Artikel in russischer Wochenzeitschrift sorgt für Wirbel in Tschechien

Artikel in russischer Wochenzeitschrift

Am Montag verursachte ein in der russischen Wochenzeitschrift "Novaja gazeta" veröffentlichter Artikel eine größere Aufregung innerhalb der tschechischen politischen Szene. In seinem Beitrag stellte der russische Journalist Oleg Lurje nämlich eine enge Verbindung der tschechischen Firma Falkon Capital zum meistgesuchten Terroristen Osama bin Laden her. Die tschechische Regierung, die die im Artikel erhobenen Vorwürfe zurückwies, ließ unverzüglich durch den zivilen Geheimdienst nähere Erkundungen über die Glaubwürdigkeit des veröffentlichten Materials vornehmen. Zu welchem Ergebnis man dabei gelangt ist, dazu weitere Einzelheiten von Lothar Martin.

Der Autor des Artikels beruft sich auf Geheimdokumente, die seit einigen Jahren von einem amerikanischen Spezialdienst zusammengetragen worden seien. Daraus gehe hervor, dass der Familie von Osama bin Laden die Gesellschaften Saudi Binladin Group und Saudi Investmen Co. gehören, die die Hauptquelle des ungeheuren Reichtums des Terroristenführers seien. Unter deren Tochtergesellschaften tauche laut "Novaja gazeta" dann auch die tschechische Firma Falkon Capital auf. Pikant wird die Angelegenheit dadurch, dass gerade diese Firma im Oktober vergangenen Jahres per bilateralem Abkommen zwischen Tschechien und Russland den Schuldenberg der Russischen Föderation gegenüber der Tschechischen Republik übernommen hat. Ein Teilbetrag dieser Schuldenlast, nämlich ca. 20 Milliarden Kronen (rund 620 Millionen Euro), ist auch bereits auf ein Sperrkonto geflossen und soll in den nächsten Tagen als Einnahme im tschechischen Staatsbudget verbucht werden. Doch die brisante Frage lautet nun: Ist dieses Geld etwa, dem Artikel in der russischen Wochenzeitung zufolge, undurchsichtiger, ja gar schmutziger Herkunft?

Eine Frage, die sich die tschechische Politik natürlich auch spätestens seit Montag stellt und der insbesondere Innenminister Stanislav Gross nachgegangen ist, in dem er den zivilen Geheimdienst des Landes einschaltete. Am Mittwoch gab dann Gross in Prag gegenüber der Presse bekannt, dass der Artikel konkreter Fakten entbehre und dass zudem dessen Autor nicht unbedingt als sehr vertrauenswürdig gelte. "In dem Material, welches der Botschafter der Tschechischen Republik in Russland, Jaroslav Basta, mir hat zukommen lassen, wird konstatiert, dass der als Autor des Beitrags genannte Journalist der Leiter des Pressedienstes von Wladimir Schirinovski gewesen ist. Und aus dem Bericht des zivilen Geheimdienstes ergänze ich, dass es sich bei Lurje um ein- und dieselbe Person handelt, die unlängst zu einer Geldstrafe in Höhe von 20.000 US-Dollar verurteilt wurde. Und zwar für die Veröffentlichung eines unwahren Artikels, und ich zitiere den Titel des Artikels: ´Was die Schweizer Staatsanwaltschaft von der russischen Staatsanwaltschaft gelernt hat´," sagte Gross.

Auch die tschechischen Medien recherchierten natürlich und wollten mehr vom Autor und seinen Informationsquellen erfahren. Ein dabei mit Oleg Lurje geführtes Gespräch, das Radio Prag vorliegt, machte zumindest deutlich, dass der Autor die Firma Falkon Capital nicht direkt mit dem Terroristenführer Bin Laden in Verbindung gebracht sehen will. Hier einige Auszüge aus dem Gespräch:

"Es gibt keine direkte Verbindung der Firma Falkon zu Bin Laden. Doch weder die tschechische noch die russische Seite haben die nicht ganz sauberen Geschäfte dieser Firma vor der Unterzeichnung des Entschuldungsabkommens genügend überprüft. Als Tschechien die Schulden an die Firma Falkon verkaufte, war jedenfalls keine einzige russische Firma im Spiel. Aber ich sage noch einmal: Weder Tschechien, Russland noch Falkon haben eine direkte Verbindung zu Bin Laden. Die Verknüpfung der Falkon-Gruppe im Firmennetz von Bin Ladens Unternehmungen wurde jedoch von uns bewusst genutzt, um die Aufmerksamkeit auf die in Russland herrschende Korruption zu lenken."

Ein sicher höchst fragwürdiger Versuch, journalistische Aufklärung zu betreiben. Doch da die Geheimdienste der Tschechischen Republik bereits vor Jahresfrist vor den undurchsichtigen Geschäftspraktiken der Firma Falkon Capital gewarnt haben, ist davon auszugehen, dass noch nicht das letzte Wort in dieser Angelegenheit gesprochen ist."