Bis nach Bayern hinüber – Geopark zeigt gemeinsame Kulturgeschichte

Offizielle Webseite des Projektes Geopark Bayern-Böhmen

Grenzüberschreitend zusammenarbeiten lässt sich in vielen Bereichen – so auch im Bereich Geologie und Tourismus. Dies geschieht im böhmisch-bayerischen Raum, wo ein gemeinsamer Geopark entsteht.

Geoparks in Tschechien  (Quelle: Archiv des Rats der Nationalgeoparks)
Nationalparks werden die meisten Menschen kennen, dort wird besonders wertvolle Natur geschützt. In Tschechien bestehen insgesamt vier Nationalparks. Doch wer weiß schon, dass es hierzulande allein zehn Geoparks gibt. Zudem haben sich zwei Geoparks auf der tschechischen Seite mit ihrem Pendant in der Oberpfalz zusammengeschlossen und bilden nun den „Geopark Bayern-Böhmen“. Auf deutscher Seite verantwortlich ist Andreas Peterek:



Andreas Peterek  (Foto: Archiv der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg)
„Ein Geopark ist von vornherein erst einmal kein Schutzstatus für ein Gebiet, sondern eine Art Gütesiegel dafür, dass das Gebiet in Richtung Geologie einiges zu bieten hat. Und ein Geopark möchte den Besuchern zeigen, wie die Geologie eigentlich Grundlage für unser alltägliches Leben ist. Das spielt oft eine größere Rolle, als man denkt: Unsere Rohstoffe, die Bodenschätze, der Ton, der Sand, die Erze, all das verwenden wir doch tagtäglich. Zudem sind die Böden auch durch den Untergrund beeinflusst, was natürlich Auswirkungen auf die Landwirtschaft hat. All diese Zusammenhänge, zum Beispiel wie sich eine Region auf der Basis der Rohstoffe entwickelt hat, das möchte ein Geopark vermitteln.“

Einer der beiden Geoparks auf tschechischer Seite nennt sich GeoLoci. Er umfasst die Gebiete zwischen Planá / Plan, Stříbro / Mies und Konstantinovy Lázně / Konstantinsbad sowie das Naturschutzgebiet Český Les. Dort beschäftigen sich rund zwei Drittel der Sehenswürdigkeiten mit dem wichtigsten Thema in dieser Gegend. Welches das ist, erläutert der Leiter des Geoparks, Jan Florian:

Jan Florian  (Foto: Archiv des Geoparks GeoLoci)
„Bei uns ist die Geschichte des Bergbaus von Bedeutung. Wir haben dazu eine ganze Reihe von Sehenswürdigkeiten, vor allem das Bergbau-Freilichtmuseum in Stříbro mit dem Königlichen Erbstollen. Im Sommer kann es am Mittwoch und Samstag besucht werden und im Winter nur am Samstag. Zudem besteht in Planá ein Bergbaumuseum, wo ebenfalls ein Stollen für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Des Weiteren gibt es einige Lehrpfade, die sich mit der Geschichte des Bergbaus und des Untertagebaus in unserer Gegend beschäftigen.“

Neben rein geologischen und wirtschaftspolitischen Aspekten besteht noch eine Besonderheit, auf die Jan Florian hinweist: In den grenznahen Wäldern der Gegend lassen sich die Überreste früherer deutsch besiedelter Gemeinden finden – sie wurden nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung nicht mehr neu besiedelt.

Zertifikat vom Umweltministerium  (Foto: Archiv des Geoparks GeoLoci)
GeoLoci wurde übrigens erst im Frühling dieses Jahres offiziell als Geopark anerkannt.

„Das Zertifikat wird vom Umweltministerium auf Empfehlung des Rates der Nationalen Geoparks vergeben. Der Rat verfolgt langfristig die Entwicklung in den Regionen und berät dabei, was vorbereitet und dokumentiert werden muss, um einen Geopark auszurufen. Danach schickt der Rat zwei Inspektoren, um zu beurteilen, ob die betreffende Region alle Bedingungen erfüllt. Das Zertifikat bedeutet, dass die Gegend geologisch von Interesse ist, dass die beteiligten Institutionen partnerschaftlich zusammenarbeiten sowie nachhaltigen Tourismus fördern, gestützt auf die geologische Vielfalt der Gegend. Der Begriff Geopark ist aber ansonsten nicht geschützt. Das heißt: In Tschechien bestehen etwa zehn Geoparks, aber nur vier von ihnen haben auch das nationale Siegel“, so Jan Florian.



Bohrturm bei Windischeschenbach  (Foto: ChNPP,  Wikimedia Creative Commons 3.0)
Nördlich von GeoLoci befindet sich mit Egeria ein weiterer tschechischer Geopark. Dort stehen tektonische Bewegungen, Vulkanismus, warme Quellen und seismische Aktivitäten im Mittelpunkt der Darstellung. Diese beiden und der Geopark in der Oberpfalz haben sich nicht zufällig zusammengeschlossen. Erste Gedanken entstanden bei gemeinsamen Arbeiten an einem der interessantesten geologischen Projekte in Europa: der kontinentalen Tiefbohrung in Windischeschenbach. Bei dem Ort in der Oberpfalz begann man vor 25 Jahren, das tiefste Loch der Erde zu bohren. Bis auf 9000 Meter unter die Erde gelangten die Forscher. Die Bohrungen wurden zwar 1994 eingestellt, aber in der Endphase hatten auch tschechische Geologen mitgearbeitet – und die gemeinsamen Interessen blieben bestehen, wie Peterek sagt:

„Der Ausgangspunkt für den Geopark war die kontinentale Tiefbohrung in Windischeschenbach, am Ende der aktiven Bohrungsphase haben tschechische Kollegen intensiv mitgearbeitet. In diesem Team entstand es die Idee, das Interesse an der Geologie in der Region zu nutzen und einen Geopark aufzubauen. Und weil schon tschechische Kollegen beteiligt waren, dachte man auch daran, grenzüberschreitend vorzugehen. Denn die Grenze durchschneidet eigentlich nicht die geologischen Strukturen. Wir haben auf beiden Seiten sehr ähnliche geologische Gesteinsformationen, sehr ähnliche Schönheiten der Geologie und eine ähnliche Wirtschaftsgeschichte. Es lag also nahe, dies grenzüberschreitend zu machen. Und zum anderen kam natürlich dazu, dass sich damit bessere Fördermöglichkeiten auftaten und man einen Beitrag zur Verständigung leisten kann.“

Offizielle Webseite des Projektes Geopark Bayern-Böhmen
Zum Forscherinteresse brauchte es aber auch den politischen Willen. 2003 kamen die Kreishauptmänner aus Böhmen und die Landräte aus Bayern zusammen und unterschrieben eine gemeinsame Erklärung. Seitdem treffen sich die Vertreter aller Seiten regelmäßig und planen, wie die Geologie der Region der Öffentlichkeit nähergebracht werden kann.

„Bis zu einem gewissen Umfang bestehen wir unabhängig voneinander. Jeder hat seine Leitungsstruktur, die auf den landesspezifischen Bedingungen beruht. Aber wir versuchen unsere Aktivitäten zu koordinieren und uns gegenseitig zu inspirieren. Das gemeinsame Projekt Geopark Bayern-Böhmen trägt den Untertitel: ‚Naturerbe als Chance für die Region’. Wir geben zum Beispiel gemeinsames Infomaterial heraus, entwerfen eine gemeinsame Karte für die Webseiten und veranstalten Seminare für Infozentren“, erläutert GeoLoci-Leiter Jan Florian.

Plattner Kunstgraben im Geopark Egeria  (Foto: Tuten,  Wikimedia Creative Commons 2.5)
Diese Gesamtregion erstreckt sich zwischen Bayreuth und Karlovy Vary / Karlsbad beziehungsweise zwischen Weiden und Stříbro. Hier ist man nun gewillt, Nägel mit Köpfen zu machen.

„Wir drei Geoparks verstehen uns als gemeinsamer grenzüberschreitender Bayerisch-Böhmischer Geopark, der sich international in näherer Zukunft auch bewerben möchte als ‚Europäischer Geopark’ - und dann auch für das ‚Global Network of Geoparks’, was häufig auch als Unesco-Geopark bezeichnet wird“, sagt Andreas Peterek.