Tschechiens Tennisspieler melden sich zurück - die Breitensportler melden sich zu Wort

Tomas Berdych (links) und Martin Damm (Foto: CTK)

Tennis und Radsport, das sind zwei Sportarten, die in Tschechien schon so manches Wellental durchlaufen haben. Wo sie derzeit stehen, darüber berichtet Lothar Martin im nun folgenden Sportreport, in dem Sie außerdem erfahren, wie sich hierzulande Schülerinnen und Schüler, Erwachsene und Rentner auf zwei große Breitensportveranstaltungen vorbereiten.

Die Tops und Flops der tschechischen Sportwoche

Tomas Berdych  (links) und Martin Damm  (Foto: CTK)
Die tschechischen Tennisspieler melden sich zurück! Und zwar in der so genannten Weltgruppe des Davis Cups, in der die 16 besten Länderteams im Herrentennis um die begehrte Mannschaftstrophäe kämpfen. Nach ihrem erstmaligen Abstieg im vorigen Jahr in die erste Gruppe der Europa-Afrika-Zone konnten sie sich in dieser Saison die Teilnahme am "Konzert der Großen" zurückerobern. Das wurde möglich durch einen glatten 5:0-Erfolg im April in Oudja gegen Gastgeber Marokko und durch einen nicht minder eindrucksvollen 4:1-Auswärtssieg am vergangenen Wochenende in Leiden gegen die Niederlande. Das Relegationsduell mit den "Oranjes" war gleichzeitig die gelungene Premiere von Jaroslav Navratil als Kapitän des tschechischen Davis Cup-Teams. Und als solcher konnte er am Sonntagnachmittag auch ein sehr zufrieden stellendes Resümee über die Vorstellung seiner Equipe mit Tomas Berdych, Jiri Novak, Doppelspieler Martin Damm und Ersatzmann Jan Hernych ziehen:

"Ich denke, dass die Spieler mit einer Ausnahme ihr Maximum geboten haben. Es ist nicht leicht, den ganzen Freitag und den Samstagnachmittag nur auf der Bank zu sitzen und lediglich mitfiebern zu können. Aber wir haben unsere Pflicht erfüllt und werden nun abwarten, auf wen wir im nächsten Jahr zuerst treffen werden. Ich hoffe dabei auf ein angenehmes Los, damit unsere Chancen steigen, und wir nicht wieder in die Relegation müssen."

Und für die nächste Aufgabe hofft der Teamkapitän dann auch wieder mit der Rückkehr des verletzten Radek Stepanek:

"Meiner Meinung nach hat das Team Potenzial. Das Wichtigste ist für mich aber, ob Radek Stepanek seine Verletzung auskuriert und in die Mannschaft zurückkommt. Ich denke nämlich, mit Stepanek und Tomas Berdych im Einzel sowie mit Martin Damm im Doppel hätten wir ein sehr starkes Team."

Von einem erneuten Erstarken seiner Elite kann der tschechische Radrennsport dagegen zurzeit nur träumen. Im Gegenteil: Nachdem mit Jan Svorada der mit Abstand beste Straßensprinter des Landes vor zehn Tagen beim Klassiker Prag - Karlsbad - Prag sein letztes Rennen absolvierte, wird nun mit Lubor Tesar ein weiterer Spitzenfahrer der 90er Jahre seine aktive Laufbahn beenden. Der unter den Pedaleuren seiner Zunft beliebte Radprofi aus Plzen / Pilsen wird sich am Donnerstag mit einem Einladungsrennen in seiner Heimatstadt von seinen Fans verabschieden. Neben nahezu allen einheimischen Topfahrern werden bei diesem Rennen auch Radsportler aus Deutschland, Österreich und der Slowakei an den Start gehen, darunter ein Großaufgebot des deutschen Rennstalls Wiesenhof-Akud. Das sei eine schöne Geste seines aktuellen Teams, in dem er sich in seiner Karriere letztlich am wohlsten fühlte:

"Ich habe mich in jeder Mannschaft gut gefühlt, denn ich denke, dass ich kein problematischer Zeitgenosse bin. Aber bei Wiesenhof-Akud kam hinzu, dass hier alles auf einer sehr professionellen Basis abläuft und einem gleichzeitig eine große Kameradschaft entgegenschlägt. In diesem Team ist wirklich jeder auch für den anderen da. Und die Tatsache, dass zu meinem Abschiedsrennen nahezu das gesamte Team dabei sein wird, ist ein Beweis dafür, dass die freundschaftlichen Beziehungen hier tatsächlich funktionieren."

Lubor Tesar, der mit dem Gewinn der Bronzemedaille bei der WM 1993 seinen größten Erfolg landete, ist in seiner Profikarriere für acht Mannschaften gestartet. Insgesamt hat er 24 Jahre aktiven Sporttreibens im Rennsattel auf dem Buckel, so dass sein Abschied vorhersehbar war. Der Vermutung aber, seine Laufbahn gerade jetzt wegen der im Radsport kursierenden vielen Dopingaffären beenden zu wollen, tritt Tesar energisch entgegen:

"Nein, die Entscheidung, meine Karriere nach dieser Saison zu beenden, habe ich Gott sei dank schon im Frühjahr getroffen. Ich habe das damals auch öffentlich kundgetan. Daher hoffe ich, dass mich diesbezüglich niemand mit Doping in Verbindung bringt. Darüber würde ich mich nicht sehr freuen."

Das kann man Lubor Tesar auch nicht verdenken, der andererseits nicht verstehen kann, dass der Radsport in punkto Doping so gezielt verfolgt wird, während diese Problematik in anderen Sportarten eher oberflächlich behandelt wird. Lubor Tesar hat sich in seiner Karriere neben den einheimischen Fahrern besonders mit den Profis aus Deutschland und Österreich sehr gut verstanden, darunter mit Erik Zabel und Jens Voigt. Deshalb bedauert er, dass mit Jan Ullrich der wohl populärste deutsche Radfahrer der Gegenwart offensichtlich auch in den vor der Tour de France publik gewordenen Dopingskandal verstrickt ist.

Die SPORT- Reportage

Immer wieder berichten auch wir in erster Linie über die Leistungen und Ergebnisse im Spitzensport. Doch ebenso topp und lobenswert ist auch das, was derzeit im tschechischen Schüler- und Breitensport auf dem Programm steht. In diesen Tagen werden nämlich zum jeweils 15. Male die Wettbewerbe in der so genannten Zatopek-Staffel und der nationale Städtevergleich im Schwimmen ausgetragen. Während die Laufkonkurrenzen in der Zatopek-Staffel ausschließlich den Schülerinnen und Schülern der Grund- und Mittelschulen vorbehalten sind, so können beim großen Schwimmtag, der in diesem Jahr am 4. Oktober stattfindet, Jung und Alt von den Kindern des Vorschulalters bis hin zu den Rentnern teilnehmen. Ihre einzige Aufgabe besteht darin, je nach Belieben 100 Meter zu kraulen oder aber in der Brust- oder Rückenlage zu absolvieren. In einem für den Wettbewerb angemeldeten Schwimmbad der jeweiligen Teilnehmerstadt werden die besten 500 Leistungen - nach einem auf Alter und Geschlecht angepassten Punktsystem - addiert, so dass am Abend des 4. Oktobers feststeht, wo denn die besten Schwimmer des Landes zu Hause sind. Die Europameisterin von 2004 über die 50-m-Rückenstrecke der Damen und fünffache Kurzbahn-Europameisterin über 50 und 100 Rücken, die 29-jährige Ilona Hlavackova, hat über diesen Wettbewerb die Schirmherrschaft übernommen. Nach ihrer im Vorjahr beendeten aktiven Karriere arbeitet sie seit einem halben Jahr an einer Sportschule in Plzen / Pilsen, wo sie Kinder und Jugendlichen das Einmaleins der Fortbewegung im Wasser beibringt. Nicht zuletzt aus dieser noch neuen Erfahrung weiß sie, dass es heutzutage gar nicht so einfach ist, Sieben- bis 15-Jährige für eine sportliche Betätigung zu gewinnen:

"Durch meine halbjährige Praxis an der Sportschule habe ich festgestellt, dass die Jugendlichen den Sport zwar nicht verachten, ihn aber viel lieber als passiver Zuschauer vor dem Fernsehen verfolgen, als ihn selbst zu treiben. Diesbezüglich haben die Kids heutzutage leider jede Menge anderer Möglichkeiten, sich zu vergnügen. Und der heutige Lebensstil ist in erster Linie auf Bequemlichkeit ausgerichtet. Da auch die Eltern mehr und mehr versuchen, ihren Kindern das Dasein so bequem als möglich zu machen, sind diese zu der Auffassung gelangt, dass der Sport zu einem solchen Leben nicht mehr dazugehört. Ich aber bin da anderer Meinung, denn der Sport hilft einem überall im Leben."

Außerdem hat Ilona Hlavackova festgestellt, dass sich die Kinder und Jugendlichen der Gegenwart nur noch widerwillig in sportlichen Wettkämpfen messen. Ein Ergebnis der Spaßgesellschaft? Oder die Angst vor dem Versagen in einer immer stärker nach "Winnern" und "Losern" aufgeteilten Welt? Illona Hlavackova hat unsere Vermutungen bestätigt:

"Ja, es ist so, dass Kinder eine gewisse Angst vor der Niederlage haben und sich deshalb zieren, an Wettkämpfen teilzunehmen. Ich habe zum Beispiel die Mädchen meiner Sportklasse, die den sportlichen Wettstreit ablehnen, gefragt: Und warum wollt ihr das nicht? Sie antworteten mir: Weil wir dann die Letzten sind und alle über uns lachen. Ich glaube, daran ist zu sehen, dass das olympische Motto, ´Nicht der Sieg, sondern die Teilnahme zählt´, leider nicht mehr im Vordergrund steht. Denn gezeigt werden immer nur die Sieger."

Deshalb wünscht sich Ilona Hlavackova auch sehr, dass gerade die Medien nicht immer nur den Stars und Sternchen des Sporthimmels ihre Aufwartung machen, sondern auch über die berichten, die Sport vor allem aus Freude und zur besseren Bewahrung von Fitness und Gesundheit betreiben. Wir hoffen, dazu heute einen kleinen Beitrag geleistet zu haben.

Autor: Lothar Martin
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