Angela Merkel zu Stippvisite in Prag
Angela Merkel besuchte am Freitag zum ersten Mal als deutsche Bundeskanzlerin die Tschechische Republik. Am frühen Abend kam sie zu einem kurzen Gespräch mit Premier Mirek Topolanek zusammen, bevor sie sich mit Staatspräsident Vaclav Klaus zum Abendessen auf der Prager Burg traf. Bei den Gesprächen ging es insbesondere um den EU-Verfassungsvertrag.
Merkel wusste vor ihrer Ankunft in Prag, dass sich die Vorbehalte Tschechiens gegen den EU-Verfassungsvertrag nicht bei einem kurzen Besuch ausräumen lassen würden. Mirek Topolanek begrüßte den Mut der deutschen Ratspräsidentschaft, zwei Jahre nach dem ins Stocken geratenen EU-Verfassungsprozess die Diskussion zu erneuern. Dies sei notwendig fügte er hinzu und sagte zum Inhalt des bisherigen Verfassungsentwurfs:
"Wir meinen, dass das Dokument lesbarer, nachvollziehbarer und transparenter für alle Bürger in Europa werden sollte. Außerdem sollte es die Kompetenzen der Europäischen Union und der Nationalstaaten genau voneinander abgrenzen", so Topolanek.
Merkel und Topolanek waren sich aber darüber einig, dass die Verfassungsdiskussion in der EU andere wichtige Themen wie die Energieversorgung oder die soziale Sicherheit nicht verdrängen dürfe. Deshalb gab Merkel einen Ausblick auf das Programm des EU-Gipfels im März:
"Was die Europäische Union und die deutsche Ratspräsidentschaft anbelangt, habe ich deutlich gemacht, dass wir auf der Ratssitzung am 8./9. März Themen wie Wirtschaftswachstum, soziale Sicherheit, Entbürokratisierung und Energiesicherheit auf die Tagesordnung setzen wollen, was sicherlich die Bürgerinnen und Bürger in der Tschechischen Republik genauso interessiert wie in anderen Mitgliedsstaaten." Merkel bezeichnete die Gespräche mit Topolanek "konstruktiv" und zeigte sich zuversichtlich, einen gemeinsamen Weg auch in der Frage der EU-Verfassung zu finden. Das wichtigste innerhalb der EU sei ein gemeinsames Vorgehen:"Erfolg können wir in der Europäischen Union nur haben, wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen und möglichst in die gleiche Richtung. Dafür werde ich werben."
Beim Abendessen mit Präsident Vaclav Klaus dürfte Merkel aber deutlich geworden sein, dass ihre Positionen zur EU-Verfassung noch weit auseinander liegen. Merkel sagte, Klaus kämpfe wie die böhmische Hussiten-Bewegung im 15. Jahrhundert "um jeden Millimeter". Dieser entgegnete, beim EU-Verfassungsvertrag gehe es allerdings "um Kilometer".