Protestpfiffe und Begrüßungstransparente: Kundgebungen beim Merkel-Besuch in Prag

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Der Besuch der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Prag wurde von zahlreichen Demonstrationen begleitet. Sowohl die Gegner als auch die Befürworter ihrer Politik kamen am Donnerstag an mehreren Orten in der tschechischen Hauptstadt zusammen.

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Die Popularität der deutschen Bundeskanzlerin in Tschechien liegt derzeit an einem Tiefpunkt. Bei einer Meinungsumfrage erklärten im Juli nur 18 Prozent der Befragten, dass sie der Politik Merkels zustimmen. Im Jahr 2013, also vor der massiven Flüchtlingswelle, hatte die Bundeskanzlerin noch 72 Prozent der tschechischen Bürger hinter sich. Das stark abgekühlte Verhältnis war auch während des jüngsten Prag-Besuchs von Merkel zu spüren, obwohl nur wenige Menschen auf die Straße gingen, um ihre Meinung zu äußern. Auf dem Zubringer zum Flughafen, vor dem Regierungssitz und an weiteren Orten kamen einige hundert Menschen zusammen. Die Gegner der Bundeskanzlerin und ihrer Flüchtlingspolitik waren zahlenmäßig stärker und deutlich lauter als die Befürworter. Die Anti-Merkel-Kundgebungen wurden von tschechischen Rechtspopulisten und Zuwanderungsgegnern organisiert. Eine Frau vom Verein „Hej, občané“ („Hey, Bürger“) verlas ihre Mitteilung auch auf Deutsch:

„Hier ist kein Platz für die, die Hass verkünden und die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau nicht respektieren. Es ist keine Schande, ein Patriot zu sein und die nationalen Interessen zu schützen.“

Angela Merkel  (Foto: ČTK)
Die Merkel-Gegner bekamen auch Unterstützung aus Deutschland. Einer von ihnen war aus Dresden angereist:

„Wir wollen mit unseren tschechischen Freunden ein Zeichen setzen gegen diese verfehlte Flüchtlingspolitik, für die Merkel das Synonym und Abbild ist. Die EU besteht aus 28 Mitgliedsstaaten, und eine Person entscheidet, was in der EU passiert. Das darf nicht sein. Es muss an einer gesamteuropäischen Lösung gearbeitet werden. Da kann sich kein Land über ein anderes stellen, da muss ich mich für Deutschland entschuldigen.“

Ein paar Dutzend Befürworter der deutschen Willkommenskultur trotzten indes den Merkel-Gegnern. Sie waren nicht so laut, aber viel mehr bereit, ein Gespräch zu führen. So auch der Student Jan Fiala:

„Wir wollen der Bundeskanzlerin zeigen, dass sie nicht nur Gegner, sondern auch Befürworter in der Tschechischen Republik hat. Wir sind überzeugt, dass ihre Politik eine Zukunft hat, dass Europa eine vernünftige Lösung für die Flüchtlingskrise findet, die weder der EU noch den Flüchtlingen schadet, die unsere Hilfe brauchen. Außerdem glauben wir, dass Merkel als Politikerin imstande ist, sich der Expansionspolitik Russlands entgegenzustellen.“

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Peter Wagner lebt und arbeitet seit zwanzig Jahren in Tschechien. Warum ist er dem Facebook-Aufruf gefolgt, Angela Merkel vor der Prager Burg zu unterstützen?

„Weil es mir leid tut, wie die Leute hier relativ häufig über Frau Merkel sprechen. Wie sie immer so böswillig Mutti zu ihr sagen, wie sie ihr vorwerfen, sie habe die Flüchtlinge nach Europa eingeladen. Dies stimmt meines Erachtens in dem Ausmaß nicht.“

Einberufen wurde die Demo von dem Prager Aktivisten Tomáš Peszyński. Er hält es für wichtig, seine Meinung auf der Straße zu äußern:

„Man zeigt durch seine Anwesenheit auf der Straße die eigentliche Realität. Damit kämpft man gegen die virtuelle Realität, die von der feindlichen Propaganda im Internet und von manchen Medien geschaffen wird.“