Prostitution in Tschechien - bald ein ordentlicher Beruf?

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Mit einem neuen Gesetz will die tschechische Regierung die Prostitution im Lande in legale Bahnen lenken. Silja Schultheis hat sich für Sie in einer neuen Ausgabe unserer Sendereihe "Forum Gesellschaft" nach den Pros und Contras des Gesetzesvorhabens umgehört.

Rund 25.000 Frauen und Männer verdienen in Tschechien nach Schätzungen ihr Geld mit sexuellen Diensten - dass es keine genaue Zahlen gibt, gehört sozusagen zum Geschäft. Die Prostitution aus dem Umfeld von Dunkelziffern, Anonymität und Illegalität in gesetzlich geregelte Bahnen zu lenken, hat sich die tschechische Regierung vorgenommen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschiedete sie Ende Juli. Seit Jahren bereits rufen Gemeindevertreter nach einer gesetzlichen Handhabe, um die Prostitution in Griff zu bekommen. Der jetzige Vorschlag sei daher ohne Zweifel ein Schritt in die richtige Richtung, meint Pavel Vanousek, Vizebürgermeister der Stadt Cheb/Eger, einer der Hochburgen der Prostitution im Lande:

"Die Stadt Cheb hat bereits vor Jahren ein Treffen verschiedener Städte initiiert, um eine legislative Lösung für die Prostitution zu finden. Wir haben auch probiert, uns mittels einer städtischen Verordnung selber ein Instrument zu schaffen, aber das war nicht effektiv genug. Wir begrüßen es daher, dass es jetzt einen solchen Gesetzentwurf gibt."

Vor den negativen Folgen einer solchen Gesetzesnorm warnt Lucie Sidova von der Organisation "Lust ohne Risiko", die sich für den Schutz vor übertragbaren Sexualkrankheiten, insbesondere bei Prostituierten, einsetzt:

"Die Mädchen gehen infolgedessen in die Illegalität, beginnen weniger in der Öffentlichkeit ihre Dienste anzubieten, sondern mehr in Wohnungen. Es kommt zu einer Kriminalisierung der Prostitution, die Prostituierten besuchen weniger unser Zentrum. Und infolge der Kriminalisierung kann eine stärkere Abhängigkeit der Prostituierten von den Zuhältern entstehen."

Der Entwurf sieht im Wesentlichen vor, dass Prostitution unter bestimmten Voraussetzungen als normaler Beruf betrieben werden kann, für den entsprechend auch Steuern abgeführt werden. Bedingung für eine Genehmigung ist, dass die oder der Prostituierte über 18 Jahre alt, krankenversichert und nicht vorbestraft ist und sich regelmäßig ärztlichen Kontrollen unterzieht. Und dass sie aus einem EU-Land stammen oder anderenfalls ein gültiges Visum vorweisen können. Und genau hier liegt des Pudels Kern, meint Petra Burcikova von der gemeinnützigen Organisation La Strada:

"Die Prostituierten in Tschechien fallen zum großen Teil gerade nicht in die Kategorie der EU-Bürger, denen das Gesetz eine legale Beschäftigung als Prostituierte anbietet. Sondern sie kommen vielfach durch Menschenschmuggler hierher, hauptsächlich aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion und aus Zentral- und Südostasien und halten sich illegal hier auf. Um hier als Prostituierte zu arbeiten, sind sie absolut angewiesen auf die Hilfe anderer. Und die - Zuhälter und Menschenhändler - missbrauchen das dann vielfach. "

Das neue Gesetz bringt in der jetzigen Form keine Verbesserung in der Bekämpfung des Menschenhandels, sondern drängt die davon betroffenen Frauen nur noch mehr in die Illegalität, befürchtet La Strada.

Ein Kernstück des Gesetzentwurfs der Regierung zur "Regulierung der Prostitution" - so der offizielle Name - sind größere Kompetenzen für die Kommunen. Sie sollen künftig die Prostitution auf ihrem Gebiet selbst verbieten bzw. einschränken dürfen. Konkret bedeutet dies, sie dürfen entscheiden, ob und an welchen Stellen es beispielsweise einen Straßenstrich geben darf. Die Kommunen würden eine solche Regelung überwiegend befürworten, Kritiker wenden ein, die Verantwortung für die Misere würde damit lediglich an die Gemeinden weitergegeben, an dem wesentlichen Problem ändere sich nichts. Ein Argument, das Pavel Vanousek, Vizebürgermeister der Stadt Cheb, nicht überzeugt:

Cheb  (Foto: Milos Turek)
"Irgendjemand muss die Verantwortung übernehmen. Und es ist naheliegend, dass das jemand ist, der vor Ort die Situation beurteilen kann und mit den Bürgern in direktem Kontakt ist. Insofern ist es meiner Meinung nach richtig, das die Städte und Kommunen größere Vollmachten bekommen.

Zwar werde die neue Gesetzesnorm schwerlich dazu beitragen, dass Prostitution aus dem öffentlichen Raum verschwindet. Sie lasse sich dadurch aber besser regulieren, meint der Cheber Vize-Bürgermeister Pavel Vanousek:

Ziel ist es, dass die Bürger möglichst wenig davon belästigt werden. Ganz entschieden sollte es daher keine Prostitution an Orten geben, wo sich viele Menschen versammeln oder in der Nähe von Schulen, sondern eher in städtischen Randbezirken.

In Kraft treten kann die Gesetzesnorm erst, wenn sie das Parlament gebilligt und Präsident Klaus unterzeichnet hat. Um eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus zu bekommen, ist die Regierung auf die Stimmen der Kommunisten angewiesen. Die an der Regierungskoalition beteiligten Christdemokraten sind gegen das Gesetzesvorhaben und warnt vor der Gefahr, dass sich der Staat mit dem Gesetz selbst zum Befürworter der Prostitution macht. Ähnliche Befürchtungen äußerten die Kommunisten.