Beschleunigte Privatisierung staatlichen Bodens
Mit der Privatisierung ehemals staatlichen Grundbesitzes kam in Tschechien - besonders in den grenznahen Gemeinden - auch die Befürchtung auf, dass künftig vor allem finanzkräftige Ausländer Grundstücke aufkaufen und sich in Tschechien niederlassen. Berechtigte Ängste oder Panikmache? Über den gegenwärtigen Stand der Privatisierung staatlichen Bodens informiert Sie im folgenden Beitrag Silja Schultheis.
Zur Erinnerung: Die Entstaatlichung von Grundbesitz stand nach 1989 auf zwei grundsätzlichen Pfeilern - Restitution und Privatisierung. Bei der Restitution handelte es sich um die Rückgabe von Eigentum an nachweisliche frühere Eigentümer oder deren rechtmäßige Erben, bei der Privatisierung hingegen um die Überführung von staatlichem Besitztum, das keinen Restitutionsansprüchen unterlag, in private Hände. Zur Privatisierung wurde mit Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes im Jahr 1999 insgesamt 500.000 Hektar staatlicher Grundstücke freigegeben. Mit dem Verkauf wurde der sog. Bodenfond der Tschechischen Republik betraut.
Der tatsächliche Verkauf an private Eigentümer verlief jedoch zunächst sehr schleppend. Als Gründe hierfür gibt der Vorsitzende des Bodenfonds, Josef Miskovsky, in einem Interview mit der Donnerstagsausgabe der Tageszeitung "Pravo" u.a. das überraschend geringe Interesse tschechischer Landwirte sowie die administrativen Hürden an, die der tatsächlichen Anwendung des Gesetzes im Weg standen. Letztere sollten mit der Gesetzesnovelle beseitigt werden, die Ende Juli 2001 in Kraft trat.
Die Zahlen scheinen für den Erfolg zu sprechen: Während im Zeitraum 1999-September 2001 insgesamt knapp 16.000 Grundstücke bzw. knapp 11.000 Hektar staatlichen Bodens zum Verkauf angeboten wurden, waren es seit Inkrafttreten der Gesetzesnovelle zwischen September 2001 und Ende Oktober 2001 bereits mehr an als im gesamten Zeitraum zuvor, nämlich insgesamt knapp 19.000 Grundstücke bzw. fast 19.000 Hektar Land.
Und welche Rolle spielen bei diesem Prozess ausländische Käufer?
Josef Miskovsky, Vorsitzender des Bodenfondes, hält die diesbezüglichen Befürchtungen tschechischer Landwirte für gegenstandslos. Im Gespräch mit "Pravo" erinnert er daran, dass das Gesetz lediglich tschechische Staatsbürger staatlichen Boden erwerben können. Auf den Verkauf anderer Grundstücke, die nicht dem Staat gehörten, habe der Bodenfond indes keinen Einfluss. Wie der Jurist Petr Rydvan am Montag in der Königgrätzer Zeitung äußerte, sei es für ausländische Interessenten kein Problem, Boden von einem privaten tschechischen Eigentümer zu erwerben. Sie müssten dafür lediglich eine Gesellschaft nach tschechischem Recht gründen.