Bohemisten trafen sich im Herzen von Prag

kongres_bohemistiky.jpg
0:00
/
0:00

Vergangene Woche trafen sich Bohemisten aus aller Welt in den Räumen der Akademie der Wissenschaften in Prag zum III. Kongress der böhmischen Literatur. Thema des dreitägigen Treffens: Die Welt in der tschechischen Literatur, die tschechische Literatur in der Welt. Einen Einblick gewährt Ihnen Andrea Fischer:

Die Babicka, die Großmutter von Bozena Nemcová, moderne tschechische Popliteratur oder die Dramen von Vaclav Havel. Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus der Themenpalette, mit der sich die rund 170 Spezialisten der tschechischen Literatur, so genannte Bohemisten, vergangene Woche am Weltkongress der böhmischen Literatur auseinander gesetzt haben. Bohemistik beschäftigt sich mit tschechischer Sprache, Literatur und Kultur und wird an vielen Universitäten in der Welt, von Kanada bis Korea, als Unterfach der Slawistik gelehrt. Das Treffen findet nur alle fünf Jahre statt. Zu welchem Zweck, das erklärt Pavel Janousek Organisator des Weltkongresses der böhmischen Literatur:

"Der erste Grund ist der wissenschaftliche Teil: Die Wissenschaftler aus der ganzen Welt, die sich mit der tschechischen Literatur auseinandersetzen, treffen sich und präsentieren die Ergebnisse ihrer Arbeit. Der zweite Grund ist nicht weniger wichtig: Es ist der persönliche Kontakt mit den Menschen, die sich sonst nur vom Namen her aus Zeitschriften und Büchern kennen."

Neben den literaturspezifischen Fragen wurde auch über die Zukunft der Bohemistik als Disziplin debattiert. Bohemistik hat weltweit um ihr Überleben zu kämpfen. Da stellt sich unweigerlich die Frage, wozu Bohemistik an ausländischen Lehrstühlen gelehrt werden soll. Pavel Janousek erklärt die Wichtigkeit dieses Faches:

"Das ist etwa die gleiche Frage, wie die, wozu man die Anglistik, Romanistik, Germanistik oder jede andere Disziplin, die sich mit einem bestimmten Land auseinandersetzt, braucht. Es geht nicht um die Frage, ob es ein kleines oder großes Land ist. Ich denke, es ist gut, wenn die Welt die Vielseitigkeit respektiert. Und dass diese Vielseitigkeit in der Welt repräsentiert ist."

Auch Alexander Kratochvil, der Slawistik an der Universität Greifswald in Deutschland doziert, ist von der Bedeutung der Bohemistik als universitäre Disziplin überzeugt:

"Natürlich braucht die Welt die Bohemistik, schon um die schönen tschechischen Bücher im Original lesen zu können. Und auch um den Inhalt vermittelt zu bekommen, wenn die Bücher nicht im Original gelesen werden können. Aber die Welt braucht ebenso die Bohemistik, weil Tschechien ein altes Kulturland, eine Kulturlandschaft im Herzen von Mitteleuropa ist, das auch sicherlich eine Brückenfunktion einnimmt zwischen West- und Osteuropa. Der Gründe ließen sich noch viele mehr aufzählen."

Mehr zum Bohemistikkongress hören Sie kommenden Dienstag in der Rubrik Begegnungen.