Regionjournal

Herzlich willkommen, verehrte Hörerinnen und Hörer, zu einer weiteren Ausgabe des Regionaljournals. Heute besuchen wir zwei Regionen im Norden der Tschechischen Republik. Eine der entlegendsten Ecken der Tschechischen Republik, der ostböhmische Zipfel Broumov/Braunau - feierte in der vergangenen Woche die "Woche der Kirchen." Das es sich dabei aber nicht in erster Linie um die Rettung von architektonischen Gebäuden handelte, erfahren Sie unter anderem aus dem Gespräch mit einem der Organisatoren dieser Veranstaltung. Auch werden wir Ihnen verraten, wo Sie in Nordböhmen, wo heute noch Bergbaugruben zu sehen sind, im nächsten Sommer schon baden können. Durch die Sendung führen Sie Olaf Barth und Dagmar Keberlova.

In dem Broumov- Ausläufer gibt es nicht nur mehrere prachtvolle Kirchen von Christof und Ignaz Dientzenhofer, die sich in sehr schlechtem Zustand befinden. Es handelt sich außerdem um eine Ecke, in der sich drei Kulturen- die deutsche, die polnische und die tschechische begegnen. Dieses enorme kulturelle und geschichtliche Potenzial versuchen seit dem vergangenem Jahr die Organisatoren der Woche der Kirchen wieder zu beleben.

Nach Broumov kamen die Mitarbeiter der Organisation Collegium pro arte antiqua zum erstenmal vor 4 Jahren, um kleinere Projekte durchzuführen. Dabei entdeckten sie die vielen Sehenswürdigkeiten und vor allem die 10 wunderschönen Kirchen aus den Jahren 1719-1740. Auf diese Tatsache wollten sie aufmerksam machen. So wurde die Idee der Woche der Kirchen geboren, die dieses Jahr zum zweiten Mal stattfand. Die Kirchen und ihr Zustand stehen trotz des Titels der Veranstaltung nicht wirklich im Vordergrund des Projektes. Über das Hauptanliegen spricht David Musil von der veranstaltenden Organisation Collegium pro arte antiqua:

"Wir wollen in erster Linie nicht auf den schlechten Zustand der Kirchen hinweisen, sondern uns vor allem um den Wiederaufbau bemühen. Aber das wirkliche Hauptanliegen ist die Rettung der Kirchen in ihrer bedeutgung für den Menschen, die alten Räumlichkeiten in einer neuen Weise zu nutzen und das geistliche Leben zu unterstützen."

Daher soll auch nicht der finanzielle Profit aus dieser Veranstaltung in die Renovierung der Kirchen fließen, obwohl wie David Musil anmerkt, z.B. ein Gitter für die Kirche in Sonov nötig wäre, die bereits halbleer ist und weiterhin "entleert" wird. Aber vor allem wollen die Veranstalter in die Jugend investieren, führt David Musil aus:

"Unser Anliegen ist in es erster Linie, möglichst viele junge Menschen anzuziehen, die dieser Region, ihren Kirchen und Menschen helfen werden. Eher sind wir bemüht, das Geld für Programme zu gewinnen, die den Menschen helfen, die Region zu verstehen. Das ist unserer Ansicht nach besser, als das Geld in die zerstörten Kirchen zu stopfen. Wenn dann dort nichts passiert, warum haben wir die Kirchen renoviert?"

Während letztes Jahr das Programm noch eher bescheiden war, hat dieses Jahr die Woche reichlich viele Veranstaltungen angeboten. Neben der Öffnung der 10 sonst geschlossenen Kirchen werden Seminare und Vorträge angeboten. An der feierlichen Eröffnung, dem Konzert des gregorianischen Chores in der Kirche in Sonov nahm auch der Senatsvorsitzende Petr Pithart teil. Über 100 verschiedene Künstler haben sich im Laufe der Woche präsentiert. Die Veranstaltungen haben sich eines großen Interesses erfreut, pro Veranstaltung trafen an die 300 Menschen ein. Das ist für eine Stadt wie Broumov oder andere in ihrer Nachbarschaft, denn das Kulturprogramm konzentriert sich nicht nur auf die Stadt Broumov selbst, eine beträchtliche Zahl. Sehr interessant beispielsweise war die Vorstellung eines japanischen Tänzers:

"Am Dienstagabend trat um 22 Uhr der japanische Tänzer Ken Mayo auf. In den Räumlichkeiten der Kirche war es eine sehr interessante Performance, die Kirche machte die Vorstellung etwas anders."

Auch in den folgenden Minuten bleiben wir in Böhmen, diesmal im Norden, der eher durch die industriellen, zum Himmel ragenden Schornsteine berühmt ist. In dieser Gegend zu urlauben, fällt heute kaum einem Tschechen ein. Doch die Situation scheint sich zu ändern. In den ehemaligen oder derzeit noch funktionierenden Bergbaugruben sollen einige schöne Seen entstehen. Die Bergbaugesellschaft Sokolovska uhelna plant die Schaffung einiger Seen, einen davon gleich in der Nähe der Industriestadt Sokolov. Hier entschied man sich für die Möglichkeit der Wasserrekultivierung, obwohl sonst drei Arten angewendet werden, wie der zuständige Angestellte von Sokolovska uhelna Jiri Pöpperle ausführt:

"Im Prinzip gibt es drei Arten der Rekultivierung, die Wald-, Agrar- und Wasserrekultivierung, wobei die Waldrekultivierung die am meisten angewendete ist. Allen drei gehen technische Vorbereitungen des Terrains voraus."

Bisher wurde die Wasserrekultivierung eher weniger angewendet, sagt Herr Pöpperle, was sich jetzt aber ändert. Es sei auch die einfachste Möglichkeit und bei den Menschen zudem beliebt, obwohl nicht unbedingt billig. Bei den Bewohnern von Sokolov stößt der Plan auf breite Zustimmung, die Ökologen lassen sich hingegen vernehmen, dass es bereits genug Wasser in Tschechien gebe. Was meint dazu Herr Pöpperle von der Bergbaugesellschaft Sokolovska uhelna?

"Meiner Meinung nach ist es so, wie sie es sagen. Bürger reagieren positiv, weil das Wasser immer die Landschaft belebt. Daneben sind damit verschiedene Freizeitaktivitäten wie Sport oder Fischfang verbunden. Auch zieht es Touristen an, womit weitere unternehmerische Aktivitäten verbunden sind. Sonst höre ich eher Meinungen, dass es bei uns früher mehr Wasserflächen gegeben hätte und dass wir bisher nicht viel wiederhergestellt haben."

Die Menschen haben sich eher gefragt, was so große Wasserflächen mit der Natur machen würden, ob es das Klima ändern würde oder ähnliches, fügte Herr Pöpperle hinzu. Im Falle von Sokolov werden aber keine negativen Auswirkungen prognostiziert.

Wann können also die Besucher ein kühles Bad im See nehmen? Das wird gar nicht mehr so lange dauern, denn:

"Der Bergbaubruch Michal wird noch in diesem Sommer vorbereitet sein. Dann werden wir ihn mit Wasser füllen und ab dem kommenden Jahr wird er dann zur allgemeinen Nutzung übergeben. Auf diesen See freuen sich die Einwohner von Sokolov besonders, weil er nur einige Minuten zu Fuß von der Stadtsiedlung entfernt ist. Meiner Meinung nach wird dies eine sehr gut besuchte Lokalität werden."

Und dasselbe erhofft man sich auch bei anderen neuen Seen, die im Entstehen begriffen oder zumindest geplant sind. In Chabarovice will man weniger Touristen, sondern vielmehr die ehemaligen Einwohner der Stadt zurückgewinnen, die wegen der Ausbreitung der Bruchs damals wegziehen mussten. Das wird in den ersten Jahren der wichtigste Beitrag für die Stadt sein, sagte der Bürgermeister von Chabarovice Jiri Zahorik in einem Interview für Radio Prag:

"In den ersten 5 bis 8 Jahren erwarten wir kein großes Interesse. Der Hauptgewinner wird die Stadt sein, die in einer schönen Landschaft liegt und aus der ein Drittel der Bewohner im Jahre 1990 wegziehen mussten. Bisher wollten die Menschen nicht zurückkehren und jetzt, als man anfing, den See mit Wasser zu füllen, beginnen Sie wieder Interesse zu zeigen."

Auch touristisch würde es helfen, denn bald sollte eine Autobahn zwischen Prag und Dresden unweit von Chabrovice vorbeiführen und somit sei die Gegend von beiden Städten leicht erreichbar. Zwischen zwei Gebirgsmassiven gelegen handle es sich um eine schöne Landschaft. Mehr dazu von Bürgermeister Zahorik:

"Wir beginnen Radrouten um den ganzen See herum zu entwerfen, mit Anschluss bis nach Deutschland. Er wird über Usti/Aussig und Teplice/Teplitz bis nach Dresden gehen."

Autoren: Olaf Barth , Dagmar Keberlova
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