Auf Tuchfühlung gehen - Verständigung über die Grenzen

Der arrogante Deutsche und der faule Tscheche - gängige Vorurteile und nach wie vor präsent. In speziell darauf ausgerichteten, interkulturell-vermittelnden Seminaren lernen künftige deutsche Führungskräfte, sich besser auf die Mentalität ihrer mittel- und osteuropäischen Mitarbeiter und Geschäftspartner einzulassen. Miriam Goetz hat sich ein solches Seminar einmal angeschaut.

Zdikov, ein kleines verschlafenes Nest an der Grenze zu Bayern. Im heutigen Seminar der ICU-Net AG geht es darum, die interkulturellen tschechisch-deutschen Grenzen zu überwinden. Zusammen mit dem tschechisch-slowakischen Peter Majercik leitet Fritz Audebert das Weiterbildungsseminar für grenzübergreifende Geschäftsbeziehungen. Der Kultur- und Verwaltungswirt vermittelt das Hintergrundwissen, Majercik erzählt aus der Praxis. In Rollenspielen müssen sich die Teilnehmer in die tschechische und deutsche Seite hineinversetzen. Wie sieht also wohl ein Tscheche die Deutschen, fragt Majercik die anwesenden Teilnehmer. Wohlgenährt, überpünktlich, aggressiv und geschäftstüchtig - kurzum negativ, vermuten diese. Doch der Seminarleiter klärt auf.

"Ich muss anmerken, dass alle die von Ihnen negativ angeführten, deutschen Merkmale, zum Beispiel die wirtschaftliche Überlegenheit oder die Überpünktlichkeit, der Name Mercedes oder ähnliches, was für hochwertige, deutsche Qualität steht, auf Tschechen sympathisch wirkt. Die finden das sehr gut, das zeigt was man erreichen kann, wenn man sich Mühe gibt."

Um das Typische einer Nation deutlich zu machen, generalisieren und stereotypisieren Auderbert und Majercik: Deutsche gehen die Dinge strukturierter an, Osteuropäer dafür kreativer - manche Bezüge erscheinen gewagt, doch das Hauptziel sei es die jeweiligen nationalen Stereotypen positiv zu übermitteln, sie als erste Orientierungshilfe für die Teilnehmer im fremden Neuland zu benutzen. Audebert weiter:

"Also ich bin überzeugt davon, dass die Teilnehmer am Ende dieses Seminars einen weit tieferen Einblick nach Tschechien bekommen. Rollenspiele sind dabei wichtig, aber es geht auch darum, zu erklären, woher die Unterschiede kommen, wo die Wurzeln liegen."

Neben dem angemessenen Händedruck und anderen Tücken der Geschäftskommunikation, erfahren die Teilnehmer die wichtigsten Fakten über das Land, Geschichten, Helden und Anekdoten sowie deren nationale Bedeutung. Was erhofft man sich von so einem Seminar?

"Ich erhoffe mir, dass ich ganz viele Informationen erhalte, wie man mit Tschechen umgehen kann und soll, einfach Tipps und Tricks für den Umgang, gerade im Hinblick auf eine spätere Führungsposition. Ich möchte lernen, wie man es richtig machen und von vornherein typische Fehler vermeiden kann."

Auch von tschechischen Unternehmen gab es bereits erste Anfragen nach einer gezielten Schulung für den Kontakt mit deutschen Geschäftspartnern, so Majercik. Endtip für die Teilnehmer: Langsam sprechen, lächeln, auf Gestik und Mimik achten. Man muss die kulturellen Eigenheiten des Gegenübers kennen, damit aus Geschäftsleuten auch Geschäftspartner werden können.