Rechtsradikale demonstrieren bei früherem Roma-KZ

Foto: Alexis Rosenzweig

Ein vom kommunistischen Regime errichteter Schweinemastbetrieb an der Stelle eines ehemaligen Roma-Konzentrationslagers - auch 16 Jahre nach der politischen Wende immer noch Realität in Tschechien. Seit Jahren kämpfen Roma-Verbände für ein würdiges Gedenken an diesem Ort. Nachdem im vergangenen Frühjahr auch die Europäische Union an die tschechische Regierung appelliert hatte, die Schweinefarm zu beseitigen, scheint endlich Aussicht auf eine Lösung zu bestehen. Am Samstag wurde allerdings die Geduld der Roma erneut auf eine harte Probe gestellt, als die ultrarechte Nationalpartei (NS) sich auf dem ehemaligen Lagergelände versammelte. Silja Schultheis war vor Ort.

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Stopp dem Nazismus - als die rechtsradikale Nationalpartei an der Stelle des ehemaligen Roma-Konzentrationslagers in Lety erneut behauptete, es habe hier keinen Genozid gegeben, platzte Markus Pape der Kragen. Bereits seit Anfang der 90er Jahre engagiert sich der deutsche Publizist in Tschechien für eine Aufarbeitung des Holocaust an den Roma und eine Entschädigung der Opfer. Als bislang einziger hat er ein Buch über die Geschichte des Lagers Lety veröffentlicht. Ein Buch mit Fakten, die der tschechischen Öffentlichkeit immer noch großenteils unbekannt sind. Entscheidend sei daher zunächst der Dialog, auch mit den Rechtsradikalen, hatte Pape noch kurz vor der Veranstaltung erklärt:

"Anscheinend wissen die Leute nicht, was hier passiert ist, sonst würden sie nicht so dummes Zeug reden. Ich denke, dass die Partei Mitläufer hat, die einfach nur das machen, was ihnen gesagt wird, und denen müssen wir das erklären." Erklärungen allerdings wollten die Vertreter der Partei von Petra Edelmannova nicht hören. Ihre Auslegung der Geschichte steht für sie seit langem fest und ursprünglich sollte sie am Samstag auch für alle sichtbar auf einem sog. "Gedenkstein" verewigt werden:

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Es gäbe in Tschechien tausend wichtigere Dinge als die Beseitigung der Schweinefarm auf dem ehemaligen Lagergelände. Zumal es hier keinerlei Genozid gegeben habe und die 326 Opfer, überwiegend Kinder, ihren Tod durch mangelnde Hygiene selbst verschuldet hätten, so Edelmannova und ihr Parteikollege Jan Skacel. Der Stein wurde von der Gemeinde Lety bereits im Vorfeld entfernt, dennoch geriet die Veranstaltung am Samstag für die anwesenden Roma zu einer unerhörten Provokation. Die Journalistin Anna Polakova erkannte unter den rechtsradikalen Rednern den Mann wieder, der im Jahr 2002 ihren minderjährigen Sohn überfallen und fast zu Tode geprügelt hätte. Ein Dialog mit Neonazis ist für sie absolut ausgeschlossen, zumal an einem solchen Ort:

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"Ich habe erst mit 33 Jahren erfahren, dass meine Mutter im Konzentrationslager geboren wurde und meine halbe Familie dort ums Leben gekommen ist. Für mich bedeutet dieser Ort hier eine ganze Menge. Und dass hier immer noch eine Schweinefarm ist, sagt natürlich etwas über die tschechische Gesellschaft und ihr Verhältnis zu den Roma aus: Als mein Sohn 2002 nach dem Überfall vor Gericht ging und es zum ersten Mal gelang, bei einem Überfall auf einen Roma rassistische Motive nachzuweisen, waren vorher bereits mehr als 30 Roma gestorben. Wie viele müssen es noch sein? Und jetzt sehe ich diesen Täter hier. HIER! Das ist eine Katastrophe. Die Gesellschaft muss diese Leute verurteilen"

Auf eine Verurteilung der Nationalpartei wegen Holocaust-Leugnung drängt jetzt der Senator Jaromir Stetina (Grüne) und hat deshalb am Samstag Strafanzeige erstattet.