Böhme Jan Obst neuer Fußballpräsident - aber unter mährischer Aufsicht
"Was lange währt wird gut," sagt ein altes Sprichwort. Doch im Falle des Böhmisch-Mährischen Fußballverbandes (CMFS) muss man da gewisse Zweifel anmelden, nachdem auf der außerordentlichen Vollversammlung des Verbandes am Sonntag in Prag der 49-jährige Jan Obst nach mehrstündigem Prozedere zum neuen CMFS-Präsidenten gewählt wurde. Obst trat damit die Nachfolge des aufgrund grober unternehmerischer Verfehlungen in Untersuchungshaft sitzenden und zuvor von den Delegierten abgewählten Frantisek Chvalovsky an. Eine Nachfolge, die gleich von Beginn an mit Stolpersteinen gepflastert ist. Lothar Martin berichtet.
Frantisek Chvalovsky, der große Zampano des tschechischen Fußballs der 90er Jahre, sitzt seit rund drei Monaten in Untersuchungshaft. Ihm wird Kreditbetrug in Höhe von über 1,3 Milliarden Kronen (ca. 75 Millionen Mark) vorgeworfen, für den er sich als Generaldirektor und Vorsitzender des Aufsichtsrates der Böhmisch-Mährischen Agrar-Gesellschaft (C.A.S.) bzw. der Firma Satrapa zu verantworten hat. Lange genug haben die weiteren zwölf Mitglieder des Exekutivausschusses des Böhmisch-Mährischen Fußballverbandes den Versprechungen und Versicherungen ihres ehemaligen Chefs vertraut, dass seine unternehmerischen Verbindlichkeiten nicht denen in der Presse vermeldeten entsprächen und er in der Lage sei, diese Dinge zu regeln.
Das war nach Chvalovskys erster Festnahme, der nach einer Freilassung auf Kaution alsbald die zweite und nach wie vor andauernde Inhaftierung folgte. Zum Handeln gezwungen, hatte der gesamte Ausschuss mit Ausnahme seines Ex-Vorsitzenden Chvalovsky seinen Rücktritt erklärt und damit Neuwahlen möglich gemacht. Diese fanden nun am Sonntag im Nationalhaus in Prag-Smíchov statt und förderten ein kurioses Ergebnis zutage.
Zunächst hatte Rudolf Bata, der international erfahrene Fußballdiplomat, seine Kandidatur zurück gezogen, da er nur bereit war, für den Rest der nach Chvalovskys Abberufung verbleibenden Wahlperiode bis Anfang 2003 zu kandidieren. Doch die 201 Delegierten, von denen nur sechs gegen die Abberufung von Chvalovsky gestimmt hatten, wollten den völligen Neubeginn, d.h. die Wahl eines neuen Chefs für vier Jahre. Nach dem zweiten Wahlgang ergab sich nahezu eine Pattsituation zwischen dem böhmischen Kandidaten Jan Obst und dem mährischen Favoriten Pavel Mokry. Aufgrund des Wahlsystems - sowohl die böhmische als auch die mährische Kammer der Vollversammlung müssen der jeweils gewählten Person zustimmen - drohte die Wahl zur Farce zu werden.
Daher einigten sich beide Kammern auf einen Kompromiss, den die tschechische Tageszeitung "Sport" in Anspielung auf die hiesigen politischen Verhältnisse bereits als Fußball-Oppositionsvertrag bezeichnete. In der Endkonsequenz wurde der vorherige ökonomische Direktor Jan Obst zum neuen Boss des Fußballverbandes gewählt, allerdings nur von Gnaden seitens der mährischen Kammer, die ihre Zusage an harte Bedingungen knüpfen ließ. Eine davon ist zum Beispiel die Kündigung des Böhmen Ludek Macela als CMFS-Generalsekretär und die Neubesetzung des Amtes mit dem Mähren Petr Fousek. Doch bei allen Irrungen und Wirrungen, die der Wahl des neuen Fußballchefs vorausgingen und die sie begleiteten, eine große Aufgabe steht dem neuen Mann an der Spitze des größten Sportverbandes im Lande unmittelbar bevor: das Aufpolieren des angeschmutzten Images des hiesigen Fußballs. Dazu sagte Jan Obst denn auch:
"Ich bedauere das selbstverständlich sehr und ich erachte es als einen der wichtigsten Punkte meiner bevorstehenden Arbeit, das Image des Fußballs zu verbessern. Ich denke, dass mehrere Wege dahin führen. Als eine der grundlegendsten Aufgaben erachte ich die Herstellung einer maximalen Offenheit gegenüber der Gesellschaft, die regelmäßige Kommunikation mit den Medien, d.h. nichts ist zu verheimlichen, sondern alles transparent zu machen."