Tschechische Präsidentenwahl im Lichte der Außenpolitik

Die vorerst fehlgeschlagene Wahl eines neuen tschechischen Staatsoberhauptes durch die Mitglieder beider Parlamentskammern ist in erster Linie von innenpolitischer Bedeutung. Doch wer schließlich Vaclav Havel als Präsident nachfolgen wird, das wird auch für die außenpolitischen Beziehungen Tschechiens nicht unwesentlich sein. Gerald Schubert holte auf der Prager Burg Meinungen über die außenpolitische Bedeutung der Präsidentenwahl ein:

Präsidentenflagge auf der Prager Burg
Auch, wenn am Mittwoch noch kein neuer Präsident gewählt wurde - eines steht jetzt schon fest: Der Nachfolger von Vaclav Havel wird es in manchen Punkte recht schwer haben, in dessen Fußstapfen zu treten. Zu diesen Punkten gehört unter anderem die tschechische Außenpolitik. Denn wie kaum ein anderer genießt Havel vor allem im Ausland enorm hohes Ansehen und gilt dort beinahe als Verkörperung der politischen Integrität in einer Zeit des stürmischen Umschwungs und des schwierigen Demokratisierungsprozesses.

Am Rande der Abstimmung hat Radio Prag zwei Damen aus dem Abgeordnetenhauses danach gefragt, wie sie die außenpolitische Bedeutung jener Präsidentenwahlen einschätzen. Hana Marvanova, sie ist liberale Parlamentsabgeordnete und ehemalige Vizevorsitzende des Unterhauses, meinte dazu:

"Der Präsident der Republik ist der bedeutendste Repräsentant des Staates in der Welt. Also hängt für das Bild der Tschechischen Republik im Ausland viel davon ab, wen wir schließlich wählen werden. Ob es dem Bild entsprechen wird, an dessen Entstehung bis jetzt Vaclav Havel in hohem Maßen beteiligt war."

Ob es also für den neuen Präsidenten schwer sein wird, an genau jenem Bild anzusetzen? Marvanova:

"Schwer wird es sicher. Denn ich glaube, der größte Beitrag, den Havel geleistet hat, dass er eine europaweit und weltweit wahrgenommene Persönlichkeit und eine bedeutende Autorität war. Dieser hoch gelegten Latte gerecht zu werden, das wird für jeden Nachfolger schwierig sein."

Die Partei von Hana Marvanova, die liberale Freiheitsunion also, hat bei der Wahl keinen eigenen Kandidaten aufgestellt, sondern offen den Christdemokraten Petr Pithart unterstützt. Kommen wir nun zur Partei des anderen Kandidaten, der es am Mittwoch in die zweite und in die dritte Runde schaffte: Die demokratische Bürgerpartei ODS von Expremier Vaclav Klaus. Letzterer galt ja immer als Rivale von Vaclav Havel. Eine hohe Repräsentantin der Partei ist die derzeitige Vizepräsidentin der Abgeordnetenkammer, Miroslava Nemcova. Welche Bedeutung hat die Wahl ihrer Meinung nach in außenpolitischer Hinsicht?

"Ich glaube, eine sehr große. Und als sich die Kandidaten heute vorgestellt haben, da hat Vaclav Klaus seine Haltung gegenüber der Europäischen Union eindeutig definiert. Es war dies ein klares Wort, das über seine Absichten bei der Vorbereitung des EU-Referendums keinen Zweifel ließ. Ich glaube, auf diese Aussage hat man gewartet. Und ich glaube, dies hilft nun sowohl innenpolitisch als auch den Menschen, die jenseits unserer Grenzen leben, den Mitgliedern der Europäischen Union, sich darin zu orientieren, wie die größte Oppositionspartei sich an dem Beitrittsprozess beteiligen will. Das ist meiner Meinung nach ein sehr ernsthaftes und grundsätzliches Signal."

In der von Nemcova angesprochenen Rede hat Klaus allerdings auch gemeint, er fände es besser, wenn bei einer - Zitat - "linken Regierung" nicht auch ein "linker Präsident" auf die Prager Burg einziehe. Und zwar gerade, um in der Frage der Vorbereitung auf das EU-Referendum keine Polarisierung in der Gesellschaft aufkommen zu lassen. Da die Regierungsparteien alle klar für einen EU-Beitritt sind, könnte das paradoxerweise auch bedeuten: Gerade der als EU-Kritiker bekannte Klaus sieht sich, wäre er Präsident, als Garant für eine positive EU-Stimmung. Und wäre das so gemeint, dann würde darin wohl auch die Drohung enthalten sein, andernfalls in die entgegengesetzte Richtung arbeiten zu wollen.