Schloss Duchcov/Dux und Casanova (I.)

Schloss Duchcov (Foto: Autorin)
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Namhafte Persönlichkeiten haben dort zu Besuch geweilt - wie z. B. Ludwig van Beethoven, Frederik Chopin oder der russische Zar Alexander I., aber einem seiner langfristigen Bewohner verdankt das Schloss seine Attraktivität. Die Rede ist vom nordböhmischen Schloss Duchcov/Dux, wo Giacomo Casanova die letzten dreizehn Jahre seines abenteuerlichen Lebens verbrachte. Nach Dux laden Sie Martina Schneibergova und Gerald Schubert in der heutigen Ausgabe der Sendereihe "Reiseland Tschechien" ein.

Schloss Duchcov   (Foto: Autorin)
"Wenn sich Casanova Anfang Herbst 1785 nicht im Schloss von Duchcov/Dux niedergelassen hätte, wäre die Welt um einen berühmten Schriftsteller gekommen. Allenfalls wäre sein Name in einem Atemzuge mit anderen Abenteurern genannt worden, wie z. B. Cagliostro."

Diese Worte stammen vom tschechischen Historiker Josef Polisenský, der sich mit Casanovas Aufenthalt in Böhmen befasste. In Dux entstand nämlich nicht nur das wohl bekannteste Werk Casanovas "Die Geschichte meines Lebens", sondern beispielsweise auch sein Roman "Icosameron". In wie weit er sich bei der Verfassung dieses Science-Fiction-Buchs vom nordböhmischen Klima inspirieren ließ, die Antwort darauf überlassen wir den Casanova-Forschern. Der berühmte Venezianer war zweifelsohne der populärste Bewohner des Schlosses Dux in dessen Geschichte. Als Bibliothekar bei Graf Josef Karl Emanuel Waldstein verbrachte Casanova dort die letzten 13 Jahre seines Lebens, er kam vor fast genau 220 Jahren nach Dux. Seine Persönlichkeit trägt zur Popularität des Schlosses vor allem im Ausland bei, wie der Kastellan Petr Horák einräumt:

Kastellan Petr Horák   (Foto: Autorin)
"Paradoxerweise kommen nicht viele Besucher aus Italien zu uns, obwohl Casanova ein Italiener war. Vielleicht meinen die Italiener, dass sie viele berühmtere Persönlichkeiten haben, und für Casanova interessieren sie sich nicht so sehr. Andererseits kommen nicht nur Besucher aus den deutschsprachigen Ländern und aus Skandinavien, sondern auch Interessenten aus Südamerika, aus den USA und aus Kanada, die nur aus dem Grund nach Tschechien reisen, um unser Schloss und die auf der Welt wahrscheinlich einzige Ausstellung über Giacomo Casanova zu besichtigen."

Duchcov ist jedoch nicht nur wegen seinem berühmtesten Bewohner Giacomo Casanova einen Besuch wert. Das Barockschloss in Duchcov wurde nach dem Entwurf des französischen Architekten Jean Baptist Mathey anstelle eines ursprünglichen Renaissanceschlosses in den Jahren 1675-1685 für den Prager Erzbischof Johann Friedrich Waldstein erbaut. 1707 wurde das Schloss um zwei Seitenflügel erweitert. Der Barockgarten, der im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts unter Johann Josef Waldstein gegründet wurde, gehörte zu den beachtenswertesten Gartenanlagen der Zeit. An der Ausschmückung des Schlossareals beteiligte sich auch der berühmte Bildhauer des böhmischen Barock, Matthias Bernhard Braun. Für den wertvollsten Raum des Schlosses wird der so genannte Waldstein-Saal mit einer Freske von Wenzel Lorenz Reiner gehalten. Der ursprüngliche Garten wurde im 19. Jahrhundert in einen englischen Park umgewandelt. Die Hälfte des Gartens wurde unter dem kommunistischen Regime in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wegen geplantem, jedoch nicht verwirklichtem Kohleabbau vernichtet - genauso wie das architektonisch wertvolle Gebäude des Barockspitals. Im Schloss sind nicht nur die Räumlichkeiten, die an Casanova erinnern, sehenswert, meint der Kastellan, und empfiehlt einen Rundgang durch das Schloss:

Barockgarten  (Foto: Autorin)
"Wir haben hier beispielsweise einen der schönsten Barocksäle in Böhmen, in dem sich eine Ahnengalerie der Familie Waldstein befindet. Im Flur findet man eine Auswahl von Graphiken aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Es stimmt schon, dass den Schwerpunkt der Besichtigung der so genannte "Casanova-Flügel" darstellt. Vom Billardsaal kommt man über die Zimmer, in denen das Personal wohnte, bis in die Räumlichkeiten, wo Casanova lebte, und wo sich die jetzige Ausstellung mit ihm beschäftigt."

Ich folgte der Empfehlung des Kastellans und schloss mich einer Führung an. Durch das Schloss führte mich Markéta Kalinová. Der Rundgang begann auf der Schlosstreppe, die mit zahlreichen Porträts geschmückt ist:

"Willkommen im staatlichen Schloss Dux. Hier bei uns werden sie die Waldstein-Galerie, den Billard-Saal, drei Zimmer des Schlosspersonals und Zimmer sehen, wo Casanova lebte. Gemälde, die Sie hier sehen, sind Porträts der Angehörigen der Familie Waldstein. In der oberen Reihe gibt es Gemälde aus der Renaissance-Zeit, in der unteren Reihe sind Gemälde aus der Barockzeit. Auf dem großen Gemälde sehen Sie den wohl bekanntesten Waldstein, den Albrecht von Waldstein. Der Herr in der Mitte ist Karl Emanuel Waldstein, der Casanova nach Dux eingeladen hat."

Markéta Kalinová   (Foto: Autorin)
Von der Treppe kommt man in den bereits vom Kastellan erwähnten prunkvollsten Schlosssaal:

"Wir befinden uns in der Waldstein-Galerie oder dem Waldstein-Saal. Der Saal ist 13 Meter hoch und 17 Meter lang. Im Saal werden heute Konzerte veranstaltet und es finden da auch Hochzeiten statt. Nun einige Worte zur Geschichte: Im 13. Jahrhundert gab es hier eine Festung, die der Familie Hrabisic gehörte. Familie Lobkowicz ließ hier 1527 einen Renaissancepalast gebaut."

Nach dem Tod ihres ersten Mannes übernahm Gräfin Polyxena Marie Lobkowicz das Schloss. Sie heiratete 1642 Maxmilian Waldstein, und seitdem gehörte Dux, das später im Barockstil umgebaut wurde, bis in die zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts der Familie Waldstein.

Unseren Rundgang auf den Spuren von Giacomo Casanova werden wir in zwei Wochen fortsetzen. Dabei führen wir Sie durch die wohl berühmtesten Räumlichkeiten des Schlosses, die sich im so genannten "Casanova-Flügel" befinden.