Seit Mittwoch dieser Woche gilt eine gegenseitige Visa-Pflicht mit der Ukraine

Bereits im Februar haben die tschechische und die slowakische Regierung die Einführung der Visapflicht mit der Ukraine beschlossen. Die neue Maßnahme, von der sich der tschechische Innenminister Stanislav Gross einen Rückgang der Kriminalität und eine niedrigere Arbeitslosigkeit erhofft, trat am Mittwoch dieser Woche in Kraft. Mehr dazu von Daniela Kralova:

Wer einen ukrainischen Paß besitzt und am Mittwoch eine Stunde nach Mitternacht an der ukrainisch-slowakischen Grenze stand, ohne ein gültiges Visum für die Slowakei und für Tschechien zu besitzen, brauchte nicht mehr an eine Weiterreise nach Tschechien zu denken. An diesem Tag trat nämlich die gegenseitige Visapflicht in Kraft. Viele der Reisenden mußten kehrt machen und zum nächsten tschechischen Konsulat fahren. Selbst bei der ukrainischen Ehefrau eines Tschechen machten die slowakischen Zollbeamten keine Ausnahme und das Ehepaar mußte zurückkehren.

Dabei ist das Erlangen eines Visums für Tschechien keine einfache Angelegenheit. Die ukrainischen Bürgerinnen und Bürger müssen in der Hauptstadt Kiew zwei bis drei Tage in einer Schlange vor der tschechischen Botschaft verbringen. Das Interesse ist dabei so enorm, daß die Botschaft sogar ein neues Gebäude mieten mußte, um den Andrang bewältigen zu können. Das tschechische Außenministerium zieht deshalt eine Eröffnung neuer Konsulate in Lvov und Uzgorod in Erwägung. Das wäre zwar mit einem Kostenaufwand verbunden, würde aber die Situation erleichtern: Weniger Andrang in Kiew und kürzere Reisen der Antragssteller im zweitgrößten Land Europas.

Eine weitere Unannehmlichkeit erwartet viele der Ukrainer dann, nachdem sie den Antrag bereits abgegeben haben. Da nämlich die meisten von ihnen nur die kyrillische Schrift beherrschen, sind im Formular, das sie in lateinischer Schrift ausfüllen müssen, oft Fehler. Für die Menschen heißt es dann, ein neues Blatt zu nehmen und sich wieder ans Ende der Schlange zu stellen. Im Übrigen kostet ein Touristenvisum 1000 Kronen, was etwa 70% eines durchschnittlichen ukrainischen Monatslohns ausmacht. Und für eine längere Aufenthaltsgenehmigung müssen die Interessenten sogar das vierfache zahlen.

Die tschechische Regierung beschloss die neu eingeführte Maßnahme bereits im Februar. Innenminister Stanislav Gross begründete dies damit, daß dadurch die Kriminalität sinken würde und die Tschechen mehr Arbeitsglegenheit finden könnten. Viele Kritiker meinen jedoch, daß die neue Visapflicht genau das Gegenteil hervorrufen wird: Die ukrainische Mafia werde sich nämlich ihre Visa jenseits der Schlangen besorgen, und das wird wiederum zu mehr Korruption führen.

Auch das Argument, daß die Ukrainer den Einheimischen die Jobs wegnehmen, stimmt so nicht. Die meisten der etwa 200 000 Ukrainer, die derzeit laut inoffizieller Statistik in Tschechien leben, machen nämlich Jobs, über denen die Tschechen nur die Nase rümpfen. Sie arbeiten vorwiegend auf Baustellen als Hilfskräfte und ihre Löhne sind so gering, daß viele Tschechen unter solchen Bedingungen lieber zu Hause bleiben und von der Arbeitslosenhilfe leben. Die Arbeitgeber befürchten dennoch kaum einen Verlust der billigen Arbeitskräfte. Nach Meinung vieler von ihnen wird nämlich die Visapflicht die Zahlen der Einreisenden kaum senken können.

Autor: Daniela Kralova
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