Auf der Anklagebank: Richter Gnadenlos-Faul und Richter Gnadenlos-Verschlafen

Richter haben in Tschechien am Mittwoch mehr Schlagzeilen gemacht, als jene, über die sie zu Gericht sitzen. Jedoch nicht durch salomonische Urteile, sondern vielmehr dadurch, dass sie nicht geurteilt haben - aktuelle Verfehlungen tschechischer Rechtshüter.

Richter Gnadenlos, diesen Spitznamen hatte sich einst der frühere Hamburger Richter und Innensenator Ronald Schill für seine harten Urteile eingehandelt. Ein Doppelspitzname stünde nun wohl einem tschechischen Richter zu: Richter Gnadelos-Faul. Auf die Urteile von Karol Kubíček, bis Mittwoch Richter am Bezirksgericht in Prag 5, haben Prozessbeteiligte mittunter mehrere Jahre gewartet, erklärt der Sprecher des Obersten Gerichtshofes in Brünn, Petr Knötig:

„Sein Verzug bei der Bearbeitung der Fälle hat solche Ausmaße angenommen, dass es keine andere Möglichkeit mehr gab, als ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Richter Kubíček hatte mehr als 240 Verfahren auf seinem Schreibtisch, die er kaum angerührt hat. Der Verzug in der Bearbeitung betrug zwischen sechs Monaten und zwei Jahren.“

Und wenn sich Richter Kubíček an einen Fall herangemacht hat, dann hat er – wenn man dem Obersten Gerichtshof Glauben schenken darf - nach Feinschmeckerart die kleinen leichten Portiönchen bevorzugt.

Pavel Nagy  (Foto: ČTK)
„Es hat sich erwiesen, dass Richter Kubíček eine Auswahl von Fällen getroffen hat und das waren vor allem die leichteren Sachen. Die komplizierteren hat er links liegen lassen. Das Urteil des Obersten Gerichtshofes in Brünn ist rechtskräftig und kann vollzogen werden.“

Kubíček verteidigte sich mit seiner komplizierten familiären Situation in den letzten Jahren. Er sei überlastet gewesen. Die Beschwerden seiner Vorgesetzten hatte er jedoch ignoriert.

Also ad acta – der Fall von Karol Kubíček ist erledigt, der Richter seiner Funktion entledigt. Ein vergleichsweise schlichter Fall jedoch – so könnte der Laie denken - im Vergleich zu dem des Richters Pavel Nagy aus Mlada Boleslav / Jungbunzlau. Auch mit ihm hatte sich am Mittwoch der Oberste Gerichtshof befasst. Richter Nagy hatte vor einiger Zeit seine eigene Verhandlung verschlafen und sich deshalb mit Phantasie daran gemacht, sich ein Schlussplädoyer der Verteidigung auszudenken, auf dessen Grundlage er dann nachträglich ein Urteil gefällt hat - wollte sagen: gefälscht hat. Richter Nagy wird – anders als sein Prager Kollege - auch weiterhin Urteile sprechen. So will es der Oberste Gerichtshof. Man habe dem Richter nicht nur sein damalige schlechte psychische Verfassung zugute gehalten, sondern auch die Tatsache, dass niemand gegen sein ausgedachtes Urteil Berufung eingelegt habe. Offenbar haben da noch weitere verschlafen. Richter Pavel Nagy jedenfalls zeigte sich erleichtert und dankbar. Und überhaupt:

„Es habe sich nicht um Fälschungen, sondern um prozessuale Ungeschicklichkeiten gehandelt.“

Der keineswegs saure Apfel, in den der Richter jetzt beißen darf, heißt Gehaltskürzung – ein Viertel weniger im nächsten halben Jahr.