Weihnachtsbotschaft: Präsident Zeman zieht Bilanz seiner Arbeit
Der tschechische Staatspräsident Miloš Zeman überraschte die Nation vor den Feiertagen: Er erklärte, keine Neujahrsansprache zu halten. Zeman wollte stattdessen an eine Tradition der Ersten Tschechoslowakischen Republik anknüpfen und am zweiten Weihnachtsfeiertag eine Botschaft an seine Mitbürger schicken.
„In der weihnachtlichen Behaglichkeit bilanzieren wir in Ruhe und Frieden das vergangene Jahr und ergründen, was uns gelungen ist und was nicht.“
Und genau das machte Zeman dann auch: Er zählte jene Versprechen auf, die er seinen Wählern im vergangenen Jahr gemacht hatte und sinnierte, wie er diese Versprechen erfüllt habe. Der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, der Sozialdemokrat Jan Hamáček, versuchte, die Rede einzuordnen:
„Meiner Meinung nach war seine Rede keine Weihnachtsbotschaft, es war eher ein Bericht über die Amtsführung des Präsidenten. Ich muss sagen, dass die Rede in dieser Form nicht besonders in die weihnachtliche Atmosphäre passte.“Eine der größten Tageszeitungen des Landes, die „Lidové noviny“, machte am Freitag mit einem Kommentar auf, in dem die Rede des Staatspräsidenten ungewöhnlich deutlich kritisiert wurde. Der Chefredakteur bezeichnete sie als schwächste Ansprache eines Präsidenten seit 1990, weil Zeman nur über sich selbst und über seine Versprechen referiert habe. Auch der Abgeordnete der Partei Top 09, Stanislav Polčák, zeigte sich enttäuscht:
„Wir waren es bisher stets gewöhnt, dass der Staatspräsident etwas über Dinge sagt, die die Gesellschaft wirklich interessieren, worüber die Menschen nachdenken sollten und in welche Richtung der Weg künftig gehen soll. Diese Präsidentenansprache war aber leider eher eine Selbstverteidigung seiner in bestimmter Weise verfassungsfeindlichen Maßnahmen.“Soweit wollte Pavel Bělobrádek, der Vorsitzende der Christdemokraten und künftige Vizepremier, indes nicht gehen. Für ihn war ein anderer Aspekt wichtiger:
„Es ist interessant, dass der Präsident von der Neujahrsansprache zur Tradition der Ersten Republik und ihrer Weihnachtsbotschaften zurückgekehrt ist. Die Rede war kurz, sie war nicht zu politisch. Zeman hat einige Dinge bewertet und die von ihm eingesetzte Übergangsregierung gelobt. Insgesamt, so denke ich, war die Rede nicht allzu kontrovers.“Vor allem die Arbeit der Übergangsregierung von Jiří Rusnok verteidigte Zeman. Er hatte sie eingesetzt, obwohl die damalige Regierungskoalition eine knappe Mehrheit im Parlament hatte. Daher war die Reaktion von führenden Vertretern dieser Koalition auch entsprechend: Sowohl die ehemalige Abgeordnetenhauschefin Miroslava Němcová von den seinerzeit regierenden Bürgerdemokraten (ODS) als auch der ehemalige Finanzminister Miroslav Kalousek von der Partei Top 09 sagten, sie hätten sich die Ansprache gar nicht erst angesehen. Aber auch die Kommunisten waren nicht zufrieden, wie der Vorsitzende der Partei, Vojtěch Filip, bemerkte:
„Ich muss zwar sagen, dass ich die Umsetzung seiner Aufgaben und Versprechen schätze. Aber in der gesamten Rede fehlte mir doch ein Ausblick auf die Aufgaben im kommenden Jahr.“Tatsächlich verlor Zeman kein Wort über die neue Koalition und die Zusammensetzung der künftigen Regierung. Selbst seine Erwartungen an das neue Kabinett formulierte der Präsident nicht – immerhin wünschte er den Bürgern des Landes aber noch am Ende der Rede ein erfülltes Leben voller Freude und Glück.