Umberto Eco wurde in Prag von Dagmar und Vaclav Havel ausgezeichnet

Vaclav Havel

Am Donnerstag erhielt im Prager Gemeindehaus der berühmte Schriftsteller und Semiotiker Umberto Eco den Preis der Stiftung Vize 97, Vision 97, die vom tschechischen Präsidentenpaar Dagmar und Vaclav Havel ins Leben gerufen wurde und alljährlich eine Person auszeichnen will, die sich besonders um die "grundsätzlichen Fragen der menschlichen Existenz" verdient gemacht hat. Eco habe mit seinem Werk dazu beigetragen, Wissenschaft als nicht wegzudenkenden Teil der allgemeinen Kultur zu verstehen, begründete die Stiftung ihre Wahl. Eco beschäftigt sich seit seinem Universitätsstudium einerseits mit dem Mittelalter, was ihm den Romanerfolg "Der Name der Rose" bescherte, aber anderseits auch mit der Semiotik, der Zeichenlehre. In seiner Ansprache zur Verleihungsfeier wies Präsident Havel auf den legendären Prager linguistischen Kreis und auf die Vorläufer der semiotischen Wissenschaft hin:

Vaclav Havel
"Werte Freunde, ich halte es für wunderbar, dass sich mit dem heutigen Tag in diesem Augenblick ein aussergewöhnlicher Kreis schliesst. Hier in Prag begann nämlich anno dazumal die Arbeit des Prager linguistischen Kreises, dessen Tätigkeit Eco selbst als die Wiege seiner Disziplin, der Semiotik sieht. Und hier in Prag wird jetzt der bedeutendste Semiotiker der Gegenwart geehrt. Die Lebensgeschichte der Mitglieder des Prager linguistischen Kreises ist zudem eine einmalige Aussage über das 20. Jahrhundert. Die, welche Zeichen untersuchten sind selber eindrückliche Zeichen geworden. Das ist Umberto sicher nicht entgangen."

Entgehen konnten Umberto Eco auch nicht die Schönheiten der Stadt, die er in zahlreichen Interviews in tschechischen Medien pries. Besonders in Erinnerung war ihm der Prager Frühling 1968, als er in einem Kaffe auf dem Wenzelsplatz sitzend plötzlich die russischen Panzer einfahren sah, der Kellner die Markise hochzog und Eco das Land fluchtartig verlies. Auf einer Pressekonferenz sprach sich Eco dafür aus, dass man Prag als Kulturstadt nicht sentimentalisieren sollte und zeigte sich den magischen Werten und Legendenbildungen rund um die tschechische Metropole gegenüber skeptisch.

Dagmar Havlova
"Ich möchte sagen, dass mich diese Legende, des magischen okkulten Prags nicht sehr interessiert. Die Grösse und das Ausserordentliche an Prag gehen sagen wir mal über diesen Golemmythos hinaus. Es genügt, wenn man beispielsweise an die Person Rudolf II denkt und die ganze Kultur die um seinen Hof aufblühte, an den Maler Arcimboldo, um festzustellen, dass Prags Grösse weiter reicht, als nur bis zu dieser Mythisierung. Eine Persönlichkeit die mich hingegen sehr fasziniert ist Johann Amos Comenius. Der war viel intelligenter als Golem."

Vaclav und Dagmar Havel überreichten Umberto Eco einen stilisierten Stab des Hl. Adalbert von Prag, des Sv. Vojtech und zu Ehren des Preisträgers wurde eines seiner Lieblingskompositionen eingespielt in cerca di cibo, zu deutsch: "Auf der Suche nach Essen", bevor sich die Gäste zu einem Glas Wein aufmachten.