Causa um Verbandschef Pelta erschüttert den tschechischen Fußball

Miroslav Pelta (Foto: ČTK)

Vor knapp zwei Wochen wurde bekannt: Die tschechische Polizei ermittelt in einem Fall, bei dem die staatliche Sportförderung entgegen der gesetzlichen Kriterien vergeben wurde. Als Hauptverdächtige sitzen die Staatssekretärin im Bildungsministerium Simona Kratochvílová und der Präsident des Fußballverbandes, Miroslav Pelta, inzwischen in Untersuchungshaft. Und neben dem Präsidenten droht auch dem Fußballverband selbst großes Ungemach.

Kateřina Valachová  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Am Dienstag vergangener Woche trat die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport, Kateřina Valachová (Sozialdemokraten), vor die Medien. Sie hatte nichts Erfreuliches zu verkünden, und das in erster Linie für den Sport. Denn alle Jahreszuschüsse, die von Seiten ihres Ministeriums für die Sportler und ihre Verbände bereits bewilligt wurden, werden vorerst nicht ausgezahlt. Am Ende ihrer Ausführungen resümierte Valachová:

„Abschließend wiederhole ich noch einmal: An die Sportverbände einschließlich des Fußballverbands wurde in diesem Jahr noch keine einzige Krone ausgezahlt.“

Der Grund für ihre Entscheidung seien Machenschaften, die sich hinter ihrem Rücken abgespielt hätten, so Valachová. Dabei geht es um die Sportförderung im Allgemeinen und konkrete Projekte im Besonderen. Bei der Vergabe der Fördermittel sei gemauschelt wollten, informierte die Ministerin. Doch weil sie dem Treiben ihrer Stellvertreterin, der Staatssekretärin Simona Kratochvílová, offenbar auf die Schliche gekommen war, hat sie außerordentliche Maßnahmen angeordnet:

Miroslav Pelta  (Foto: ČTK)
„Zunächst wurde die E-Mail-Kommunikation der Angestellten in der Abteilung Sport des Ministeriums durchleuchtet und untersucht. Dabei wurden Auffälligkeiten bei drei Personen festgestellt. Parallel dazu bin ich auf zwei Verdachtsfälle des Interessenskonflikts gestoßen. Die internen Ermittlungen im Ressorts werden nun von der Polizei fortgesetzt.“

Und am 3. Mai hat die Polizei dann zugeschlagen. Sie führte Razzien in den Büroräumen von fünf Institutionen durch: beim Ministerium für Bildung und Sport, bei der Sport-Union, am Prager Magistrat, beim Fußballverband (FAČR) und beim Fußballverein Jablonec / Gablonz. Die beiden letztgenannten Organisationen werden von Miroslav Pelta geleitet, der inzwischen als Drahtzieher des Betrugs ausgemacht wurde. Wie die Polizei dazu mitteilte, hätten sich Pelta und Kratochvílová mehrfach in einer vom Fußballboss gemieteten Wohnung getroffen, um über die Verteilung der Fördergelder zu verhandeln. Es ging um insgesamt 50 Projekte, die schließlich auch bewilligt wurden. Kein einziges von ihnen wurde nach den gesetzlichen Vorschriften geprüft und ausgewählt. Dadurch ist dem Staat ein Schaden von rund einer halben Milliarde Kronen (ca. 18,8 Millionen Euro) entstanden. Mindestens 21 dieser Projekte haben Kratochvílová und Pelta in Eigenregie ausgehandelt und durchgedrückt. Dazu manipulierten beide auch die jeweilige Expertenkommission, die über die Projekte zu entscheiden hatte. Das war aber auch nicht schwer, denn die Mitglieder der Kommission waren Sportfunktionäre und Beamte, die den beiden Beschuldigten ziemlich nahe standen.

Kateřina Valachová: „Im Fall des tschechischen Fußballverbandes muss ich sagen, dass die Lage wirklich ernst ist. Der Verband wird sehr große Probleme haben, selbst an Subventionen aus dem neuen Finanzierungskonzept für die Sportverbände heranzukommen.“

Ein weiterer Zweig der Subventionen betrifft den Fußballverband selbst. Er sollte zur finanziellen Unterstützung seiner Vereine für den Zeitraum von 2017 bis 2019 einen Zuschuss von 553 Millionen Kronen (ca. 20,8 Millionen Euro) erhalten. Pelta war diese Summe noch zu wenig, weshalb er auf einer Nachbesserung bestand. Zur Aufstockung der Summe um weitere neun Millionen Kronen (ca. 340.000 Euro) trug Kratochvílovás Mitarbeiter Zdeněk Bříza bei. Beide Beamte wurden mittlerweile aus ihrem Dienst entlassen. Die Polizei ermittelt aber nicht nur gegen die drei genannten Personen, sondern auch gegen den Fußballverband. Aus Sicht der Bildungsministerin, die wegen der Causa ihren Rücktritt einreichte, steht der Verband nun vor großen Schwierigkeiten:

„Im Fall des tschechischen Fußballverbandes muss ich sagen, dass die Lage wirklich ernst ist. Denn der Verband wird sehr große Probleme haben, selbst an Subventionen aus dem neuen Finanzierungskonzept für die Sportverbände heranzukommen. Und zwar deshalb, weil gegen ihn als Rechtsperson ermittelt wird.“

Luděk Mádl  (Foto: Archiv des Sportjournalisten-Clubs)
Während die anderen Sportverbände nämlich nun im Juni erst einmal einen Vorschuss der staatlichen Förderung ausbezahlt bekommen, gehen die Fußballer weiter leer aus. Und dies wäre ein brutaler Keulenschlag, sagt der Enthüllungsjournalist und Mitarbeiter des Internetportals Aktuálně.cz, Luděk Mádl:

„Wenn der Fußball überhaupt keine staatlichen Subventionen in diesem Jahr erhalten sollte, dann würden ihm nicht weniger als 630 Millionen Kronen durch die Lappen gehen. Und mehr als 600 Millionen Kronen zu haben oder nicht, dies ist schon ein gewaltiger Unterschied.“

Dass man diesen Verlust nicht so ohne weiteres auffangen könne, weiß auch der Vorstandsvorsitzende des Traditionsvereins Slavia Prag, Jaroslav Tvrdík:

„Wir sind uns dessen bewusst, dass der tschechische Fußball in einer sehr schwierigen Lage steckt. Da gibt es nichts zu bagatellisieren. Von daher müssen wir die Besitzer der Clubs, die Sponsoren und die Fans von der Notwendigkeit überzeugen, schnellstmöglich Lösungen zu finden, um das Vertrauen und den Kredit des Fußballs wiederherzustellen.“

Luděk Mádl: „Wenn der Fußball überhaupt keine staatlichen Subventionen in diesem Jahr erhalten sollte, dann würden ihm nicht weniger als 630 Millionen Kronen durch die Lappen gehen.“

Wegen der Anschuldigungen gegen ihn hat Pelta mittlerweile von seiner erneuten Kandidatur für den Posten des Verbandschefs Abstand genommen. Doch die Zeit drängt, schon am 2. Juni will der Fußballverband seinen turnusmäßigen Kongress abhalten und einen neuen Vorsitzenden wählen. Bis zum vergangenen Freitag konnten sich Kandidaten dafür melden. Im Vorfeld rief der Chef der ersten tschechischen Fußball-Liga, Dušan Svoboda, zur Besonnenheit auf:

„Der tschechische Fußball ist jetzt in einer schwierigen Situation, in der es nicht angebracht ist, dass einer gegen den anderen kämpft. Wir wollen Einigkeit darüber erzielen, wer und was für den Leistungsfußball das Beste ist. Wir wollen daher keine Namen nennen und niemanden zur Kandidatur auffordern ohne vorherige Diskussion.“

Jaroslav Tvrdík: „Wir sind uns bewusst, dass der tschechische Fußball in einer sehr schwierigen Lage steckt. Die Besitzer der Clubs, Sponsoren und Fans müssen wir nun von der Notwendigkeit überzeugen, schnellstmöglich Lösungen zu finden, um das Vertrauen und den Kredit des Fußballs wiederherzustellen.“

Mittlerweile haben sich drei Kandidaten für den Posten gemeldet, unter ihnen ist auch der international anerkannte Fußballfunktionär Petr Fousek. Für Journalist Mádl aber hat das Ganze weder Hand noch Fuß:

„Mir erscheint es am Vernünftigsten, den Exekutivausschuss des Verbandes noch einige Monate länger im Amt zu lassen, um den Verbandskongress gut vorzubereiten und die Neuwahlen zum Beispiel erst im September stattfinden zu lassen.“

Dafür aber scheint in der Tat keine Zeit zu sein. Denn neben der Ankündigung des Bildungsministeriums, die Gelder für den Fußball bis auf weiteres zurückzuhalten, melden sich auch mehr und mehr die Sponsoren des populären Volkssports zu Wort. Darunter ist beispielsweise die Brauerei Pilsener Urquell. Sie ist der offizielle Partner der tschechischen Fußball-Nationalmannschaft. Jitka Němečková ist Pressesprecherin der Brauerei:

„Für den Fall, dass der Fußballverband keine konkreten Schritte zur Wiederherstellung seiner Reputation auf den Weg bringt, und zwar Schritte, nach denen den Fans wieder ein sauberer und nicht korrumpierter Fußball geboten wird, sind wir entschlossen, aus dem Sponsoring der höchsten Spielklasse auszusteigen.“

Um beim Ministerium für Bildung, Jugend und Sport das Vertrauen wieder zurückzugewinnen, wurde der Fußballverband aufgefordert, seine Wirtschaftsführung unverzüglich und detailliert offenzulegen. Die legitimierte Leitung des Verbandes hat ihre Bereitschaft dazu erklärt. Doch man wird auch genau hinschauen, welche Lehren die verantwortlichen Fußballfunktionäre aus den Machenschaften ihres noch amtierenden Verbandschefs Pelta ziehen. Der Kongress am 2. Juni könnte daher schon von existenzieller Bedeutung sein. Zumindest aber müssen dort die Weichen gestellt werden für einen Neuanfang des mitgliederstärksten Sportverbandes in Tschechien.

Autor: Lothar Martin
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