Sportreport

Pardubitzer Steeplechase

Ahoi und herzlich willkommen zum Sportreport von Radio Prag. Am Mikrofon begrüßen Sie Olaf Barth und Lothar Martin.

In unserer heutigen Sendung begeben wir uns zunächst hoch zu Ross und danach aufs glatte Eis. Warum dieser Spagat zwischen zwei Sportarten, wie sie unterschiedlicher kaum sein können? Weil er genau das Pendel zwischen "himmelhoch jauchzend" und "zu Tode betrübt" charakterisiert, wie es für den Sport mehr als typisch ist. Und weil wir darüber hinaus Bericht erstatten wollen über den großartigen Erfolg eines deutschen Jockeys bei der Pardubitzer Steeplechase auf der einen Seite und den Rausschmiss des derzeit populärsten tschechischen Eishockeytrainers aus dem Gefüge der Nordamerikanischen Hockey League (NHL) auf der anderen Seite. Um welchen Sportler bzw. Trainer es sich dabei handelt, das erfahren Sie gleich.


Pardubitzer Steeplechase
Die Pardubitzer Steeplechase ist das älteste Pferdehindernisrennen Europas. Und das wohl schwerste dazu. Deshalb ist es nicht verwunderlich, das Jahr für Jahr immer wieder Jockeys und Pferdebesitzer alles dafür geben, um bei diesem Rennen starten zu können. Nicht anders auch in diesem Jahr, als der Parcour bereits zum 111. Male für Pferd und Reiter freigegeben wurde. Am Start waren auch sechs ausländische Pferde, von denen vor allem die beiden in Frankreich gezüchteten Anatole und Djeddah zu den Favoriten zählten. Doch keines dieser Pferde kam ins Ziel. Nein, es kam sogar noch schlimmer: für Anatole bedeutete der Sturz an der vorletzten Hürde sogar den Tod. Das schwer verletzte Tier musste eingeschläfert werden.

Freude des Gewinners Komarek
Doch nun zum Erfreulichen. Von Anbeginn an gab Jockey Zdenek Matysík seinem Pferd die Sporen. Und dieses Pferd war kein Geringeres als der dreimalige Steeplechase-Gewinner der letzten drei Jahre, der Hengst Peruán. Noch auf der Zielgeraden sah es so aus, als wenn Peruán das mit vier Millionen Kronen (ca. 230.000 Mark) dotierte Rennen erneut nach Hause bringen kann. Mit einem vierten Sieg in Folge wäre das Pferd aus dem Rennstall Zámrsk das erfolgreichste aller Zeiten bei der Großen Pardubitzer Steeplechase geworden. Doch da war ja noch der neunjährige Braune Chalco vom Rennstall Brezuvky, der vom deutschen Jockey Peter Gehm geritten wurde. Und tatsächlich - Gehm und Chalco schafften es, den Favoriten auf der Zielgerade um ein-und-eine-viertel-Länge zu distanzieren. Dabei ging es auf den letzten Metern im wahrsten Sinne des Wortes sehr eng zwischen beiden Pferden zu und der Besitzer des zweitplatzierten Peruán, Václav Bruna, legte auch sofort Protest bei der Rennkommission ein, da er das seinige Pferd vom Konkurrenten Gehm regelwidrig von der Bahn abgedrängt worden sah. Der überglückliche Deutsche Peter Gehm kommentierte das spannende Finish naturgemäß etwas anders:

Václav Bruna sah das jedoch nicht so, weshalb er nur zwei Tage nach dem von der Rennkommission abgewiesenen Protest Berufung beim Renngericht des Jockey Clubs der Tschechischen Republik und damit gegen die Wertung des Rennens eingelegt hat. All diese Unstimmigkeiten und "Nebengeräusche" taten der Freude des 31-jährigen Peter Gehm, der in Pardubice sein Debüt gegeben und es gleich erfolgreich abgeschlossen hatte, keinen Abbruch. Auf der Pressekonferenz nach dem Rennen äußerte er sich nicht nur gutgelaunt zum Sieg, sondern auch zur Bedeutung der Pardubitzer Steeplechase für jeden Vollblutjockey:


Wie eng Freud und Leid gerade im Sport beieinander liegen, das musste in diesen Tagen mit Ivan Hlinka einer der erfolgreichsten tschechischen Eishockeytrainer der Gegenwart erfahren. Zu Beginn der Saison 2000/2001 hatte der 51-jährige als zweiter Europäer mit den Pittsburgh Penguins ein Team der weltbesten Eishockey-Liga, der Nordamerikanischen Hockey League (NHL), übernommen. Hlinka war vom Besitzer der Pinguine, dem Weltstar Mario Lemieux geholt worden, weil ihm der Ruf eines charismatischen und überaus erfolgreichen Trainers vorausgeeilt war. Hlinka, als Spieler dreimaliger Weltmeister in den 70er Jahren, hatte die tschechischen Cracks als Coach 1998 zum fast schon legendären Olympiasieg in Nagano und ein Jahr später zum WM-Titel in Norwegen geführt. Das tschechische Eishockey erwies sich - auch dank der Arbeit von Hlinka - als das kreativste, modernste und erfolgreichste um die Jahrtausendwende. Und diesen Glanz wollten sich auch die Macher in Pittsburgh in "ihre Hütte", sprich: die Mellon Arena holen.

In der letzten Saison, als die Pinguine noch den Superstar, den Tschechen Jaromír Jágr in ihren Reihen hatten, schaffte es Hlinka auch, das mit Spielern aus sechs Nationen zusammen gestellte Team bis ins Finale der Ost-Konferenz zu führen. Dort mussten sich die Cracks um Jágr und den aufs Eis zurückgekehrten Lemieux dem späteren Stanley-Cup-Sieger New Jersey Devils geschlagen geben. Und auch Hlinka wurde ein Anteil am Erfolg zugesprochen. Doch vier Niederlagen in Folge zum Auftakt dieser Saison genügten, und Manager Craig Patrick stellte Hlinka den Stuhl vor die Tür. Die meistgehörte Begründung für den Rauswurf war, dass Hlinka der englischen Sprache nicht mächtig sei und so nie so recht den Draht zu den Spielern gefunden habe. Ein Vorbehalt, der auch von den fünf im Team verbliebenen Tschechen bestätigt wurde. Doch der Verkauf von Jágr nach Washington und andere schwer nachvollziehbare Entscheidungen des Managements hatten wohl eher finanzielle Hintergründe, denn sportliche.

So ist Hlinka vorerst wieder auf dem Boden den Tatsachen angelangt. Aber der grauhaarige "Beckenbauer des tschechischen Eishockeys" fällt weich, denn in der Heimat ist und bleibt sein Können unbestritten. Deshalb bleibt ihm auch die Funktion als Generalmanager der tschechischen Auswahl, die im Februar 2002 in Salt Lake City ihren Olympiasieg verteidigen will, erhalten. An seinen Kompetenzen werde sich auch nichts ändern, wie der Chef des tschechischen Eishockeyverbandes, Karel Gut, bestätigte: "Es ist ein Kollektiv von Leuten, die zugleich befreundet sind - Ivan Hlinka, Josef Augusta und die anderen. So kann ich nicht sagen, wie sie sich die Arbeit untereinander aufteilen werden. Aber Ivan Hlinka ist der Generalmanager des Olympiateams, und daran wird sich nichts ändern."

Autoren: Lothar Martin , Olaf Barth
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