Schloss Štěkeň: Auf Losinthals und Klostermanns Spuren

Schloss Štěkeň (Foto: Schlossarchiv)

Am linken Ufer des Flusses Otava unweit der Stadt Strakonice liegt Štěkeň. Die dominanteste Sehenswürdigkeit der Gemeinde stellt ein Barockschloss dar, das im 17. Jahrhundert erbaut wurde. Das Schloss wechselte mehrmals seine Besitzer, bis sich 1921 ein Frauenorden einrichtete, der heutzutage Congregatio Jesu genannt wird, und dort eine Internatschule für Mädchen etablierte. Während des Kommunismus wurde in dem historischen Gebäude unter anderem ein Altersheim untergebracht. Das verwilderte Barockareal wurde 2001 an den Frauenorden zurückgegeben. Vor zwei Wochen haben wir Sie nach Štěkeň eingeladen und Sie mit der Geschichte des Schlosses bekannt gemacht.

Schloss Štěkeň  (Foto: Schlossarchiv)
Schon von der Straße ist das Barockschloss gut zu sehen, denn es steht auf einem Hügel. Rund um den ehemaligen Adeligensitz erstreckt sich ein englischer Park. In der ersten Etage des Schlosses, neben dem Kapelleneingang, wartet die Oberin des Ordens Terezie Vasilová:

„Die Schlossgänge sind mit Werken des Barockmalers Ignaz Raab geschmückt. Hier sieht man Bilder aus dem Leben des heiligen Aloisius von Gonzaga und in der zweiten Etage sind Darstellungen aus dem Leben des heiligen Stanislaus Kostka zu sehen. Die hiesige Kapelle ist dem heiligen Florian geweiht, da oben sieht man eine Freske mit Florian, der die Gemeinde beschützt. Das Tabernakel – also den Hostienschrein haben uns die Schwestern unseres Ordens aus Deutschland geschenkt. Dafür sind wir sehr dankbar. Das Geschenk erinnert uns immer an unsere Mitschwestern in Deutschland.“

Mary Ward  (Foto: Martina Schneibergová)
Von der Kapelle geht es in den ersten der Barocksäle, in den so genannten Biblischen Saal, der für Vorträge genutzt wird, wie die Oberin hinzufügt. Sie macht auf eine Büste aufmerksam, die die Gründerin des Ordens Mary Ward darstellt:

„Die Büste ist ein Werk des tschechischen Bildhauers Jaroslav Šindelář. Er stellte Mary Ward als Pilgerin dar und schenkte uns die Büste zum 400. Jahrestag der Entstehung unseres Ordens. Mary Ward ist zu Fuß durch Europa gepilgert, und besuchte 1628 übrigens auch Prag. Sie lebte in einer sehr unruhigen Zeit, aber es gelang ihr trotzdem ihre Gedanken zu verbreiten. Heutzutage wirken die Schwestern, die vor allem Lehrerinnen sind, fast in der ganzen Welt.“

Foto: Martina Schneibergová
Der heutige Biblische Saal wurde der Oberin zufolge früher, als im Schloss ein Seniorenheim untergebracht war, als großes Schlafzimmer genutzt. Ähnlich wie in den anderen Barocksälen sind auch hier noch die Spuren der unpassenden Umgestaltungen des Interieurs zu sehen, die hier vor etwa 40 Jahren durchgeführt wurden: so wurden beispielsweise die Barockkamine eingemauert, die ursprünglichen Türen wurde durch Türen aus Plattenbau ersetzt.

Im Großen Saal des Schlosses kann man noch eine Deckenmalerei bewundern, auf der das Wappen der Herren von Losinthal zu sehen ist. Terezie Vasilová macht auf die Initialen des Kaisers Ferdinand III. aufmerksam, die oben auf der Decke gezeichnet sind.

Johann Anton Losy
„Als der Kaiser gegen die Schweden kämpfte, brauchte er Hilfe. Johann Anton Losy war ein Kaufmann und stammte angeblich aus Südtirol. Es wird erzählt, dass er bei einem Erdrutsch um seine Familie und auch um das Eigentum kam. Er hatte aber nicht aufgegeben und ist wieder reich geworden. Dafür, dass sich Losy als Befehlshaber einer Freikompanie bei der Belagerung Prags durch Schweden bewährte, wurde er in den Adelsstand erhoben. Der Kaiser schenkte ihm die Herrschaft Štěkeň. An der Stelle, wo früher eine Festung stand, ließ Losy 1654 ein Schloss bauen. In seinem Wappen, das hier abgebildet ist, ist das Schild der Stadt Prag nicht zu übersehen, das an Losys Verdienste um die Verteidigung vor Schweden erinnert. Losys Sohn, der auch Johann Anton hieß, war einer der bekanntesten Lautenisten seiner Zeit, der über 200 Kompositionen schrieb. Aus diesem Grund wurde hier im Schloss vor einer Zeit ein Seminar für tschechische Lautenisten veranstaltet.“

Foto: Martina Schneibergová
Im Großen Saal wird jeden Sommer in Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung ein Musikfestival veranstaltet, das den Namen des renommierten Dirigenten, Chorleiters und Komponisten František Spilka trägt, der aus Štěkeň stammte.

Die Kenner des Böhmerwaldes haben einen besonderen Grund, um das Schloss zu besuchen. Denn in Štěkeň hatte der Böhmerwaldschriftsteller Karel Klostermann die letzten Jahre seines Lebens verbracht. Im Zimmer, wo der Literat wohnte, wurde inzwischen ein kleines Museum eingerichtet. Klostermann habe Štěkeň schon in seiner Kindheit besucht, sagt Terezie Vasilová:

„Klostermanns Vater war Leibarzt bei Fürst Windisch-Grätz, dem diese Herrschaft gehörte. Nach Štěkeň kehrte der Schriftsteller als Rentner wieder zurück. 1921 haben ihn die Ordensschwestern im Schloss untergebracht. Hier ist der Schriftsteller im Alter von 75 Jahren am 16. Juli 1923 gestorben. Wir haben hier einen Gedenksaal errichtet. Erhalten sind die Originalmöbel aus Klostermanns Zeit sowie viele seiner Bücher.“

Karel Klostermann
Im Klostermann-Saal sind hier zudem mehrere Gemälde mit Böhmerwaldthemen sowie Dokumente ausgestellt. Es gibt hier zudem Fotos von der Bestattung des Schriftstellers. Vom Bahnhof in Štěkeň wurde damals der Sarg nach Pilsen überführt. Bestattet wurde Klostermann auf dem St. Wenzel-Friedhof in Pilsen.

Das Schloss Štěkeň ist das ganze Jahr hindurch geöffnet. Das Schloss bietet auch eine Übernachtungsmöglichkeit für bis zu 100 Personen an.

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