Bundeskanzler Schröder wird zu dem lange geplanten Besuch in Tschechien erwartet

Bundeskanzler Gerhard Schröder, Foto: CTK

Am Freitag wird Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einem lange geplanten Besuch in Tschechien erwartet. Der tschechische Premier Vladimír Spidla ließ am Vorabend des Besuches in einem Gespräch für die Deutsche Presse-Agentur (dpa) verlauten, er sei froh, dass die bilateralen Beziehungen besser als je zuvor seien. Die Beziehungen zwischen den beiden Regierungen, die jetzt in Tschechien und in Deutschland an der Spitze stehen, waren jedoch noch nie getrübt. Zu gewissen Irritationen war es vor etwa einem anderthalben Jahr gekommen, als sich Ex-Premier Milos Zeman mit seinen berüchtigten Aussagen zu den Sudetendeutschen vernehmen ließ. Warum der Besuch des Bundeskanzlers daher immer wieder hinausgeschoben wurde, danach befragte ich unseren freien Mitarbeiter, den Politologen Robert Schuster:

Bundeskanzler Gerhard Schröder,  Foto: CTK
"Dass dieser Besuch Schröders so lange aufgeschoben wurde, hängt - denke ich - vor allem damit zusammen, dass Deutschland und die deutsche Regierung eine klare Distanzierung erwartet hat, und zwar eine Distanzierung von nicht einmal vielleicht diesen konkreten Aussagen Zemans, die Sudetendeutschen seien eine fünfte Kolonne Hitlers gewesen etc., sondern von dieser Geisteshaltung, die Zeman mit diesen Aussagen zum Ausdruck brachte. Und das hat auf sich ziemlich lange warten lassen - erst im März dieses Jahres hat der frisch gewählte Präsident Václav Klaus ziemlich klare Worte gefunden bezüglich der Ereignisse nach 1945, wo er gesagt hat, dass diese Ereignisse aus heutiger Sicht unannehmbar sind. Und das gleich hat dann eigentlich auch Vladimir Spidla kurz nach dem erfolgreichen EU-Beitrittsreferendum Tschechiens gesagt. Das waren also die beiden Signale, auf die Deutschland und Schröder speziell gewartet haben, und deswegen kommt Schröder erst jetzt nach Prag."

Was wird auf dem Programm der Gespräche stehen? Kann man erwarten, dass sie z. B. auch über den Entwurf der Verfassung der EU diskutieren werden?

"Das finde ich eigentlich sehr wahrscheinlich, denn in einigen Wochen soll ja diese Regierungskonferenz beginnen, die darüber entscheiden soll, ob dieses Ergebnis des Verfassungskonvents eigentlich quasi im Maßstab 1:1 in eine europäische Verfassung umgesetzt wird oder ob über diese Verhandlungsergebnisse des Konvents noch weiter verhandelt wird. Ich denke, da wird sicherlich Deutschland als größtes Mitglied der EU natürlich schon irgendwie versuchen, im Vorfeld einen potenziellen Partner bei den Nachbarländern vorzufühlen - wie sind eigentlich die Positionen der jeweiligen Mitgliedsländer und wo gibt es eventuell Anknüpfungspunkte. Was die tschechische Position bezüglich dieses Entwurfs angeht, muss man sagen, dass schon zutrifft, was damals der erste stellvertretende Außenminister Tschechiens Jan Kohout gesagt hat - dass sich dieser Entwurf des Konvents zu 90 Prozent mit der tschechischen Position deckt. Die restlichen zehn Prozent - das sind diese technischen Fragen - ob der rotierende Vorsitz innerhalb der EU abgeschafft werden soll, ob es jetzt quasi einen europäischen Präsidenten geben soll etc. Die Interessen Tschechiens als eines Landes mit 10 Mio. Einwohnern und die Interessen Deutschlands, wo achtmal so viel Menschen leben, müssen natürlich unterschiedlich sein, die können gar nicht gemeinsam sein. Aber im Großen und Ganzen meine ich, dass sich die tschechische Position gegenüber diesem Entwurf des Konvents eigentlich sehr mit der deutschen Position deckt."

Was die internationale Lage betrifft - kann man damit rechnen, dass z. B. die Teilnahme Deutschlands am Wiederaufbau im Irak besprochen wird?

"Es kann gut möglich sein, denn immerhin ist ja Tschechien in einer etwas anderen Lage als Deutschland, bzw. die Bundesregierung. Deutschland hat ja seiner Zeit sich kategorisch gegen diesen Krieg ausgesprochen, gegen das militärische Eingreifen der USA und ihrer Verbündeten. Tschechien hat zwar immer wieder laviert - im Grunde genommen wird Tschechien nach wie vor als Bestandteil dieser Koalition gesehen, die quasi Saddam Hussein im Irak beseitigt hat, und Tschechien ist jetzt natürlich in einer etwas vorteilhafteren Position als Deutschland. Denn die tschechischen Firmen können jetzt weitaus häufiger auf verschiedene Aufträge beim Wiederaufbau rechnen, und ich denke, dass sich Bundeskanzler Schröder auch erkundigen will, wie die Chancen Deutschlands stehen. Das wird sicherlich auch auf der Tagesordnung stehen - dieses Thema."