Justizskandal: Richter Havlín und Gefolgschaft mehrerer Straftaten beschuldigt

Ondřej Havlín (Foto: ČTK)

Die Korruption in Tschechien ist eng verflochten und reicht bis in alle hochrangigen Ämter und öffentlichen Institutionen. Diese Situation prangert Transparency International schon seit Jahren an. Seit Samstag werden nun ein Richter, ein Staatsanwalt, zwei Rechtsanwälte und zwei weitere Personen der Bestechung und fünf weiterer Straftaten beschuldigt. Richter Ondřej Havlín sitzt bereits in Untersuchungshaft.

Ondřej Havlín  (Foto: ČTK)
Auf die Machenschaften des Richters Ondřej Havlín und seiner Gefolgschaft sei die Polizei im Spätsommer vergangenen Jahres aufmerksam geworden, sagte der Chef der Polizeiabteilung zur Aufdeckung des organisierten Verbrechens (ÚOOZ), Robert Šlachta, im Tschechischen Fernsehen. Nach monatelanger Beobachtung sei jetzt der Zugriff erfolgt:

„Die Kontakte zwischen den Verdächtigen, vor allem aber die Art und Weise ihrer Kommunikation und ihrer gemeinsamen Verbindungen waren so offensichtlich, das hat auch uns sehr stutzig gemacht“.

Den sechs Verdächtigen werden laut Oberstaatsanwältin Lenka Bradáčová neben direkter und indirekter Bestechung auch Bestechlichkeit, Amtsmissbrauch, Betrug und Erpressung vorgeworfen. Besonders im Rampenlicht steht dabei Richter Havlín, dem eine ziemlich zwielichtige Vergangenheit nachgesagt wird. Er sei nämlich schon im ehemaligen kommunistischen Regime Richter gewesen, bevor Havlín im Jahr 1993 in die Diplomatie wechselte und Botschafter in Kroatien und in Bulgarien wurde. Aufgrund von Beschwerden des bulgarischen Staates ist er aber schon nach zwei Jahren von der Regierung in Prag abberufen worden. Nach seiner Rückkehr begann er erneut als Richter zu arbeiten. Ein Umstand, den der Präsident der Richter-Union, Tomáš Lichovník, nicht nachvollziehen kann:

Tomáš Lichovník,  Robert Šlachta und Pavel Blažek  (Foto: ČTK)
„Ich gehe davon aus, dass dies mit dem aktuellen Gesetz, dass wir seit 2002 haben, nicht vereinbar ist. Aber im Jahr 2000, in dem Havlín meines Wissens nach in die Justiz zurückkehrte, war es offenbar möglich.“

Lichovníks Kritik an der Wiedereinstellung von Havlín als Strafrichter wird zudem dadurch erhärtet, dass der jetzt verhaftete Havlín bereits ein Disziplinarverfahren hinter sich hatte. Wegen der Einmischung in den Fall des Ex-Ministers Karel Březina, für den er nicht zuständig war, wurde Havlín das Richtergehalt ein halbes Jahr lang um zehn Prozent gekürzt.

Foto: Archiv Radio Prag
Die Vergangenheit von Richter Havlín, der zuletzt am Gericht des zweiten Prager Stadtbezirks tätig war, will nun auch Justizminister Pavel Blažek (ODS) durchleuchten lassen. Dazu werde er die bereits begonnenen Gespräche mit dem Vorsitzenden des Prager Stadtgerichts fortsetzen. Zudem arbeite er daran, Havlín im Zuge der Ermittlungen vorübergehend seines Amtes zu entheben, sagte der Justizminister:

„Ich werde ihn davon in der Untersuchungshaft in Kenntnis setzen, hoffe aber, dass er soviel Verstand hat, dass er die Funktion von sich aus niederlegt.“

Der Fall des Richters Havlín wirft auch ein bezeichnendes Licht darauf, dass die Vergangenheit des totalitären Regimes von 1948 bis 1989 bisher nur lückenhaft aufgearbeitet wurde. Deshalb war die Causa auch am Montag – dem 65. Jahrestag der kommunistischen Machtübernahme im Jahr 1948 – ein großes Thema.