Fußball: Liga wird eigenständig – Schiri-Boss soll ein Pole werden

Foto: Kristýna Maková, Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag

Der tschechische Fußball wird auf Vereinsebene neue Wege beschreiten. Nach dem Vorbild der führenden Ligen in Europa werden mit Beginn der neuen Saison auch hierzulande die erste, die zweite und die Junioren-Liga auf eigenen Beinen stehen. Die Abkoppelung dieser Ligen vom nationalen Verband (FAČR) wurde am 20. Mai besiegelt.

Miroslav Pelta  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Am Ende brauchte es nur noch je eine Unterschrift, um den Sechs-Jahres-Vertrag zwischen dem nationalen Fußball-Verband und dem Liga-Verband (LFA) perfekt zu machen. Der Vertrag, der zudem eine Option für weitere zwei Jahre einschließt, wurde von Verbandschef Miroslav Pelta und dem Vorsitzenden des neuen Liga-Verbands, Dušan Svoboda, unterzeichnet. Letzterer konstatierte zufrieden:

„Mit der Eigenständigkeit dieser Ligen kopieren wir nicht nur die Verhältnisse in der Bundesliga oder der Premier League, sondern auch in unseren Nachbarländern. Ich denke, durch den neuen Status wird es nun auch bei uns möglich sein, schnellere und bessere Entscheidungen zu treffen.“

Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Bessere und gewichtigere Entscheidungen erhofft sich der LFA-Chef vor allem bei der kommerziellen Vermarktung der Ligen durch die Direktvergabe der TV- und Werberechte. Gegenwärtig spült Fernsehrechte-Inhaber Pragosport jährlich rund 100 Millionen Kronen (3,7 Millionen Euro) in die Kassen der Vereine, die aber hoffen auf künftig noch höhere Beträge. Laut Vertrag stehen dem Liga-Verband zudem ab nächster Saison 15 Prozent Anteil an den Prämien zu, die von der Nationalmannschaft bei einer Welt- oder Europameisterschaft eingespielt werden. Doch auch der nationale Verband zeigt sich zufrieden mit dem Abkommen. Verbandschef Pelta ist dabei froh, nun so manche Sorge los zu sein:

Foto: John Hartley,  Free Images
„Wenn sich irgendein Verein schlecht oder unethisch verhalten sollte, ist das gesamte Produkt gefährdet. Von daher denke ich, dass die Clubeigner maximal daran interessiert sind, dass nichts von dem, was man sich erschaffen hat, in irgendeiner Weise beschmutzt wird.“

Und auch der nationale Verband geht nicht leer aus. Die gegenwärtige TV- und Werbevermarktung der Ligen, die über eine Agentur ausgehandelt wurde, läuft in zwei Jahren aus. In den weiteren vier Vertragsjahren erhält der FAČR dann je sieben Millionen Kronen (ca. 260.000 Euro) vom Liga-Verband – als Gegenwert für die Abtretung der Vermarktungsrechte. Der LFA muss ferner die Auf- und Abstiegsregelung zwischen zweiter und dritter Liga garantieren, die Pokalwettbewerbe bleiben wiederum in der Regie des FAČR.

Michał Listkiewicz  (Foto: Sławek,  CC BY-SA 2.0)
Zudem verbleibt eine der wichtigsten Institutionen unter dem Dach des nationalen Verbandes - die Schiedsrichterkommission. Gerade bei der Zusammenstellung von guten, qualifizierten Schiedsrichtern einschließlich ihrer Führung und Weiterbildung aber scheiden sich derzeit die Geister. Der Grund: Die teils schwankenden Leistungen der Referees werden immer wieder kritisiert. Unrühmlicher Höhepunkt der abgelaufenen Saison waren die buchstäblich schwankenden Auftritte des vierten Offiziellen und des Torschiedsrichters in der Erstliga-Begegnung zwischen Příbram und Slavia Prag – beide Unparteiische waren stark alkoholisiert in die Partie gegangen. Der Verband hat sie inzwischen suspendiert. Verbandschef Pelta will daher nun einen neuen starken Mann von außen an der Spitze der Schiedsrichterkommission installieren: Michal Liestkiewicz. Der Pole stand als ehemaliger Fifa-Referee beim WM-Finale 1990 zwischen Deutschland und Argentinien an der Linie, in seinem Heimatland hat er sich später als Chef des polnischen Fußballverbandes große Verdienste erworben. Nun soll der 63-Jährige mit harter Hand auch die tschechische Schiedsrichterzunft auf Vordermann bringen. Wie Listkiewicz das Vertrauen in diese Gilde wiederherstellen soll, dazu sagte Pelta:

„Es gibt Situationen, in denen man spürt, dass es eine gewisse Tendenz gibt. Jeder hat irgendeine Vergangenheit, doch von einem neuen Mann erwarte ich, dass er jedem offen sagt, wer bleiben kann und wer gehen muss.“

Autor: Lothar Martin
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