Badekultur in Tschechien

Die Zahl der Auslandsreisenden unter den tschechischen Urlaubern nahm in den vergangenen Jahren erheblich zu und scheint auch in diesem Jahr weiter zu steigen. Verbrachten im Jahr 2000 noch rund zwei Drittel der Urlauber ihre Ferien im Inland, so erwartet man für 2001, dass lediglich 52% ihre erholsamen Tage in den heimischen Gefilden verbringen. Doch was tun die tschechischen Wasserratten, die wegen finanziellen Notstands oder aus patriotischen Beweggründen in der Heimat bleiben? Wo und wie erquicken sie sich im kühlen Nass, da es in Tschechien doch bekanntlich kein Meer gibt? Ein Bericht von Olaf Barth.

Nun, sehr viele Tschechen besitzen ihre eigene "Chata" - also eine Ferienhütte, auch Datsche genannt. Denjenigen, die sich nicht zu den stolzen Besitzern einer solchen Ferienbehausung zählen können, bieten sich reichlich Möglichkeiten eine Hütte zu mieten. Der Tscheche ist im Allgemeinen stolz darauf ein "Homo Chatar" - also ein "Hüttenmensch" - zu sein. Da aber ein erfrischendes Bad zur Erholung dazugehört und das Angeln eine weitere beliebte Freizeitbeschäftigung der Böhmer und Mähren ist, liegen die Hüttensiedlungen in der Regel an Flüssen, Teichen oder Seen bzw. Stauseen. Das Baden in diesen Gewässern ist beinahe schon traditionell, wobei man sich auch von einem gelegentlichen Übermaß an Algen, Abfällen und zum Teil übelriechenden Flüssigkeiten nicht weiter beeindrucken lässt. Wieso auch? Ist es doch hierzulande ein volkstümlicher Brauch sich am 2.Weihnachtsfeiertag heldenhaft in die eiskalten und besonders in der Vergangenheit auch reichlich verschmutzten Fluten der Moldau zu stürzen. Erfreulich nicht nur für die "Planschlustigen", sondern ebenso für Fische und andere Bewohner der Gewässer ist die Tatsache, dass sich die Wasserqualität der tschechischen Flüsse und Seen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hat. Sie seien so sauber, wie schon seit gut zehn Jahren nicht mehr, heißt es aus dem Umweltministerium und Bieber, Lachs und andere vorübergehend verschwundene Tierarten seien in die Gewässer zurückgekehrt.

Baden in Tschechien bedeutet allerdings keineswegs, dass man sich übermäßig lange im Wasser aufhält oder dort gar irgendwelchen sportlichen Aktivitäten nachgeht. Die Tschechen sind sicher keine großen Wassersportler! Baden in Tschechien, das ist viel eher "pivo a parek" - also Bier und Bockwürstchen.

Und das kann man natürlich nicht nur im Urlaub oder in den Schulferien haben, sondern genauso gut an Wochenenden oder nach Feierabend. Deshalb sind die tschechischen Schwimmbäder und Seen auch stets überlaufen - zumindest an schönen, sprich heißen, Tagen. Davon gab es anno 2000 recht viele, was die Schwimmbad- bzw. Seebadbetreiber natürlich erfreute. Da die organisierten Bademöglichkeiten hierzulande im Vergleich zu Westeuropa noch etwas rar gesät sind, versucht man vielerorts den Neu- oder Ausbau von Schwimmbädern zu fördern. Gefragt sind aber nicht allein einfache Freibäder der klassischen Art, sondern zunehmend Erlebnisbäder mit riesigen Rutschbahnen, Whirlpools Sauna - und Fitnessbereichen. So auch in Prag, wo in der Nordstadt bis 2003 ein neues Schwimmbad fertiggestellt werden soll, dass man dann schrittweise zu einem Erlebnisbad erweitern will.

Einen solchen Aquapark gibt es bereits im nordböhmischen Liberec/ Reichenberg. Dorthin reisen Familien aus der gesamten Republik. Die Eltern suchen zumeist einen Tag Entspannung bei Unterwassermassagen, Sauna und ähnlichem, während sie sich um ihre Bälger praktisch gar nicht kümmern brauchen, da diese der Faszination der Wasserrutschen und Fontänen erlegen sind. Einziger Nachteil des Wasserparadieses: Es kostet pro Person zwischen 190 und 290 Kronen (12 bis 18 DM), ein üblicher Schwimmbadbesuch hingegen durchschnittlich etwa 30 Kronen - also nicht einmal 2 Mark.

Autor: Olaf Barth
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