Alle Wege führen nach...Prcice

Prag-Prcice (Foto: CTK)
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Jedes Jahr am dritten Wochenende im Mai muss die Tschechische Bahn ihren Betrieb auf der Strecke Prag Richtung Budweis verstärken, denn sonst wäre der Ansturm von Reisefreudigen wohl kaum zu bewältigen. Warum gerade diese Strecke und warum gerade zu diesem Zeitpunkt?

Prag-Prcice  (Foto: CTK)
Auf der Strecke Prag - Budweis, an der Grenze zwischen Mittelböhmen und Südböhmen, liegt pittoresk in einem Tal, das angeblich seit Menschengedenken "Tschechisches Merano" genannt wird, der kleine Ort Prcice. Dorthin, nämlich do Prcic, wie der Tscheche sagt, wallfahren alljährlich zig-tausende Fans von Langstreckenwanderungen am dritten Wochenende im Mai. So auch am kommenden Samstag. Und das seit 1966. Dazu müssen sie ein bisschen verrückt oder auch zum Beispiel der Präsident der Republik sein. Der wandert da nämlich auch gelegentlich mit. Prag - Prcice, das ist die Mutter aller heutigen Wandervarianten nach Prcice. Mittlerweile kann man wählen, ob man nur 23 Kilometer oder eben gar bis zu 70 Kilometer wandern will: Praha - Prcice eben! Und damit es unterwegs nicht zu langweilig wird, hat man auch das entsprechende Liedgut zu diesem Ereignis komponiert:

Natürlich kann man sich nicht einfach so auf die berühmte Wanderschaft begeben. Am jeweiligen Startort muss man eine Art Eintrittskarte kaufen. 30 Kronen (rund 1,10 Euro) pro Kopf, 20 Kronen für Personen über 60 Jahre und Persönchen unter 2,5 tschechischen Ellen, also 1,48 m. Das gewissenhafte Ausfüllen der ausgehändigten Karten an allen Streckenposten sowie die eigenhändige Unterschrift unter das Dokument am Ziel sind Ehrensache. Man erwartet auch in diesem Jahr wieder bis zu 20.000 wanderverrückte Tschechen. Ein echter Ausnahmejahrgang war der 1981er: Da machten sich fast 36.000 Menschen auf den Weg nach Prcice. Nun kann man sich fragen: Warum eigentlich gerade nach Prcice? Auf diese Frage erhält man keine einheitlichen Antworten. Aber wenn man jemanden in Tschechien sprichwörtlich nach Prcice schickt, also "jdi do prcic!", dann schickt man ihn eigentlich zum Teufel. So soll auch der Urvater dieses Marsches von seinem Vorgesetzten im Jahre 1966 zum Teufel geschickt worden sein. Gelandet ist er schließlich in Prcice. Und damit war eine herrliche Wandertradition aus der Taufe gehoben.