Sportreport
Ahoi und herzlich willkommen zum Sportreport von Radio Prag. Am Mikrofon begrüßen Sie Jitka Mládková und Lothar Martin.
Im Dortmunder Westfalenstadion steigt am Donnerstagabend das Viertelfinalrückspiel im UEFA Cup zwischen den Fußballern der heimischen Borussia und der tschechischen Gastmannschaft von Slovan Liberec. Für den Tabellenzweiten der deutschen Bundesliga ist ein Sieg und damit das Erreichen der Vorschlussrunde Pflicht, für die Kicker aus der Stadt unter dem Jeschken wäre der Einzug ins Halbfinale ein gerade sensationeller Erfolg. So weit wie die Sichtweisen über Anspruch und Realität zwischen beiden Klubs auseinander liegen, so unterschiedlich sind auch Spielerkader und die finanziellen Möglichkeiten zwischen beiden Teams. Umso höher sind die in dieser Saison von den Nordböhmen gezeigten Leistungen einzustufen. Ein Grund mehr für uns, Sie mit einer Nachbetrachtung vom Hinspiel, dass am vergangenen Donnerstag in Prag ausgetragen wurde und 0:0 ausging, auf die entscheidende Partie in Dortmund einzustimmen. Und so ganz nebenbei werden Sie auch mehr über die Hintergründe für den bisherigen Siegeszug der Schützlinge von Trainer Ladislav Skorpil erfahren. Also bleiben Sie dran!
... ja, mit ihren Anfeuerungschören machten die stimmgewaltigen Zuschauer aus Liberec/Reichenberg im Hinspiel auch den Dortmundern klar, dass sie nicht gegen Olympique Lyon, Real Mallorca oder Celta Vigo, sondern eben gegen jene tschechischen Nobodys spielen, die die gerade aufgezählten Spitzenteams aus Frankreich und Spanien in den vorangegangenen Runden des UEFA Cups ausgeschaltet hatten. Und das in einer beeindruckenden Art und Weise, wenn man nur noch einmal die Höhe der Heimsiege in Erinnerung ruft: 4:0 über Celta Vigo, 3:1 gegen Mallorca und 4:1 gegen Lyon. In der letztgenannten Begegnung mussten die Reichenberger sogar auf ihr tatsächliches Heimrecht verzichten, da die UEFA ihre Anlage - das erst letzten Sommer von 6800 auf eine Kapazität von 10500 Zuschauern aufgestockte Stadion "U Nisy" (zu deutsch: An der Neiße) - für unbespielbar erklärt hatte. Gleiches galt leider auch für das erste Duell mit den Dortmundern, das wie die Partie gegen Lyon nach Prag verlegt und im dortigen Sparta-Stadion ausgetragen wurde.
Mit über 80 Autobussen war der Großteil der Reichenberger Fans erneut in die rund 100 km entfernte Landesmetropole gefahren, um die eigene Mannschaft zu unterstützen. Und sie wurden von ihren Lieblingen, die eine beherzte Partie boten, auch nicht enttäuscht. Das einzige, was fehlte, war ein Tor, und damit der verdiente Sieg für das spielbestimmende Slovan-Team. Wie das torlose 0:0 letztlich zustande kam, dazu eine Rückblende in das von Lothar kommentierte Spielfazit:
Um das Rückspiel in Dortmund drehten sich dann auch die meisten Gedanken beider Trainer und der Spieler nach dem Abpfiff. BVB-Coach Matthias Sammer, der seine Mannschaft taktisch gut auf den Gegner eingestellt hatte, hob dabei noch einmal die international gewachsene Stärke der Nordböhmen hervor:
Slovan-Trainer Skorpil, der seinem Team eine gute Vorstellung bescheinigte und nur das Ergebnis monierte, sagte zu den Chancen für die Zweitauflage: "Das Ergebnis von 0:0 lässt für das Rückspiel alles offen. Aus mathematischer Sicht gibt es uns die Hoffnung, dass wir zum Beispiel bei einem Remis von 1:1 weiterkommen würden. Und wir dürfen uns freuen darüber, dass wir damit sicher auch für ein volles Westfalenstadion gesorgt haben."
Wegen der Unterstützung durch ihre riesige Anhängerschaft sieht Skorpil nun auch leichte Vorteile auf der Dortmunder Seite. Um diese Vorteile aber auch ausnutzen zu können, wird sich der Favorit jedoch vor allem spielerisch steigern müssen, wie Radio Prag gegenüber auch BVB-Verteidiger Christoph Metzelder zu verstehen gab:
Ein interessanter Gesichtspunkt der Prager Begegnung war das Auftreten der beiden tschechischen Nationalspieler in den Reihen der Dortmunder, Jan Koller und Tomas Rosický, in ihrer angestammten Heimat. Besonders für den 21-jährigen Rosický, der bei Sparta Prag zum Klassekicker herangewachsen ist und das Stadion daher wie seine Westentasche kennt, war es eine Rückkehr der besonderen Art. Aber dessen Freude hielt sich in Grenzen, da die Zuschauer aus Liberec ihn doch schon als Gegner wahrnahmen, und zwar so:
Auch für das Rückspiel legen Sammer und Co. wieder große Hoffnungen in ihre böhmischen Legionäre Koller und Rosický, das Team von Slovan Liberec hingegen setzt wieder auf seine Kampfkraft und Geschlossenheit. Und selbst bei einer Niederlage und dem damit verbundenen Ausscheiden werden die Nordböhmen auch diesmal den Platz als Gewinner verlassen. Denn die Gesamteinnahmen aus der Fernsehübertragung, an der der FC Slovan beteiligt wird, beziffert Borussen-Manager Michael Meier auf mindestens drei Millionen Euro. Das sind 0,7 Millionen mehr, als der Etat von Slovan Liberec in dieser Saison ausmacht. Zum Vergleich: Allein für den Kauf von Tomás Rosický zahlten die Dortmunder vor Jahresfrist 14,5 Millionen Euro.
Angesichts dieser Zahlen wird deutlich, dass schon das Vordringen des tschechischen Davids ins UEFA-Cup-Viertelfinale Riesenanerkennung verdient. Und sollte nach den Spaniern und Franzosen nun auch noch der deutsche Goliath aus Dortmund aus dem Wettbewerb geworfen werden, dann wird man die Nobodys aus Liberec auch in ganz Deutschland entsprechend kennen. Ganz zu schweigen davon, dass deutsche Reporter dann noch lernen müssen, die nordböhmische Stadt Liberec weder als "Liberetsch" noch als "Liberek" zu bezeichnen. Im Sinne der geplanten EU-Erweiterung kann dahingehend schon einmal geübt werden.