Abkürzung zur Karlsbrücke: Zlatá ulice / die Goldene Gasse

Goldene Gasse (Foto: www.ct24.cz)

Fast jeder Besucher von Prag kennt das Goldene Gässchen auf der Prager Burg, das seinen Namen angeblich nach den Alchimisten bekommen haben soll, die in hier das Gold zu erzeugen versuchten. Das Gässchen wird zurzeit instand gesetzt und ist vorübergehend geschlossen. In der tschechischen Hauptstadt gibt es jedoch noch eine Gasse mit dem „goldenen“ Namen. Diese Goldene Gasse – im Tschechischen „Zlatá ulice“ – befindet sich in der Prager Altstadt und wurde vor kurzem nach 60 Jahren wieder geöffnet.

Goldene Gasse  (Foto: www.czechtourism.cz)
Wer in der winkeligen schmalen Gasse Namens Zlatá in der Prager Altstadt wohnte, musste bislang nicht nur einen Hausschlüssel, sondern auch einen Schlüssel zum vergitterten Tor der Straße besitzen, sonst wäre er nicht zu seinem Haus gekommen. Durch die Gasse, die von der Straße Jilská an der St. Ägidius-Kirche vorbei Richtung Liliová führt, kann man von nun an bis zum Annaplatz / Annenské náměstí kommen. Dies war zuvor nicht möglich, weil die schmale Straße als Sackgasse am Areal des ehemaligen Dominikanerinnenklosters endete.

Quelle: www.ct24.cz
Seit 1948 war der letzte Abschnitt der Gasse gesperrt. Von nun an kann man beim Spaziergang durch die Altstadt diesen Weg nutzen, um beispielsweise den Touristenmassen in der Karlsgasse auszuweichen. Vom Annaplatz sind es zur Moldau dann nur noch ein paar Schritte, und gleich rechts liegt die Karlsbrücke. Der zuvor geschlossene Teil der Goldenen Gasse wurde auf Initiative des Stadtbezirks Prag 1 instand gesetzt. Es war notwendig, das Pflaster sowie die Fassaden zu reparieren. Mit der Entdeckung und Wiedereröffnung historischer Ecken in der Altstadt habe man schon in den 1990er-Jahren begonnen, sagt der Bürgermeister von Prag 1, Filip Dvořák:

Filip Dvořák  (Foto: www.praha1.cz)
„Der Stadtrat suchte damals nach Möglichkeiten, wie man wenigstens einen Teil der Touristenmassen statt in den überfüllten Gassen wie Karlova und Melantrichova irgendwo anders entlang führen könnte. Die Stadtvertreter wollten den Besuchern zeigen, dass auch andere, weniger bekannte Ecken und Gässchen in der Prager Altstadt genauso schön sind wie die Hauptroute Richtung Karlsbrücke, die eben durch die Karlova führt. Mit diesem Gedanken wurde vor etwa zehn Jahren schon die Gasse Hlavsova unweit des Altstädter Rings eröffnet. Ein Abschnitt der Goldenen Gasse wurde schon vor sechs Jahren restauriert. Nun wurde die Instandsetzung beendet. Wenn man jetzt durch die neu eröffnete Gasse geht, kann man sich mit einem Stück der Geschichte der Altstadt bekannt machen.“

Ägidius-Kirche
Die Goldene Gasse führte einst vom Dominikanerkloster in der Jilská zum Kloster der Dominikanerinnen bei der heiligen Anna. Die Dominikaner sind nach der Wende von 1989 in ihr Kloster und die Ägidius-Kirche zurückgekehrt. Die Räumlichkeiten des ehemaligen Dominikanerinnenstifts nutzt heutzutage der technische Service des Prager Nationaltheaters. Die Dominikanerinnen wirkten in ihrem Stift seit dem 14. Jahrhundert. Das Frauenstift wurde 1782 von Josef II. aufgelöst, im Klostergebäude wurde später eine Druckerei eingerichtet. Die Räumlichkeiten der ehemaligen St.-Anna-Kirche hat 1999 die Stiftung des Ehepaars Dagmar und Václav Havel gemietet. Im restaurierten Kirchenraum entstand ein renommiertes Kulturzentrum, das „Pražská křižovatka“ (Prager Kreuzung) genannt wird.

St.-Anna-Kirche,  bzw. Kulturzentrum „Prager Kreuzung“  (Foto: www.vize.cz)
Architektin Hana Zachová arbeitete an der Restaurierung und Eröffnung der Goldenen Gasse mit. Wichtig sei, so die Expertin, dass dabei das einzigartige Ambiente der historischen Gasse beibehalten werde:

„Das Einzigartige ist in diesem Falle eine gewisse Intimität des Raums, den man betritt. Es ging uns darum, dass wir die Gasse instand setzen, aber dabei das Ursprüngliche mit keinen unangemessenen, modernen Eingriffen zerstören. Es wurde beispielsweise das Originalpflaster benutzt. Bei der Restaurierung wurde auch zeitgenössisches Material genutzt, aber es durfte nicht mit dem herrlichen historischen Milieu konkurrieren.“

Die Goldene Gasse in der Prager Altstadt verdient ihren Namen viel mehr als das berühmte Goldene Gässchen auf der Prager Burg. Denn im Goldenen Gässchen auf der Burg hatte es wahrscheinlich nie Gold gegeben. Dagegen haben sich in der Goldenen Gasse einst Goldschmiede und Juweliere niedergelassen. Denn sie lag in unmittelbarer Nähe des Hauptwegs, auf dem sich reiche Kaufleute mit ihren Karawanen zu den Moldaufurten begeben hatten, wenn sie vom Ungelt Richtung Prager Burg reisten. Davon, dass es die Gasse der Goldschmiede war, zeugen bis heute noch die Namen einiger Häuser in der Umgebung: Zum Goldenen Schiff, Zur Goldenen Birne oder Zu den Goldenen Kreuzen. „Golden“ wurden früher auch die heutige Náprstek-Gasse und der südliche Abschnitt der Maisel-Gasse genannt. Die heutige Goldene Gasse erhielt ihre Bezeichnung erst 1905. Zuvor hatte sie keinen offiziellen Namen.