StB-Akten werden veröffentlicht
Am Donnerstag war es endlich so weit: Staatspräsident Vaclav Havel unterzeichnete das Gesetz über den Zugang zu den Akten des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes. Olaf Barth berichtet.
Ein jahrelanger Streit ist damit zu Ende gegangen. Und das nur eine Woche nachdem der Senat das Gesetz verabschiedet hatte. Die rasche Unterschrift des Präsidenten stellt im gewissen Sinne eine Überraschung dar, da sich Havel in der Vergangenheit stets gegen die freie Zugänglichkeit der Dokumente ausgesprochen hatte. Auch diesmal machte er aus seiner Skepsis keinen Hehl und warnte vor zahlreichen Gefahren. Der Schutz der demokratischen Grundwerte sei laut Havel aber ohne einen Ausgleich mit der Vergangenheit kaum denkbar, die müsse man aber schließlich erst einmal kennen lernen:
"In diesem Zusammenhang sehe ich auch das Gesetz über den Zugang zu den Akten des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes, das sich aus einer Senatsinitiative heraus entwickelt hat. Obwohl ich mir der Gefahren bewusst bin, die mit der Veröffentlichung der Unterlagen einhergehen, habe ich das Gesetz deshalb heute unterzeichnet",
erklärte der Staatspräsident am Donnerstag vor den tschechischen Senatoren.
Zu den bisher geheimen Dokumenten aus den Archiven des Staatssicherheitsdienstes wird also schon bald ein jeder Bürger Zugang haben. Er braucht lediglich beim Innenministerium um Akteneinsicht zu ersuchen. Die Behörden sind nun gesetzmäßig verpflichtet, die verlangten Papiere innerhalb von 90 Tagen vorzulegen. Im Laufe des nächsten Jahres soll zudem eine Liste aller Mitarbeiter und Helfershelfer des Staatssicherheitsdienstes veröffentlicht werden.
Ob es dann zu dem von Vaclav Havel einst an die Wand gemalten Horrorszenario kommt, dass sich nämlich die Kinder ihrer Eltern schämen, Familien auseinanderfallen und die Menschen hierzulande mit den auf diese Weise Denunzierten umspringen wie mit räudigen Hunden, das wird sich also schon bald herausstellen.