CSA auf der Suche nach Allianzpartnern

Herzlich willkommen bei einer weiteren Ausgabe unserer Magazinsendung mit Themen aus Wirtschaft und Wissenschaft, am Mikrofon begrüssen Sie .. und Rudi Hermann.

Die tschechische nationale Fluggesellschaft CSA hat sich in den zehn Jahren seit der Wende von einem belächelten Betreiber suspekter russischer Maschinen zu einem in der Branche respektierten Unternehmen mit einer sehr modernen Flotte westlicher Provenienz gemausert. Um im harten Business der kommerziellen Luftfahrt heute bestehen zu können, reicht dies allerdings nicht aus. Bei den Fluglinien womöglich noch mehr als allgemein in der Wirtschaft herrscht der Trend zur Globalisierung, zur Ratinalisierung und zur internationalen Kooperation. Deshalb sieht sich auch die CSA gezwungen, nach möglichen Allianzpartnern Ausschau zu halten. Und die Zeit drängt dabei. Denn mehrere weltweite Verbundsysteme sind derzeit in der Entstehungs- oder sogar schon in der Konsolidierungsphase, und da gilt es den Anschluss nicht zu verpassen. Denn ohne zugkräftige Partner hat heute eine kleine, vorwiegend in einem Regionalmarkt tätige Fluggesellschaft vom Ausmass der CSA keine Überlebenschancen. Welches mögliche Varianten für die Einbindung in internationale Systeme sind, möchten wir in den folgenden Minuten beleuchten. Wir wünschen guten Empfang.

Der Trend in der Luftfahrt geht in Richtung Allianzen - der das sagt, ist Miroslav Kula, der Generaldirektor der tschechischen Fluggesellschaft Èeské Aerolinie CSA. Und fügt bei, dass der Beitritt zu einer Allianz notwendig sei, wenn CSA konkurrenzfähig bleiben wolle. Deshalb hat das CSA-Management schon vor einiger Zeit eine Liste mit fünf weltweit tätigen Allianzen zusammengestellt, von denen sich die CSA einer anschliessen möchten. Damit ist allerdings eine Grundsatzentscheidung verknüpft. Denn es gibt zwei Möglichkeiten: Sich an eine bestehende Allianz mit grossen Fluggesellschaften zu binden und dann eine untergeordnete Rolle als regionaler Zubringer zu spielen, dafür aber finanziell einer gesicherten Zukunft entgegenzusehen, oder aber in einer neu entstehenden Allianz mitzuwirken und dort als Gründungsmitglied ein gewichtigeres Wort mitreden zu können, dafür aber keine Gewähr zu haben, dass diese Allianz im weltweiten Konkurrenzkampf auch überleben wird.

Ein Beispiel für die erstere Wahl wäre ein Anschluss an die Star Alliance, in der die deutsche Lufthansa, die amerikanischen United Airlines und die skandinavische SAS federführend sind und zu der in letzter Zeit auch die Austrian Airlines-Gruppe gestossen ist, oder aber die Oneworld Alliance von British Airways, American Airlines und weiteren Fluggesellschaften, in der die CSA ebenfalls eine Randrolle spielen würde, am ehesten als Regionalzubringer in Ostmitteleuropa. In der engeren Wahl stand ursprünglich ferner die Verbindung der niederländischen KLM und der Alitalia mit Northwest, doch zwischen KLM und Alitalia ist es zum Zerwürfnis gekommen, und KLM soll inzwischen mit British Airways über eine Fusion verhandeln. Ferner stand die Qualiflyer-Allianz zur Diskussion, in der die Swissair die federführende Fluggesellschaft ist. Allerdings sind der Qualiflyer-Allianz erstens in letzter Zeit wesentliche Mitglieder abhanden gekommen, nämlich die Delta Airlines als transatlantischer Partner sowie die Austrian Airlines, die zur Star Alliance wechselten. Und zudem hat sich die Swissair-Gruppe beim polnischen Luftfahrtunternehmen LOT kapitalmässig eingekauft, also bei einem direkten Konkurrenten von CSA auf dem ostmitteleuropäischen Markt. Am wahrscheinlichsten erscheint deshalb, dass sich CSA an der neu entstehenden Global-Alliance beteiligen wird, die sich mit den Schwerpunktgesellschaften Delta Airlines und Air France im Aufbau befindet. Sollte ein entsprechender Beschluss gefasst werden, entscheidet sich CSA damit für höheres Risiko und höheres Mitspracherecht statt für finanzielle Sicherheit, aber eine Nebenrolle. Ins Konzept gepasst hätte der tschechischen Fluggesellschaft wohl auch die Qualiflyer-Allianz, die sich in ihrem Geschäft auf eine starke Europapräsenz konzentriert und in der mehrere mittelformatige, aber keine weltweit führende Fluggesellschaft vertreten ist und wo deshalb die Gefahr kleiner wäre, dass Neuzuzüger kleinerer Grösse wie CSA an den Rand gedrängt würden. Doch, wie Jiri Navratil, Vorstandsmitglied der CSA, in einem Gespräch für das Wirtschaftsmagazin Euro bemerkte, seien die Erwägungen über einen Anschluss an die Qualiflyer-Allianz mit deren Einstieg bei der polnischen LOT hinfällig geworden.

Mit der Hinwendung zur Air France ignoriert die Fluggesellschaft CSA auf den ersten Blick das tschechische Sprichwort, dass man nie zweimal in den gleichen Fluss steigen solle. Denn mit der Air France war die CSA schon einmal liiert, und zwar in den frühen neunziger Jahren. Diese Verbindung ging dann nach kurzer Zeit aber mit erheblichen Nebengeräuschen zu Bruch. Doch die Air France von heute, so wurde in einem tschechischen Zeitungsbericht festgehalten, sei nicht mehr die Air France von vor sechs Jahren. Inzwischen sei die Gesellschaft privatisiert, habe die Probleme mit ihren gerne streikenden Piloten beseitigen können und biete bei einer allfälligen Zusammenarbeit mit CSA dem tschechischen Partner die Möglichkeit zur Expansion.

Was würde nun konkret der Beitritt zur Global Alliance von Air France und Delta der tschechischen Fluggesellschft CSA bringen? Vor allem ein gemeinsames Reservierungs- und Abfertigungssystem, die Koordination der Flugpläne und Anschlüsse, eine bessere Erschliessung weltweiter Destinationen. Sehr wahrscheinlich würde die CSA die Rolle des Feinverteilers in Ost- und Mitteleuropa spielen, eine Rolle, die ihr mit ihrem heutigen Streckennetz auf den Leib geschrieben wäre. Aus historischen und geographischen Gründen sowie auf die Bedürfnisse der hiesigen Wirtschaft abgestimmt fliegt die CSA Destinationen an, die nicht im Blickfeld grösserer Fluggesellschaften liegen, wie CSA-Vizepräsident Vaclav Kral gegenüber der englischsprachigen Wochenzeitung The Prague Post bemerkte. Sofia oder Riga, so Kral, seien keine Destinationen von Delta Airlines. Die CSA könnte sich deshalb auf die baltischen Staaten, die Ukraine, Weissrussland oder das frühere Jugoslavien konzentrieren. Auf der anderen Seite erschliesst eine Allianz mit grossen Partnern auch den Kunden der tschechischen Fluggesellschaft eine grosse Zahl neuer Destinationen, die unter eigener Flugnummer erreicht werden können, was wiederum für die Teilnehmer an Vielfliegerprogrammen ein Entscheidungskriterium für die Wahl der Fluglinie ist. Mit einem mächtigen amerikanischen Partner kann sich die Zahl der wöchentlich angebotenen Verbindungen nach Amerika gut und gerne um das Zehnfache erhöhen, und gleiches gilt auch für zahlreiche weitere weltweite Destinationen, die etwa in Verbindung mit Air France und Delta erreicht werden können.

Noch ist es allerdings nicht so weit. Doch immerhin führen Air France und Delta inzwischen mit CSA sogenannte Exklusivverhandlungen, das heisst, bevor diese Gespräche positiv oder negativ abgeschlossen sind, verhandelt CSA mit niemand anderem. Laut dem Vizeminister für Transport und Kommunikation Karel Sellner sind folgende Elemente bei der Verhandlungsführung von Gewicht: Die Profitabilität der Allianz, der potenzielle Einfluss der CSA sowie das Mass des Interesses, das die möglichen Allianzpartner einer Zusammenarbeit mit der CSA entgegenbringen. Die Position der CSA soll so nahe wie möglich an Gleichberechtigung grenzen, ihr ein gewisses Mass an Unabhängigkeit garantieren und gewisse Aspekte des tschechischen nationalen Interesses berücksichtigen. Laut Sellner soll die CSA zuerst den Grundsatzentscheid über die Allianzanbindung fällen, bevor der Staat zur Privatisierung seines 88 % betragenden Anteils am Aktienkapital des Unternehmens schreiten wird. Schlechte Erfahrungen des ungarischen Luftverkehrsunternehmens Malev, wo beide Schritte gleichzeitig getätigt worden seien, hätten den Ausschlag zu dieser Strategie gegeben.

Autor: Rudi Hermann
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