Fußball: Verbandschef Pelta machte teure Reisen – Poborský plädiert für neuen Weg

Illustrationsfoto: Peter Glaser, Unsplash / CC0

Der nationale Fußballverband (FAČR) ist eine der größten gemeinnützigen Organisationen in Tschechien. Vom Staat bekommt er jährlich bis zu einer halben Milliarde Kronen (19 Millionen Euro) an Subventionen. Doch wie wird das Geld genutzt? Ein Blick in die Buchführung der Jahre 2012 bis 2017 genügt, um zu behaupten: In einigen Bereichen ziemlich verschwenderisch. Den Einblick hat der Inlandssender des Tschechischen Rundfunks vorgenommen, dem die Buchhaltung des Verbandes vorliegt.

Ex-Verbandspräsident Pelta leistete sich teure Flugreisen im Privatjet

Miroslav Pelta  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Miroslav Pelta war von 2011 bis 2017 Präsident des tschechischen Fußballverbands. Im Mai 2017 wurde der damals 52-Jährige wegen möglicher Bestechung bei der Vergabe von staatlichen Fördergeldern festgenommen. Noch vor Ablauf der einmonatigen Untersuchungshaft trat er als Verbandspräsident zurück. Jetzt wurde bekannt, dass er während seiner Amtszeit ziemlich kostspielige Reisen unternahm. Diese führten ihn unter anderem nach München:

Der FC Bayern München ist einer der Top-Clubs in Europa und spielt regelmäßig Champions League. Mitte Februar 2017 war Miroslav Pelta zu Gast, als die Gastgeber den FC Arsenal mit 5:1 vom Platz fegten. Doch kaum einer wusste damals, das Pelta zu diesem Spiel mit einem luxuriösen Privatjet angereist war. In der Maschine vom Typ BE 350 Super King der Firma Aerotaxi standen den Reisenden beispielsweise eine Minibar, ein Catering-Service nach eigenem Wunsch oder ein Satellitentelefon zur Verfügung. Der Flug zum Duell der Bayern mit Arsenal war aber keine einmalige Aktion. Wie Pelta gestand, war er häufiger Gast in der Allianz Arena:

Allianz Arena  (Foto: HerrAdams,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)

„Ich habe den Teil einer Loge gemietet, sowohl für Spiele der Bundesliga als auch der Champions League. Wenn ich dann einige Leute nach München mitgenommen habe, sagten sie mir, dass es ihnen sehr gefallen habe. Und sie sagten, dass sie sich solch ein Stadion auch in Tschechien wünschten – ein Stadion mit solch einer Atmosphäre.“

Die Aerotaxi-Maschine bot acht Personen Platz, was Pelta nur zu gern dazu nutzte, um auserlesene Gäste nach München mitzunehmen. Dies waren in erster Linie Lobbyisten und Sponsoren-Vertreter:

BE 350 Super King der Firma Aerotaxi  (Foto: YSSYguy,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)

„Es waren stets Personen, die für den Verband von einem gewissen Wert waren. Das heißt Personen, die helfen konnten, Gelder für die Finanzierung bestimmter Projekte aufzutreiben. Oder es waren Personen von Firmen, die Sponsoren des Fußballs waren.“

Pelta machte aber keinen Hehl daraus, dass auch lokale Politiker zu den Mitreisenden gehörten:

„Ich habe Leute aus den kommunalen Selbstverwaltungen mitgenommen, um ihnen zu zeigen, wie der Fußball auf großer Ebene aussieht. Manchmal versuchte ich, sie dann zu überreden, Mut zu fassen und darüber nachzudenken, ob man nicht auch in ihrer Region in einem modernen Stadion Fußball spielen könnte.“

Lukáš Říha  (Foto: Archiv des Vereins „Čistý fotbal“)

Pelta nutzte das Flugtaxi jedoch nicht nur für Reisen zu Fußballspielen, sondern auch zu gewöhnlichen Aufgaben seiner Tätigkeit. Wiederholt ließ er sich zum Beispiel zu Verbandssitzungen nach Brno / Brünn oder Ostrava / Ostrau fliegen und am selben Tag wieder zurück. Im Schnitt kostete ein solcher Flug 100.000 Kronen (3850 Euro). Das sei eine große Verschwendung, sagt der Vorsitzende des Vereins „Čistý fotbal“ (Sauberer Fußball), Lukáš Říha. Seine Organisation geht gegen Korruption und unlautere Praktiken im tschechischen Fußball vor. Und Říha rechnet vor: Mit dem Geld für eine einzige Reise mit dem Flugtaxi könnte ein kleinerer Verein ein ganzes Jahr lang auskommen. Er kritisiert:

„Das war ein Ausdruck von Großmannssucht. Bei solch einer Verschwendung müssen wir uns nicht wundern, dass kein Geld da ist für den Fußball in den unteren Spielklassen auf dem Land.“

Pelta weist den Vorwurf der Verschwendung indes von sich. Gegenüber dem Tschechischen Rundfunk erläuterte er seine Sichtweise der Dinge:

„Man darf es nicht nur so sehen, dass die Fahrt mit dem Auto billiger gewesen wäre. Es muss auch der Zeitfaktor berücksichtigt werden und die Tatsache, in welchem Stress ich gewesen bin. Ich musste die Sitzungen in einen gewissen Zeitrahmen pressen. Es war aber in keinem Fall so, dass ich mich damit besonders hervortun wollte oder ein Privileg genoss. Ich habe es immer so verstanden, dass ich die Flugreisen als Erleichterung und notwendigen Service ansah für die Funktion, die ich als Verbandspräsident ausgeübt habe.“

Chris de Burgh  (Foto: Stefan Brending,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0 DE)

Aus der Buchführung des Verbandes geht hervor, dass insgesamt 24 Flüge mit der Privatmaschine direkt vom Verband, und weitere zehn durch die Marketingtochter STES bezahlt wurden. Präsident Pelta stand den Recherchen zufolge für die Ausübung des Präsidentenamtes ein eigenes Budget zur Verfügung, das zudem kaum kontrolliert wurde. Deswegen wurden damit auch extravagante Flüge finanziert wie beispielsweise nach Turin zum Vizepräsidenten des dortigen Juventus FC, Pavel Nedvěd, für 250.000 Kronen (9600 Euro) oder der Transport des irischen Sängers Chris de Burgh wegen eines Auftritts bei einem Gala-Abend zum „Tschechischer Fußballer des Jahres“ in Prag. Diese Extrawurst kostete nicht weniger als eine Million Kronen (38.500 Euro).

Peltas Nachfolger als Präsident, Martin Malík, hat diese verschwenderische Amtsführung zum Glück nicht fortgesetzt. Doch auch unter ihm ist der Fußballverband nicht wirklich zur Ruhe gekommen.

Kandidat Poborský: Zeit ist reif, um einen anderen Weg einzuschlagen

Martin Malík  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Als Martin Malík im Dezember 2017 zum neuen FAČR-Präsidenten gewählt wurde, wollte er den Verband wieder in ein ruhigeres Fahrwasser führen. Man traute es dem ehemaligen Polizisten zu, da er in seiner weiteren Berufskarriere große Meriten als Marketingmanager mehrerer internationaler Firmen erworben hatte. Doch hinter ihm stand mit Vize-Verbandschef Roman Berbr ein umtriebiger Funktionär, der als ausgemachter Strippenzieher im tschechischen Fußball galt. Und eben jener Berbr wurde im Oktober vorigen Jahres neben weiteren Personen von der Polizei festgenommen wegen des Verdachts der verbrecherischen Korruption. Berbr soll die Hauptfigur einer zwanzigköpfigen Gruppe gewesen sein, die jahrelang die Ergebnisse von Spielen beeinflusst hat.

Der erneute Skandal hat auch die Position von Malík erschüttert. Er trat aber nicht zurück, weil er sich – so seine eigenen Worte – nicht aus der Verantwortung stehlen wolle. Doch kann der 50-Jährige den Karren abermals aus dem Dreck ziehen, wenn er dem Unheil zuvor nicht energisch genug entgegengewirkt hat?

Karel Poborský  (Foto: Archiv des tschechischen Fußballverbands)

Ein ehemaliger nationaler Fußballstar beantwortet diese Frage mit nein: Karel Poborský. Der 48-jährige Ex-Nationalspieler möchte dem Fußball einiges von dem zurückgeben, was er ihm selbst gegeben hat. Deshalb erklärte er in der vergangenen Woche öffentlich, er werde für das Amt des Verbandspräsidenten kandidieren. Und er nannte auch seine Gründe:

„Unser Fußball ist geschwächt durch die sich ständig wiederholenden Affären, die jeweils ein großes Medieninteresse hervorrufen. Damit schießt sich der Verband nur Eigentore. Das gefällt mir nicht, und das muss sich ändern.“

Sitz des Fußballverbands der Tschechischen Republik  (Foto: Google Street View)

Nach Informationen der Tageszeitung „Sport“ wollte Poborský seine Kandidatur ursprünglich in Zusammenarbeit mit Martin Malík antreten. Doch angesichts der jüngsten Skandale in der Verbandsspitze hat der ehemalige Mittelfeldspieler von Slavia Prag, Manchester United, Benfica Lissabon oder Sparta Prag seine Meinung geändert. Poborský wird allein kandidieren. Darauf reagierte Malík so:

„Ich verhehle nicht, dass mich sein Entschluss, für diesen Posten zu kandidieren, überrascht hat. Ich akzeptiere aber seine Entscheidung und werde mich selbst in nächster Zeit mit meinen Überlegungen in dieser Angelegenheit befassen.“

Petr Fousek  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Noch hat Poborský keinen Gegenkandidaten für die Wahl des neuen Verbandspräsidenten, die im Rahmen einer ordentlichen Vollversammlung im Juni erfolgen soll. Doch es wird damit gerechnet, dass sich zumindest Malík und der international anerkannte Fußballfunktionär und Sportdiplomat Petr Fousek zur Wahl stellen werden. Poborský selbst ist von seinem Entschluss überzeugt:

„Ich denke, die Zeit ist es jetzt reif für wirklich demokratische Wahlen, die auf unterster Ebene in den Bezirken beginnen. Unser Fußball hat die Chance, sich wieder zu vereinen, tief durchzuatmen und einen völlig anderen Weg einzuschlagen.“

Autoren: Lothar Martin , Markéta Chaloupská , František Tipovský
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