Geringe Medaillenausbeute bei Olympia führt in Tschechien zu Diskussion über Sportförderung

Nikola Ogrodníková

Noch nie haben tschechische Sportler von den Olympischen Sommerspielen weniger Medaillen mitgebracht als jetzt gerade aus Paris. Nur fünf Mal Edelmetall steht zu Buche. Während der Chef des tschechischen Olympiateams dennoch nicht von einem Misserfolg sprechen mag, fordern andere, die Sportförderung hierzulande zu verändern.

Nikola Ogrodníková | Foto: Ondřej Deml,  ČTK

Mit einer großartigen Show sind die Olympischen Spiele in Paris am Sonntagabend zu Ende gegangen. Die tschechischen Fahnenträger beim Einmarsch der Sportler ins Stade de France waren die Gold-Kanuten Martin Fuksa und Josef Dostál sowie die Speerwerferin Nikola Ogrodníková. Die überraschende Bronzemedaillengewinnerin vom Freitag genoss die Abschlussfeier:

„Sie war großartig, aber es ging auch alles so schnell. Plötzlich waren wir auf der Fläche im Stadion, und wir hatten dann Probleme, die Flagge auszurollen, weil es so windig war. Ich habe es dennoch genossen.“

Martin Fuksa und Josef Dostál | Foto: Ondřej Deml,  ČTK

Nicht so toll wie die Abschlussfeier ist aber die tschechische Bilanz der Spiele, wenn man die Zahl der Medaillen betrachtet. Nur fünf waren es in Paris, so wenige wie noch nie seit der Staatsgründung 1993. Gerade bei den vorherigen Spielen in Tokio hatte Tschechien gleich elf Mal Edelmetall errungen und damit die Rekordzahl von London (2012) und Atlanta (1996) egalisiert. Auf der anderen Seite gab es gleich dreimal Gold, und damit mehr als in Rio de Janeiro (1), Athen (1) und Sydney (2). Das ist diesmal neben den beiden Kanuten den Tennisspielern Katéřina Siniaková und David Macháč im gemischten Doppel zu verdanken.

Siniaková war auch die einzige tschechische Goldmedaillengewinnerin von Tokio, die jetzt noch einmal zuschlug, wenn auch in einem anderen Wettbewerb als in der japanischen Hauptstadt. Im Gegensatz dazu waren vor allem der Sportschütze Jiří Lipták und der Judoka Lukáś Krpálek als Titelverteidiger sehr geknickt, als sie weit hinter den eigenen Erwartungen zurückblieben. Für Krpálek kam das Aus bereits im Achtelfinale in der höchsten Gewichtsklasse des Judo-Turniers…

„Alle haben mir gesagt, ich solle den olympischen Wettkampf genießen und ich müsse niemandem mehr etwas beweisen. Wenn ich aber in den Kampf gehe, dann gebe ich alles und will immer eine Medaille. Mir tut das jetzt sehr weh, und ich werde wohl noch lange daran knabbern“, so der Judoka.

Lukáš Krpálek | Foto: Ondřej Deml,  ČTK

Als am Montag aber das tschechische Olympische Komitee (ČOV) das Abschneiden bei den Spielen bewertete, fiel dies nicht so schlecht aus, wie man vielleicht erwartet hätte. Einerseits strichen der Kommissionvorsitzende Jiří Kejval und Delegationschef Martin Doktor die Zahl der Goldmedaillen heraus. Andererseits verwiesen sie darauf, wie dünn immer die Linie zwischen Medaillengewinn und dem undankbaren vierten Platz sei. So sagte Doktor in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Uns ist es halt passiert, dass es in einzelnen Fällen nicht geklappt hat. Hier gab es eine unglückliche Berührung des Tors im Kanuslalom und dort wiederum eine misslungene Salve im Schießen. Das sind Details, die dann über die Medaillen entscheiden.“

Jakub Vadlejch | Foto: Jaroslav Svoboda,  ČTK

Der Delegationschef betonte daher, dass es ebenso viele tschechische Olympioniken wie in Tokio in die Top Ten geschafft hätten. Und er bemühte noch eine weitere Zahl.

„Zwar bin ich kein Statistiker, aber ich habe viele persönliche Bestleistungen unserer Olympioniken gesehen. Das zeigt, dass sie alles gegeben haben, es jedoch auch die Gegner gab. Klar, es sind die Olympischen Spiele. Aber nicht immer bedeutet der vierte Platz dasselbe. Bei einigen sagen wir, dass es toll ist, bei anderen – wie dem Speerwerfer Jakub Vadlejch – war es schrecklich“, so Doktor.

Vadlejch hatte am Donnerstag nur um vier Zentimeter die Bronzemedaille verpasst.

Martin Doktor | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

Allerdings stimmen nicht alle Sportfunktionäre des Landes mit dieser versöhnlichen Bilanz überein. Miroslav Jansta ist Vorsitzender der tschechischen Sport-Union (Česká unie sportu), der Dachorganisation der Sportverbände. Er sagte am Montag, die geringe Medaillenausbeute zeige, dass die Verbände in Tschechien nicht ausreichend finanziell unterstützt würden und es hierzulande immer weniger Sport-Stars gebe. Als Vorbild nannte Jansta vor allem die Ausrichter aus Frankreich, wo Spitzensportler in modernen Zentren trainieren könnten. Zudem verwies er darauf, dass laut mehreren Studien die tschechischen Kinder in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer unbeweglicher und unfitter geworden seien.

Autoren: Till Janzer , Miroslav Bureš , David Nekvinda | Quellen: ČTK , Český rozhlas
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