Mit mehr Geld direkt in die Champions League: Erste tschechische Fußballliga startet

Feierliche Veranstaltung zur Eröffnung des neuen Jahres der ersten und zweiten Fußballliga

Gerade erst ist die Fußball-Europameisterschaft zu Ende gegangen. Doch in Tschechien startet schon am Freitagabend die neue Erstligasaison. Und die hat es in sich, denn der Meister wird seit vielen Jahren wieder direkt für die Champions League qualifiziert sein.

Vor zwei Monaten feierte Sparta Prag die zweite tschechische Fußball-Meisterschaft in Folge. Am Freitagabend eröffnet der Titelverteidiger auch die neue Ligasaison – nicht einmal eine Woche nach dem Ende der EM. Und Sparta Prag würde am liebsten auch im neuen Jahrgang die Erfolgsserie fortsetzen…

Tomáš Rosický | Foto: Tschechisches Fernsehen

„Wir wollen zum dritten Mal den Titel holen und damit den Hattrick machen. Uns ist selbstverständlich klar, dass die Saison schwer wird, aber ein anderes Ziel können wir nicht haben. Und ich denke, wir sind bereit dafür“, sagte Sportdirektor Tomáš Rosický bei der Pressekonferenz vor dem Start der Liga.

Slavia Prag will zurück an die Spitze

Für die Wettbüros in Tschechien gilt jedoch nicht der Verein aus dem Stadtteil Letná als größter Favorit, sondern Erzrivale Slavia Prag. Die zuvor erfolgsverwöhnten Rot-Weißen waren in den vergangenen drei Spielzeiten jeweils nur Zweite geworden. Doch Trainer Jindřich Trpišovský, der bereits seit 2017 die Spieler von Slavia anleitet, gab sich selbstbewusst:

„In den letzten Wochen bauen wir hier wieder ein Team auf, das Ambitionen hat und für das Titel an erster Stelle stehen. In den zurückliegenden zwei bis drei Jahren war es eher darum gegangen, den Betrieb im Verein auf einem Niveau zu halten, das wir gewöhnt sind. Doch jetzt entsteht hier eine Mannschaft, die nach Erfolg lechzt.“

JIndřich Trpišovský | Foto: YouTube

Denn Ende vergangenen Jahres gab es einen Eigentümerwechsel bei SK Slavia Praha. Der tschechische Milliardär Pavel Tykač übernahm die Aktienmehrheit des Vereins von der chinesischen Investmentgesellschaft Citic Europe Holdings. Da Tykač durch und durch Slavia-Fan ist, setzt er anscheinend alles daran, den Klub wieder an die Spitze des tschechischen Fußballs zu führen.

Sichtbares Ergebnis sind die Transferaktivitäten. Im Winter hatte man erst einmal die Defensive verstärkt. Vor der neuen Spielzeit wurde das Hauptaugenmerk auf die Offensive gelegt. Dazu gehört die teuerste Verpflichtung des Sommers im tschechischen Fußball. Nationalstürmer Tomáš Chorý ist von Viktoria Pilsen gekommen und soll laut Medienberichten 100 Millionen Kronen (knapp vier Millionen Euro) gekostet haben.

Auch Angreifer und Jugendnationalspieler Daniel Fila vom FK Teplice wurde geholt. Zudem verhandelt Slavia über die Rückkehr von Peter Olayinka. Der Nigerianer hatte die vergangene Saison bei Roter Stern Belgrad verbracht…

„Bevor Peter wegging, haben wir ein langes Gespräch geführt. Er wollte damals eigentlich gar nicht Slavia verlassen. Aber sein Vertrag war ausgelaufen, und irgendwie kam dann eines zum anderen. Jedenfalls habe ich ihm in dem Gespräch gesagt, dass er ein Jahr später zurückkehren werde. Und er meinte damals, das sei möglich. Er hatte also die Rückkehr im Hinterkopf. Und er liebt Slavia. Ich denke, er wird uns sofort verstärken können“, so Trainer Trpišovský.

Laut den neuesten Informationen haben sich beide Vereine bereits auf eine Wechselsumme geeinigt. Jetzt muss Peter Olayinka vor allem noch den Gesundheitscheck absolvieren. Darüber hinaus hat der Klub aus dem Prager Stadtteil Vršovice noch einen offensiven Mittelfeldspieler an der Angel. Es handelt sich um den 23-jährigen Österreicher Muhammed Cham von Clermont Food. Allerdings schreiben die tschechischen Medien, dass die Verpflichtung noch sehr unsicher sei.

Nicht zuletzt hat Slavia aber weiter Ivan Schranz in den eigenen Reihen – den dreifachen EM-Torschützen aus der Slowakei.

Umkämpfter Transfermarkt

Während sich der Stadtrivale mächtig verstärkt hat, musste Sparta vor der Saison zwei Verluste hinnehmen, die nicht so leicht zu ersetzen sind. So wechselte Abwehrspieler und Kapitän Ladislav Krejčí im Juni zur spanischen Überraschungsmannschaft aus Girona. Und Trainer Brian Priske verließ Prag in Richtung Feyenoord Rotterdam. Neuer Übungsleiter ist nun sein vorheriger Assistent und dänischer Landsmann Lars Friis.

Aber auch der tschechische Meister hat auf dem Transfermarkt zugeschlagen. Unter anderem kamen bisher der dänische Innenverteidiger Mathias Ross, ausgeliehen von Galatasaray Istanbul, sowie der spanische Linksverteidiger Imanol García de Albéniz Crecente von Athletic Bilbao. Laut Rosický hat Imanol, so sein Kurzname, in der vergangenen Saison unter anderem überzeugt, als er zum Beispiel im Spiel gegen Barcelona Lamine Yamal in Schach hielt. Und zur Frage, was alles für einen tschechischen Verein auf dem hart umkämpften Transfermarkt möglich ist, sagte der Sparta-Sportdirektor:

„Viele Menschen hierzulande machen sich nicht klar, wie schwer es ist, einen Spieler von Athletic Bilbao nach Tschechien zu holen. Oder auch wie im vergangenen Jahr jemanden wie Angelo Preciado, der bei der WM und bei der Copa America für Ecuador in der Stammelf gespielt hat. Das Gleiche gilt für Veljko Birmančević, den serbischen Nationalspieler. Solche Verpflichtungen erfordern viel Zeitaufwand und Arbeit. Das geht nicht in einer Woche über die Bühne. Das ist ja kein Managerspiel, sondern das reale Leben.“

Damit deutete Rosický aber auch darauf hin, dass genauso der Kader von Sparta eine ziemliche Qualität hat.

Den beiden großen „S“ aus Prag, wie sie im Tschechischen genannt werden, will allerdings vor allem die Viktoria aus Plzeň / Pilsen in die Parade fahren. Deren Trainer Miroslav Koubek verweist darauf, dass – mit Ausnahme von Tomáš Chorý – der Kader gehalten werden konnte. Minimalziel des Vereins ist der dritte Platz. Doch dem Meister des kommenden Jahres winkt die direkte Qualifikation für die Champions League, denn die tschechische Liga hat sich im Uefa-Ranking entscheidend verbessert. Deswegen sagt der Pilsner Mittelfelsspieler Lukáš Kalvach:

„Wir wissen sehr wohl, um was gespielt wird. Es ist ziemlich verführerisch. Deswegen werden wir alles geben, damit am Ende wir es sind, die in die Champions League kommen.“

Und der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Adolf Šádek, erinnerte daran, dass die Westböhmen zuletzt 2022 die Prager „S“ schocken konnten und den Titel holten. Zugleich bekannte Šádek bei der Pressekonferenz zum Ligastart:

„Ich denke, dieses Jahr geht es in der Liga nicht nur um Sparta, Slavia und Pilsen. Auch andere Vereine sind gut vorbereitet und haben sich personell verstärkt. Deswegen glaube ich, dass die Liga insgesamt ausgeglichener sein wird. Wir werden also nicht nur mit Sparta und Slavia im Wettstreit sein, sondern müssen uns insgesamt bemühen, wenigstens Dritte in der Liga zu werden und uns so direkt für einen der europäischen Pokalwettbewerbe zu qualifizieren.“

Dukla Prag kehrt zurück

Eines der Teams, die ohnehin schon in der vergangenen Saison dicht an der Spitze dran waren, ist Baník Ostrau. Der Verein aus Mährisch-Schlesien wird in den Liga-Prognosen am häufigsten genannt als derjenige, der dem Trio ganz vorne einheizen könnte.

Insgesamt zu einem höheren Niveau der Liga könnte beitragen, dass es einen neuen Generalsponsor gibt. Es ist der Wettanbieter Chance. Mit ihm fließt über dreieinhalb Mal mehr Geld pro Jahr an die Vereine als zuvor. Anstatt 80 Millionen Kronen (3,2 Millionen Euro) sind es 260 Millionen Kronen (10,3 Millionen Euro). Für die großen Klubs ist das zwar unerheblich, doch die kleinen könnten dadurch aufleben.

Davon wird auch Dukla Prag als einziger Aufsteiger etwas haben. Der einstige Armeeverein mit klangvollem Namen gehört aber laut den tschechischen Wettanbietern zu jenen Liga-Mitgliedern, die am ehesten in den Abstiegskampf verwickelt sein dürften. Am schlechtesten bewertet wird in dieser Hinsicht Dynamo Budweis. Genannt werden aber auch Karviná / Karwin und Pardubice / Pardubitz.

In der Liga mit 16 Teilnehmern ist im Übrigen nach dem 30. Spieltag noch nicht Schluss. Daran schließt sich nach dem Modell des Schweizer Fußballs bereits zum sechsten Mal noch eine Erweiterung an, in der erst alle wichtigen Entscheidungen fallen: eine Meistergruppe, eine Gruppe für den Kampf um weitere Europapokalplätze sowie die Gruppe, die gegen den Abstieg beziehungsweise um den Aufstieg spielt.

VAR-Zentrum und kalibrierte Abseitslinie

In der neuen Chance Liga, so der offizielle Name der höchsten tschechischen Fußballspielklasse, bekommen zudem die Schiedsrichter zusätzliche Unterstützung. Bereits Ende 2017 wurde erstmals ein Videoschiedsrichter eingesetzt. Allerdings musste er bisher vor Ort in den Stadien arbeiten. Nun wurde ein Videozentrum geschaffen, in dem die Bilder aus den Spielen ausgewertet werden können. Es befindet sich im Bürokomplex Brumlovka im vierten Prager Stadtbezirk.

LIbor Kovařík | Foto: YouTube

„Es ist gut, dass die Videoschiedsrichter und Videoschiedsrichterinnen nicht mehr auf die Vereinsfunktionäre treffen und daher nicht mehr unter solchem Druck stehen. Durch neue Technologien werden sie auch bessere Bedingungen für ihre Arbeit haben. Sie können zum Beispiel Details heranzoomen, die Aufnahmen von mehr Kameras stehen ihnen zur Verfügung. Ich würde sagen, dass wir von einem Trabbi zu einem Škoda gewechselt sind“, befand Libor Kovářík, Chef der Schiedsrichterkommission beim Fußballverband (Fotbalová asociace České republiky), für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Vier voll ausgestattete Räume mit insgesamt 16 Plätzen stehen in der Brumlovka zu Verfügung. Dort kann der VAR auch erstmals die kalibrierte Abseitslinie anlegen…

„Sie dürfte für mehr Gerechtigkeit sorgen, denn sie ist besser, als wenn der Schiedsrichter mit eigenen Augen urteilen muss“, ergänzte Kovářík.

Und so ist es sicher spannend, beim Auftakt am Freitagabend nicht nur das Spiel an sich zu verfolgen, sondern auch die Leistung des Schiedsrichtergespanns.

Autor: Till Janzer | Quellen: Český rozhlas , ČTK
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