Zu Jahresbeginn eingeführte Novelle zum Strafgesetz zeigt erste Wirkung
Noch vor Jahresfrist waren nach den Silvesterfeiern von 2000 auf 2001 dem hiesigen Blätterwald wiederholt Negativschlagzeilen über eine erhöhte Zahl an Diebstählen zu entnehmen. Besonders die in den böhmischen Gebirgen den Jahreswechsel feiernden Touristen aus Deutschland hatte es erwischt - einige standen zum Neujahrstag 2001 ohne Auto da. Die Titelseiten der Presse zum Auftakt des Jahres 2002 sehen da schon viel erfreulicher aus. Mit der Schlagzeile "Straftaten werden von den Gerichten schon blitzschnell geahndet" verweist die auflagenstärkste Tageszeitung "Mladá fronta Dnes" in ihrer Freitagausgabe dann auch auf den Grund der veränderten Situation. Seit dem 1. Januar dieses Jahres ist nämlich in Tschechien eine neue Novelle zum Strafgesetz in Kraft getreten. Mehr dazu von Lothar Martin.
Anderthalb Tage von der durchgeführten Straftat bis hin zur gerichtlichen Bestrafung dauerte die komplette Lösung eines Diebstahlfalles in der Hauptstadt Prag. Es ist das erste Mal in Tschechien, dass die Polizei und die Gerichte so schnell gehandelt haben - es wurde möglich durch die bereits erwähnte Novelle zum Strafgesetz, die sowohl Polizei und Richtern das Einschreiten und Handeln wesentlich erleichtert. Und so sah er aus, der erste gelöste Fall im Jahr 2002: Ein 16-jähriges Mädchen stiehlt in der zweiten Stunde des neuen Jahres im Prager Stadtzentrum ein Handy. Der Mann, dem sie es aus der Manteltasche entwendete, sah die Diebin, sie wird von der Polizei gestellt, vernommen und der Fall der Staatsanwaltschaft übergeben. Bereits am ersten Arbeitstag im neuen Jahr, am 2. Januar, kommt es zum Gerichtstermin, bei dem neben dem Bestohlenen und der Täterin auch die Eltern des Mädchens anwesend sind. Nach dem von Einsicht und Reue geprägten Schuldbekenntnis der Jugendlichen erhält das Diebstahlopfer sein Eigentum zurück, während das Gericht die Strafverfolgung mit der Auflage einer 18-monatigen Bewährungszeit einstellt. "Warum sollte der Fall einige Monate andauern, wenn das Ergebnis am Ende dasselbe ist. Nun haben wir geringere Gerichtskosten, und so spart auch der Staat," verwies die Vizevorsitzende des Amtsgerichts im Stadtteil Prag 1, Helena Králová, auf die Vorzüge der neuen Strafgesetzregelung. Und sie weis, wovon sie spricht. Nach der bis zum 31. Dezember vergangenen Jahres geltenden Rechtsordnung hätte sich das Gerichtsverfahren wegen des vergleichsweise bescheidenen Delikts über Monate hingezogen. Warum? Weil dem damaligen Strafgesetz zufolge auf das der Straftat beschuldigte Mädchen nacheinander mehrere Vernehmungen gewartet hätten: bei den Ermittlern, beim Staatsanwalt und vor Gericht. Nun ging und hoffentlich geht auch in Zukunft alles schneller vonstatten. Dann nämlich könnte die Tschechische Republik auch auf diesem Gebiet von ihren unrühmlichen Image wegkommen, wonach aus Mangel am Durchgreifen von Polizei und Justiz zu viele Straftaten nicht aufgeklärt werden oder im Sande verlaufen. Im Jahr 2000 hat es zum Beispiel 11645 anhand dieses Paragrafen verfolgter Diebstahlfälle gegeben, von denen lediglich 1290 aufgedeckt wurden. Doch die neue Gesetzesnovelle kann nur ein Anfang sein. Sie geht aber, und das stimmt positiv, eindeutig in die richtige Richtung.