Titelverteidiger auf der Matte: Judoka Lukáš Krpálek

Lukáš Krpálek

Es ist die Königsklasse, in der Lukáš Krpálek startet: Der Judoka tritt bei den Olympischen Spielen in der Kategorie ab 100 Kilogramm an. Und der Tscheche ist der Titelverteidiger. In Tokio legte er alle Gegner auf die Matte. Könnte er das wiederholen, wäre es sein drittes Olympia-Gold, denn schon 2016 in Rio blieb er ungeschlagen und gewann den Titel in der zweitschwersten Klasse.

Lukáš Krpálek bringt weit über 100 Kilogramm auf die Waage. Doch bei Kindern zeigt der Judoka seine zarte Seite. Regelmäßig leitet er in seiner eigenen Akademie die Vorschul- und Grundschulkinder an – und motiviert sie dadurch vielleicht, ihm nachzueifern.

„Es ist enorm wichtig, die Kinder dazu zu bringen, sich zu bewegen und dies zu genießen“, sagte Krpálek vor kurzem in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Und die Kinder schauen nicht zur ihm auf, weil er fast zwei Meter misst, sondern auch weil er der erfolgreichste tschechische Judoka aller Zeiten ist. Bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio vor drei Jahren erreichte er den Höhepunkt seiner sportlichen Karriere: die Goldmedaille in der höchsten Gewichtsklasse.

Anfang Juli kam der 33-jährige Sportler von seinen letzten Vorbereitungen in Japan

Krpálek Academy | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

zurück. Am Montag vergangener Woche wurde er wie die weiteren tschechischen Olympioniken in Prag eingekleidet – für die Eröffnungsfeier am Freitag in Paris. Es sind immerhin schon seine vierten Spiele. Und dazu tritt er als Titelverteidiger an:

„Natürlich besteht da ein gewisser Druck. Ich versuche aber, das nicht an mich heranzulassen. Ich fahre nach Paris, um meine beste Leistung zu zeigen. Und wenn dies klappt, dann ist vielleicht auch eine Medaille drin. Aber ich möchte mich sicher nicht dadurch selbst stressen, dass ich zu große Erwartungen habe. Mein Ziel ist, die Spiele maximal zu genießen.“

Die Frage ist natürlich, ob nicht gerade erst der Erfolg zum maximalen Genuss führt bei jemandem mit solch einer sportlichen Vita, wie sie Lukáš Krpálek hat.

Bei den Spielen in Rio de Janeiro 2016 wurde er erster tschechischer Olympiasieger im Judo. Doch das Schwergewicht aus Jihlava / Iglau, einer Stadt auf der Böhmisch-Mährischen Höhe, kann auch weltweit eine der besten Titelsammlungen vorweisen: Als einziger Judoka war er zur selben Zeit Olympiasieger, Weltmeister, Europameister und Nummer eins in der Weltrangliste, und das sowohl in der Kategorie über 100 Kilogramm, als auch unter 100 Kilogramm.

Lukáš Krpálek | Foto: Vít Šimánek,  ČTK

Liebe zu Japan und zu Sushi

Ein Teil des Erfolgs geht auf Lukáš Krpáleks besondere Beziehung zu Japan zurück. Längere Zeit hat er dort auch gelebt, dieses Jahr war er zweimal zu zweiwöchigen Trainingslagern im Mutterland des Judo. Seinen Aussagen nach sind die Gegner in Japan aktiver im Trainingskampf, nicht so passiv wie in Europa :

„Der Trainingsumfang dort ist riesig. Deswegen fahre ich immer dorthin. Ich kämpfe vor Ort dann mit Gegnern, die mir ebenbürtig sind – und von diesen gibt es in Japan wirklich viele.“

Entspannung zwischen den intensiven Trainingseinheiten findet Krpálek beim Saunen oder bei der Massage. Außerdem liebt er Sushi…

Lukáš Krpálek | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

„Ich habe jetzt aber festgestellt, dass ich eine Allergie auf eines der Meerestiere habe. Das habe ich zuvor bereits geahnt. Wenn ich hier in Tschechien Sushi esse, bekommt man immer mehrere Arten auf einmal, und dann fängt es in meinem Mund an zu kribbeln, und er schwillt etwas an. Ich habe aber nie feststellen können, an welchem Fisch das liegt. In Japan habe ich zuerst Lachs genommen, dann einen roten Fisch, dessen Namen ich vergessen habe. Zum Schluss kam dann Languste oder Hummer dran. Davon habe ich vier Stück gegessen, und da hat mein Mund extrem gekribbelt. Als ich nach Hause kam, war alles angelaufen. Obwohl mir die Languste schmeckt, werde ich sie also weglassen. Aber ich war in Japan mehrfach beim Sushi – und ich genieße es immer, weil ich einfach auf dieses Essen abfahre“, so der Judoka.

Als zweitliebstes Land bezeichnet der Tscheche allerdings Frankreich. Denn Judo ist dort ziemlich beliebt. Sein Glück also, dass die Olympischen Spiele zunächst in Tokio stattfanden und nun in Paris.

Keine Lust mehr auf Abnehmen

Und auch einer seiner größten Gegner kommt von dort. Erst vor knapp einem Jahr hat Krpálek entschieden, dass er in der Königsklasse über 100 Kilogramm antreten wird. Das ist die Kategorie, in der er auf Teddy Riner treffen könnte – den französischen Doppelolympiasieger (2012 und 2016) und elfmaligen Weltmeister. Obwohl dies eine große Herausforderung wird, gab es für den tschechischen Titelverteidiger letztlich keine andere Wahl als der Start in der höchsten Kategorie – obwohl er früher eine Gewichtsklasse niedriger gekämpft hat:

„Als ich erstmals in der Kategorie unter 100 Kilogramm antrat, lag mein eigentliches Gewicht bei 108 oder 109 Kilogramm. Und es war kein Problem, rechtzeitig genügend abzunehmen. Man macht das einmal, zweimal, dreimal – aber dann meldet sich der Körper und sagt Stopp! Nach dem dritten Abnehmen stieg dann plötzlich mein Gewicht auf 116 bis 117 Kilogramm. Als ich dann zum vierten Mal abnehmen wollte, hab ich das nur noch gerade so geschafft. Und am zweiten Tag danach hatte ich wieder über 15 Kilogramm zugenommen. Daran war zu sehen, welchen extremen Kräften mein Körper ausgesetzt war. Das will ich nicht mehr. Und ich will auch nicht junge Menschen zum großen Abnehmen motivieren. Deswegen bin ich mittlerweile zurückhaltend und gehe nicht mehr um jeden Preis in diese Abnehmphase.“

Judokas Lukáš Krpálek und David Klammert | Foto: Vít Šimánek,  ČTK

Und so wird sich Krpálek in Paris unter Umständen solchen Gegnern stellen müssen, die gut und gerne auch 30 Kilogramm mehr als er auf die Waage bringen.

In Tokio bewies er mit der Goldmedaille, dass er selbst in der höchsten Gewichtsklasse alle besiegen kann. Bei der Weltmeisterschaft im Mai lief es allerdings nicht so gut. Da unterlag Krpálek im Kampf um Bronze dem Russen Tamerlan Baschaew und wurde letztlich Fünfter.

Eigene Judo-Akademie

In Tschechien ist der amtierende Olympiasieger allerdings schon jetzt eine lebende Legende. Und der Vater eines Sohnes und einer Tochter gibt seine Liebe zum Judo gerne weiter – aber nicht nur an seine eigenen Kinder, sondern auch an andere. Dahinter steckt zudem der Gedanke an die Zukunft nach der aktiven Karriere. Das ist der Hintergrund der Krpálek-Akademie:

Krpálek Academy | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

„Ich wollte schon immer gerne meinen eigenen Sportverein haben und all die Erfahrungen, die ich im Laufe meiner Karriere gesammelt habe, an Kinder übermitteln. Im vergangenen Jahr habe ich dann entschieden, meine eigene Judo-Akademie zu eröffnen. Sie befindet sich im Prager Stadtteil Hloubětín. So langsam kommt die Sache in Fahrt. Ich versuche auch, immer wieder beim Training zu sein, obwohl sich dies nur schwer mit meiner eigenen Karriere vereinbaren lässt. Aber es erfüllt mich, wenn ich dort hinkomme und die glücklichen Kinder sehe, wie sie sich bewegen. Wenn ich also in Tschechien bin, schaue ich immer dort vorbei. Wir richten auch Judo-Wochenenden aus, und in diesem Jahr haben wir sogar Sommerfreizeiten für die Kinder im Programm. Dazu gehört etwa ein einwöchiges Sportcamp in den Bergen. Begonnen hat das damit, dass ich schon seit Jahren zu unterschiedlichen Seminaren auf der ganzen Welt fahre, um meine Erfahrungen an Kinder weiterzugeben.“

In Paris ist Lukáš Krpálek aber noch einmal in seiner Rolle als aktiver Sportler mit den höchsten Ambitionen gefordert. Der olympische Wettkampf in seiner Kategorie ab 100 Kilogramm steht ab dem 2. August auf dem Programm. Dann werden die Augen der tschechischen Fans, darunter auch viele Kinder, auf die Arena Champ-de-Mars gerichtet sein – wo unter anderem die Judoka antreten.

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