Historischer Wohnwagen der tschechischen Zirkusdynastie Kludský gerettet
Die Familie Kludský hat im 19. Jahrhundert eines der berühmtesten Zirkusunternehmen hierzulande aufgebaut. Seit 1920 war sie in Jirkov / Görkau in Nordböhmen zu Hause. Die Stadt hat nun einen fast 100 Jahre alten Wohnwagen des Zirkusdirektors Karel Kludský erworben und restaurieren lassen.
Karel Kludský ist mit seinem Zirkus nicht nur durch die Böhmischen Länder, sondern auch durch Mitteleuropa und Italien gereist. Bis zu 50 Zugwaggons waren nötig, wenn sich sein Tross auf die Tour machte. 1920 kaufte Kludský eine Villa mit einem großen Grundstück in Jirkov. Die Stadt am Fuße des Erzgebirges war seitdem Hauptquartier von Kludskýs Unternehmen. Zu seinen besten Zeiten hatte der Zirkus – damals schon unter der Leitung von Karels Söhnen Rudolf und Karel Junior – 800 Tiere und ein Zelt für 10.000 Zuschauer. Allerdings überstand er die Wirtschaftskrise nicht und ging 1934 in Konkurs.
Der luxuriöse Wohnwagen des Direktors ist das einzige erhaltene Stück des berühmten Zirkus. Die Stadt Jirkov erwarb ihn vor fünf Jahren, doch er befand sich in einem schlechten Zustand. Deswegen ließ man den Wagen anhand von Schwarz-Weiß-Fotos restaurieren. Bürgermeisterin Dana Havlatková Jurštaková (Bürgerdemokraten):
„Manches hatte sich erhalten, und weitere Teile wurden von den Restauratoren entweder geschmiedet oder gegossen. Alles ist wirklich authentisch – so wie es früher war.“
1929 hatte die Firma Buschbaum in Hannover zwei identische Zirkuswohnwagen für die beiden Brüder Kludský hergestellt. Rudolfs Wagen brannte während des Zweiten Weltkriegs in der Nähe von Wien ab, der von Karel diente allerdings bis 2019 als Gartenhäuschen.
An der feierlichen Enthüllung des restaurierten Stücks nahm Mitte Juli unter anderem David Kludský teil, ein direkter Nachfahre der berühmten Zirkusfamilie:
„Ich kann mich erinnern, dass wir jahrelang nach dem Wagen gesucht haben. Schließlich haben wir ihn bei einem Mann gefunden, er wollte ihn aber nicht verkaufen. Ich wundere mich, dass der Stadt Jirkov dies gelungen ist.“
Kludský besaß einen der luxuriösesten und teuersten Wohnwagen seiner Zeit. Ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, ein Vorzimmer, eine Küche und ein Bad standen ihm zur Verfügung. Bürgermeisterin Dana Havlatková Jurštaková beschreibt den Wohnkomfort:
„Im ganzen Wagen war es warm, man sieht hier die Heizkörper. Und es gab auch eine Wasserleitung. Kludský hatte hier also warmes Wasser in der Badewanne.“
An der Innengestaltung sei die Frau von Karel Kludský Jr. maßgebend beteiligt gewesen, sagt Restaurator Tomáš Bárta:
„Das Interieur war eine Auftragsarbeit. Der goldene Salon wurde nach dem Wunsch von Elsa Kludská gefertigt. Im Unterschied zu anderen Teilen ist er nicht im Art déco, sondern im historisierenden Stil eingerichtet.“
Die Instandsetzung dauerte eineinhalb Jahre. Tomáš Bárta:
„Die restaurierten Glasfenster, die man auf der Veranda sehen kann, wurden aus Brasilien geliefert, der Bodenbelag stammt aus den Niederlanden, das Leder wurde aus Italien importiert, genau nach dem Muster, das wir gefunden haben.“
Der eine Heizkörper, der fehlte, wurde letztlich aus Danzig gebracht. Bei der Restaurierung war laut Bárta auch die Wiederherstellung der ursprünglichen Asbestplatten im Badezimmer eine Herausforderung. Die Arbeiten ließ sich die Stadt Jirkov fünf Millionen Kronen (198.000 Euro) kosten. Im Stadtzentrum wurde zudem ein Glaspavillon gebaut, in dem der Wagen nun steht.
