Tschechischer Ratspräsident: EU-Gipfel soll Krisenmanagement auf höchster Ebene bringen

Am kommenden Sonntag findet in Brüssel ein außerordentlicher EU-Gipfel statt. Das Thema: die Finanz- und Wirtschaftskrise. Welchen Weg können die EU-Länder finden, um weiter an einem Strang zu ziehen? Christian Rühmkorf hat zum Programm des Gipfels Jiří František Potužník, den Sprecher der tschechischen Ratspräsidentschaft, befragt.

Am 19./20. März findet der regelmäßige EU-Gipfel in Brüssel statt. Er soll unter anderem die nationalen Maßnahmen der einzelnen Staaten gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise auf europäischer Ebene zu koordinieren und harmonisieren. Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft hat aber auch zu einem außerordentlichen Gipfel in Brüssel geladen, der jetzt am Sonntag stattfindet. Herr Potužník, ist so ein vorgeschalteter Gipfel mit einer ähnlichen Agenda nötig?

„Für die tschechische Ratspräsidentschaft, die diesen Gipfel in Absprache mit der Europäischen Kommission und weiteren EU-Ländern anberaumt hat, ist die gegenwärtige Wirtschaftkrise mit ihren sichtbaren Folgen sehr ernst. Und nach Ansicht des tschechischen Premiers und Ratsvorsitzenden Mirek Topolánek ist es nötig, dass sich die Mitgliedsländer auf höchster Ebene einigen und beschließen, dass sie gemeinsam und koordiniert der Krise begegnen. Das heißt im Einklang mit den Regeln des europäischen Binnenmarktes und dem Wachstums- und Stabilitätspakt. Das Tempo der Krisenentwicklung ist so hoch, dass zwei Wochen ohne Einigung schon ausreichen, dass sich die Situation – auch durch Alleingänge einzelner Länder – noch verschlechtern könnte. Man befürchtet einfach, dass die Regeln des gemeinsamen Binnemarktes, des fairen Wettbewerbs und des Wachstums- und Stabilitätspaktes gelockert werden.“

Was erwartet die tschechische Ratspräsidentschaft vom EU-Gipfel, welche Ziele will sie am Sonntag konkret erreichen?

„Die Ziele betreffen drei Bereiche: Es geht um den Finanzsektor, wo die Krise ja auch ihren Ausgangspunkt hatte. Es geht dem tschechische EU-Vorsitz darum, den Kreditfluss wieder in Gang zu bekommen und die Banken von den giftigen Aktiva zu befreien. Auch die Aufsicht über den Finanzsektor soll verbessert werden und zwar im globalen Rahmen. Zweitens soll ein Weg gefunden werden, wie die nationalen Maßnahmen der einzelnen Länder mit dem europäischen Erneuerungsplan abgestimmt werden können. Stichwort: Automobilbranche. Dabei darf es auf dem europäischen Markt nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommen. Und nicht zuletzt geht es darum, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten. Das Thema ist dem tschechischen EU-Vorsitz so wichtig, dass sich neben dem Frühjahrsgipfel noch ein weiterer Gipfel im Mai damit befassen wird.“

Herr Potužník, Polen hat in dieser Woche eine Initiative der mittelosteuropäischen und baltischen Länder ins Rollen gebracht. Sie wollen gemeinsam gegen Protektionismus vorgehen. Die Regierungschefs – unter ihnen auch Topolánek – treffen sich noch direkt vor Beginn des Gipfels am Sonntag. Was soll da vorbereitet werden?

„Es geht darum, dass die Standpunkte der einzelnen Länder geklärt werden, damit sie dann im Rahmen des Rates auch eine gemeinsame Position vertreten können. Auf dem Treffen soll auch geklärt werden, welche Forderungen dieser Länder alle betreffen und welche sie für sich allein angehen müssen.“