Vor 35 Jahren: Genscher öffnet in Prag für DDR-Flüchtlinge die Tore zum Westen

Am 30. September 1989 kam es im Garten der westdeutschen Botschaft in Prag zu einem der bedeutendsten Momente, die das Ende des Kalten Krieges einläuteten. Der damalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher betrat den Balkon des Palais Lobkowicz auf der Kleinseite und erklärte den 4500 ausharrenden DDR-Flüchtlingen, dass sie in die Bundesrepublik ausreisen können.

Hans-Dietrich Genscher  | Foto: Radio Prague International

Genschers Worte sorgten für Jubel. Sie haben sich wie kaum ein anderes Ereignis in die deutsch-tschechische Geschichte eingeschrieben. Der Politiker selbst blickte später auf den Moment als „die bewegendsten Stunden in meiner gesamten politischen Arbeit“ zurück.

Wenige Stunden nach der frohen Botschaft bestiegen die Flüchtlinge, die die vorangegangenen Wochen in der westdeutschen Botschaft kampiert hatten, die bereitgestellten Busse zum Bahnhof Prag-Libeň. Von dort aus wurden die Menschen noch am Abend mit einem ersten Sonderzug über das Staatsgebiet der DDR ins bayerische Hof gebracht.

Foto: Antonín Erich Nový,  Deutsche Botschaft Prag

Die Nachricht vom „Zug in die Freiheit“ verbreitete sich rasant, und binnen weniger Tage reisten erneut Tausende Ostdeutsche nach Prag an. Am 3. Oktober befanden sich über 5000 Menschen auf dem Gelände der Botschaft, 2000 warteten auf dem Vorplatz. Auch sie durften ausreisen. Um weitere Ausreisewellen zu verhindern, beschloss die DDR-Führung, die Grenzen zur Tschechoslowakei zu schließen. Wenig später aber, am 3. November 1989, wurde den Bürgern erlaubt, die DDR über die Tschechoslowakei legal in den Westen zu verlassen. Sechs Tage danach fiel die Berliner Mauer.

Die Straßen der Prager Kleinseite säumten in den historischen Tagen zahlreiche Wartburgs und Trabants, die ihre Inhaber auf der Flucht in den Westen ihrem Schicksal überlassen hatten. Daran erinnert im Garten der Botschaft heute die Kopie einer Statue des Bildhauers David Černý. Sie zeigt einen Trabbi auf Beinen.

Trabant von David Černý | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

An diesem Montag – auf den Tag genau nach 35 Jahren – erinnert die deutsche Botschaft in Prag mit einem großen Fest an die Ereignisse von 1989. Den Besuchern wird ein buntes Programm geboten, bei dem sich zahlreiche Akteure aus den deutsch-tschechischen Beziehungen präsentieren. Unter anderem wird es Gesprächsrunden mit ehemaligen Botschaftsflüchtlingen geben. Alle Informationen zum Programm finden sich auf der Website der Botschaft.

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