"Olympiaboykott": Tschechiens Kommunen fordern Prag zur Eigenfinanzierung der Spiele auf

Es ist gerade erst einmal 14 Tage her, als die tschechische Hauptstadt Prag ihre offizielle Kandidatur zur Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2016 beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) eingereicht hat. Doch schon nach diesen zwei Wochen erhält die mit viel Euphorie verbreitete Olympiabewerbung Prags erste Risse. Denn nicht weniger als 1350 Bürgermeister tschechischer Städte und Gemeinden erteilten der Durchführung dieser gigantischen Veranstaltung in Tschechien ihre Absage.

Petr Gazdik  (rechts)  (Foto: CTK)
Die Hauptstadt Prag sowie die anderen Städte und Gemeinden in Tschechien - das ist seit Jahr und Tag eine völlig verschiedene Welt. Die Spannungen, die sich aus dem unterschiedlichen Milieu und Anspruchsdenken dieser beiden Lebensräume zwangsläufig ergeben, kamen dieser Tage erneut zum Ausbruch. Die Bürgermeister von 1350 Städten und Gemeinden, die sich schon länger zur Vereinigung "Vertrag der Städte und Gemeinden gegen steuerliche Diskriminierung" zusammengeschlossen haben, gaben der Metropole nämlich am Dienstag zu verstehen: Wenn ihr die Olympiade wollt, dann finanziert sie aus der eigenen Kasse!

Die Bürgermeister begründen ihre Haltung mit der Sorge, dass bei einer Ausrichtung der Spiele in Prag der tschechische Staat der Hauptstadt überdurchschnittlich hohe Subventionen zubilligen würde und aus dem Staatssäckel dann nur noch Almosen in die Regionen außerhalb Prags fließen würden. Die Kosten für die Durchführung der Spiele werden einer Studie zufolge auf 490 Milliarden Kronen (ca. 17 Milliarden Euro) geschätzt. Die Kosten für die infrastrukturellen Maßnahmen belaufen sich auf 135 Milliarden Kronen, an denen sich der Staat mit einem Drittel beteiligen würde. Zuviel angesichts der gegenwärtigen Haushaltslage in den Kommunen, sagt der Bürgermeister aus dem mährischen Suche Lozi, Petr Gazdik:

"Wir sind der Meinung, dass die Ausrichtung einer Olympiade eine grundlegende Angelegenheit ist. Gegenwärtig aber leiden die Städte und Gemeinden in Tschechien unter ihren instabilen Budgets und den weiterhin ausstehenden neuen Steuergesetzen. Da sie die Budgets auch nicht mit Hilfe der europäischen Fonds mitfinanzieren können, verschulden sie sich immer mehr. In dieser Situation halten wir es für unbegründet, in Tschechien Olympische Spiele zu veranstalten."

Den Bürgermeistern missfällt außerdem, dass Prag an den Olympischen Spielen bis zu vier Milliarden Kronen (knapp 150 Millionen Euro) verdienen würde, obwohl sich die Hauptstadt den bisherigen Planspielen zufolge mit nur rund 16 Prozent an den Kosten beteiligen würde. Prags Oberbürgermeister Pavel Bem entgegnete dieser Kritik zwar, dass sie auf Unwahrheiten beruhe und dass alle Kommunen in Tschechien an den Spielen verdienen würden, doch kaum jemand nimmt ihm diese Aussage ab. Gazdik, der im Namen seiner Bürgermeisterkollegen sprach, machte vielmehr diese Rechnung auf:

"Wir denken, dass sich in Zukunft Olympische Spiele durchaus in Tschechien veranstalten lassen. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: Die erste ist die Ausschreibung eines nationalen Referendums. Bei dieser Volksbefragung sollten die Bürger kundtun, ob sie die Ausrichtung einer Olympiade in Prag und damit in Tschechien unterstützen und ob sie damit einverstanden sind, dass dafür Gelder aus öffentlichen Budgets verwendet werden. Die zweite Möglichkeit ist die, dass Prag die Olympischen Spiele aus eigener Tasche finanziert, zum Beispiel mit Hilfe von Krediten renommierter Bankinstitute. Und wenn die von der Hauptstadt in Auftrag gegebene Studie davon spricht, dass die Durchführung der Olympiade einen Gewinn abwerfen wird, dann sollte Prag auch diese Art der Finanzierung in Anspruch nehmen und sich den Gewinn allein einstecken."