Ausländer-Leben schwer gemacht: die tschechische Nomenklatur

Wenn Sie in Tschechien leben wollen, dann stellen Sie sich auf Folgendes ein: Nicht alles ist so, wie es scheint; wenig bleibt so, wie es ist. Das fängt bei den Namen an und damit sind Sie dann auch erst einmal beschäftigt. Denn es sind mindestens drei Probleme, die das Ausländer-Leben hier schwer machen.

Problem Nummer 1: Jeder Tscheche, der zum Beispiel Josef in seinem Pass stehen hat, heißt im echten Leben Pepa, Pepík oder Pepíček, je nachdem wie sehr man ihn mag; auf keinen Fall sollte man ihn aber Josef rufen). Freund Václav ist Vašek und Jan ist Honza. Diese Nomenklatur ist eine innertschechische Angelegenheit. Ausländer sind verunsichert. Die Tschechen haben eben Freude daran, alles immer ein bisschen anders zu machen als es offiziell ist.

Problem Nummer 2: Dazu brauchen wir ein bisschen Grammatik. Wo die Deutschen vier haben, sind den Tschechen sieben gerade gut genug. Sieben Fälle! Damit sind die Tschechen die wahren Erben der alten Römer. Ich habe damit meine ganz eigenen Erfahrungen gemacht. Wenn Tschechen mich rufen wollen, dann müssen sie nämlich erst einmal deklinieren. Ich heiße Christian und wenn man was von mir will, dann heiße ich Christiane. 5. Fall – Vokativ. Bis ich verstand, was da vor sich geht, fühlte ich mich erst mal veräppelt. Einem deutschen Martin wird übrigens im tschechischen Akkusativ ganz mulmig. Er wird im Handumdrehen zur Martina.

Problem Nummer 3: Die Schwanová hat die Präsidentschaftswahl verloren; neulich habe ich die Merkelová in Prag gesehen. Und auch die Obamová war hier. Wer also hier her kommt und ´ne Frau ist, bekommt ratzfatz ein –Ova hinten dran geklebt. Gewerkschafterin Ursula Engelen-Kefer, vor 67 Jahren in Prag geboren, die müsste sich mit zwei Ovas anfreunden: Ursula Engelenová-Keferová. Nicht auszudenken, was man hier mit Gloria von Thurn und Taxis machen würde. Komischerweise wird einer der größten tschechischen Exportschlager nicht ova-isiert. Dolly Buster bleibt Dolly Buster. Vielleicht weil man bei ihr einfach nichts mehr dranhängen muss.

Jedenfalls - bei Ova, da kennt der Tscheche meistens keine Gnade. Als Anfang letzten Jahres die Nordische Skiweltmeisterschaft hier stattfand, da erlaubte sich doch tatsächlich eine Kommentatorin des Tschechischen Fernsehens, die ausländischen Sportlerinnen ohne ein Ova durch den Schnee gleiten zu lassen. Sie wurde gefeuert!

Alice Schwarzerová hätte also ihre wahre Freude in diesem Land, wo der Name noch was zählt.