutlich werden lassen, dass sie keinerlei Garantie abgeben werden, ohne die finanziellen Rahmenbedingungen zur Durchführung der Spiele zu kennen: „Wir werden diese Rechtsschutzgarantie ganz sicher nicht geben, ohne zuvor die finanziellen Voraussetzungen zur Durchführung der Spiele bewertet zu haben. Die Salamimethode werden wir hierbei nicht unterstützen.“
Einer ersten Studie zufolge sollen die Kosten zur Durchführung der Spiele bei 136 Milliarden Kronen (etwas über fünf Milliarden Euro) liegen. Aber weitere 490 Milliarden Kronen (ca. 19 Milliarden Euro) seien für die Schaffung der notwendigen Infrastruktur erforderlich, heißt es. Angesichts der Probleme, die sich in Tschechien mit der Vorbereitung der Weltmeisterschaften im Nordischen Skisport 2009 in Liberec / Reichenberg aufgetan haben, würde Topolanek gern erst den Ausgang dieses Sportevents abwarten, um eine Entscheidung für oder gegen die Unterstützung Olympischer Spiele zu treffen. Eine Auffassung, die wiederum die stellvertretende Bürgermeisterin von Prag, Marketa Ryderova, in ihrer Meinung bestärkt:
„Die Garantieerklärung sagt etwas aus über die Unterstützung der Regierung für die Sommerspiele. Jetzt aber sehen wir, dass die Regierung diese Unterstützung nicht so ohne weiteres gewährt, dass sie zögert. Ohne eine eindeutige Unterstützung durch die Regierung aber können diese Spiele nicht in Prag stattfinden. Das ändert meiner Meinung nach auch die Situation.“
Bis Mitte Januar 2008 muss sich die Regierung Topolánek erklären, ob sie die geforderte Rechtschutzgarantie abgeben wird oder nicht. Zur Frage, ob die Ausrichtung der Olympiade auch ohne den Segen des Staates erfolgen könne, antwortete Petera: „Es ist möglich, aber unsere Chancen auf einen Erfolg unserer Kandidatur sinken damit erheblich. Das ist unstrittig.“